Konzertbericht: Nervosa w/ Alien Weaponry, Asylum

27.08.2018 München, Backstage (Club)

Für Metal eher ungewöhnlich, haben sich mit NERVOSA und ALIEN WEAPONRY gleich zwei Trios zusammengeschlossen für eine gemeinsame Tour. Beide Thrash-Gruppen haben vor kurzem jeweils ein vielgelobtes Album vorgelegt – NERVOSA ihre dritte Platte „Downfall Of Mankind“ und die Nachwuchs-Thrasher von ALIEN WEAPONRY ihr Debüt „Tū“. Ihre Tour führt sie auch nach München in den Backstage Club. Für den Opener-Slot haben sie an diesem Abend die lokalen Metaller „Asylum“ mit ins Boot geholt.

Dass sich der Club als Location für Thrash Metal allerdings nur bedingt eignet, wird schnell klar, als schon vor Konzertbeginn der komplette Zuschauerraum gefüllt ist, sodass man kaum noch durchkommt. Im beinahe komplett ausverkauften Club eröffnen schließlich ASYLUM den Abend. Warum genau diese Band dazugeholt wurde, wo es doch wirklich viele gute Thrash-Metal-Bands in München gibt, erschließt sich nicht so ganz. Zwar machen ASYLUM ihre Sache nicht schlecht, dennoch lässt ihr mit Synthiesamples angereicherter Crossover-Metal eher ratlos zurück und will auch nicht so recht zum Restprogramm passen. Die Stimmung im gefüllten Club ist allerdings gut und so darf sich die junge Band trotzdem über anerkennenden Applaus freuen.

Stichwort „junge Band“: Was im Anschluss folgt, ist definitiv außergewöhnlich. Drei schlacksige, langhaarige Teenies, die eher wie die neugegründete Schüler-Metalband vom örtlichen Jugendzentrum wirken, betreten die Bühne und legen nach einem kurzen Tribal-Intro mit ihrem Midtempo-Thrash los. ALIEN WEAPONRY sind die aktuelle Nachwuchshoffnung und Senkrechtstarter der Thrash-Szene. „Tū“, das Debüt der Neuseeländer, wurde bei Napalm Records veröffentlicht, es folgten Auftritte bei Festivals wie Wacken oder dem Summer Breeze. Dementsprechend haben sich auch heute viele Fans der Band versammelt, die die Texte des Trios mitsingen können und die Songs sichtlich auswendig kennen. Warum die Jungs allerdings so gehyped werden, erschließt sich nicht wirklich. Die Riffs stammen aus der Kategorie „schon etliche Male zuvor gehört“, grooven tut das alles wenig und auch spielerisch wirken die drei Musiker noch etwas unsicher, wenn etwa Schlagzeuger Henry de Jong beim allerersten Schlag auf eine Trommel gleich seinen Stick verliert. Das Māori-Bandkonzept ist zwar nett und trägt sicherlich, neben dem Alter der Bandmitglieder, viel zu ALIEN WEAPONRYs Erfolg bei, wirkt aber eher wie ein Gimmick, um die mäßig interessante Musik aufzupeppen. Nichtsdestotrotz: Die zahlreich erschienenen Fans bekommen heute genau das, was sie sich erhofft hatten und feiern die Band, als gäbe es kein Morgen.

  1. PC Bro
  2. Holding My Breath
  3. Te Ara
  4. Urutaa
  5. Kai Tangata
  6. Whispers
  7. Raupatu
  8. Rū Ana Te Whenua

Auch wenn sich ALIEN WEAPONRY für den Headliner des Abends in Sachen Publikumsbegeisterung durchaus als ernsthafte Konkurrenz erweisen, zeigen NERVOSA letztlich, wer das Handwerk am besten beherrscht. Rasant legt das Frauentrio aus Brasilien los und dreht den Geschwindigkeitsregler direkt auf elf, wo er auch über den größten Teil des Abends bleibt. Die Setlist besteht heute fast ausschließlich aus Songs von ihrer aktuellen Platte „Downfall Of Mankind“, während von ihren ersten beiden Alben nur eine Hand voll Songs einen Platz bekommen haben. An der Bühnenfront platzierte Ventilatoren setzen Sängerin Fernanda Lira passend in Szene, während sie ihr vergnügliches, stark grimassiertes Stageacting zum Besten gibt. Ihre messerscharfen Vocals können heute ebenso begeistern wie Luana Damettos gleichermaßen supertightes, brachiales und Blastbeat-lastiges Schlagzeugspiel. Gitarristin Prika Amarals fetziges, absurd präzises Riffing dagegen lässt Gitarristen vieler anderer Thrash-Bands regelrecht blass aussehen. Warum allerdings bei einer derart traumhaften Spieltechnik die Gitarrensoli schräg und unpassend wie in einem Gitarrenanfängerkurs klingen, ist vollkommen unbegreiflich. Doch selbst das stört nur gelegentlich, konzentriert die Band sich doch überwiegend auf ihre mitreißenden Thrash-/Death-Abrissbirnensongs wie „Kill The Silence“, „Enslave“ oder „Never Forget, Never Repeat“. Ohne jegliche Starallüren zeigen die drei Musikerinnen sich absolut bodenständig und sympathisch und beenden schließlich das Set ohne lächerliches Zugabentheater, obwohl sie, gemessen an den Zuschauerreaktionen, durchaus noch eine Zugabe hätten spielen können.

  1. Horrordome
  2. …And Justice For Whom?
  3. Death!
  4. Bleeding
  5. Enslave
  6. Hostages
  7. Masked Betrayer
  8. Never Forget, Never Repeat
  9. Vultures
  10. Raise Your Fist!
  11. Arrogance
  12. Kill The Silence
  13. Dear, Violence And Massacre
  14. Intolerance Means War
  15. Into Moshpit

Allein NERVOSA wären die mehr als fairen 16 Euro Eintritt schon wert gewesen. Mit den Teenstars ALIEN WEAPONRY und dem Local Support ASYLUM erweist sich der Abend regelrecht als Schnäppchen. Kein Wunder also, dass der Club heute berstend voll ist. Unverständlich dagegen ist, warum bei solchen Zahlen, die sich sicherlich schon im Vorverkauf abgezeichnet haben, nicht auf die freie, größere Halle nebenan ausgewichen wurde. Doch auch ohne Platz zum Moshen haben die anwesenden Fans heute sichtlich richtig viel Spaß für wenig Geld.

Publiziert am von Simon Bodesheim

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