Konzertbericht: Onslaught w/ Suidakra, Final Depravity, Hatchery

2011-04-19 Steinbruch Theater, Mühltal

Das Theater am Steinbruch in Mühltal bei Darmstadt ist bekannt dafür, dass es hin und wieder dem ein oder anderen Hochkaräter eine gute Bühne bietet: So konnte man im Dezember bereits die Finnen von Swallow The Sun dort bewundern, ein paar Monate später, genauer gesagt am 19. April, hieß es für uns mal wieder: Aufbruch nach Mühltal. Zu Gast war niemand geringerer als die britischen Thrash Metal–Veteranen von ONSLAUGHT, die bei ihrem Gig von den deutschen Pagan-/Melodic Death-/Folk-Metallern von SUIDAKRA unterstützt wurden. Für Letztere war es übrigens eine Premiere, man hatte in der inzwischen fast 20-jährigen Bandgeschichte nie zuvor im Steinbruch gespielt.

Los ging es aber dann erstmal mit HATCHERY, deren Musik wohl am Ehesten unter der Kategorie Old School–Thrash einzuordnen war. Das ist aber dann auch das Einzige, was ich aus objektiver Sicht über die Band sagen kann, denn der Sound war zu diesem frühen Zeitpunkt noch äußerst matschig, Lead- und Rhythmus-Gitarre bildeten einen undifferenzierten Brei und das Schlagzeug prügelte alles in den Hintergrund. Davon abgesehen boten die fünf Jungs aus Mannheim, die außerdem darauf bedacht schienen, so ziemlich jedes Klischee zu erfüllen, was über Metaller existiert, auch nicht viel Interessantes, da ihr Songmaterial in Sachen Abwechslung doch arg zu wünschen übrig ließ. Dazu gesellten sich die äußerst gewöhnungsbedürftigen Ansagen des Sängers, der sich nicht dazu durchringen konnte, normal mit dem Publikum zu reden. Er zog es überwiegend vor, die Zuschauer mit einer Art merkwürdigen Gekreisches anzureden, das wohl in gewisser Art und Weise seinem Gesang nahe kommen sollte. Eine Handvoll Fans war von HATCHERY aber offensichtlich begeisterter, denn neben lebhaftem Beifall fanden sich bereits einige grölende und headbangende Gestalten vor der Bühne. Sie konnten mit der in meinen Augen doch recht entbehrlichen Performance wohl mehr anfangen.

Nach einer moderaten Umbaupause von etwa 20 Minuten betraten dann die Jungs von FINAL DEPRAVITY aus Bochum die Bühne und legten gleich los. Zwar war der Sound noch immer vor allem im Bereich der Gitarren verbesserungswürdig, aber alles in allem klang das Paket schon wesentlich runder als noch bei HATCHERY. Und das kann man nicht nur von der technischen Seite sagen. Im direkten Vergleich mit der vorigen Band machten FINAL DEPRIVITY eine wesentlich bessere Figur, was jetzt zwar angesichts der Leistung von HATCHERY keine große Kunst sein dürfte, den Westfalen aber auf jeden Fall schon mal einen Bonus mit auf den Weg gab.
Tatsächlich machten FINAL DEPRAVITY ihre Sache gar nicht schlecht. Das etwas verhaltene Stageacting kann man einer Band, die gerade mal ihr erstes Album herausgebracht hat, schon verzeihen, Sänger Blaze stachelte das noch immer nicht vollends aufgetaute Publikum bestmöglich an und die Musik tat ihr übriges. Gespielt wurde ebenfalls Thrash Metal, allerdings wesentlich weniger klassisch und wesentlich mehr vom Death Metal beeinflusst, als bei der vorigen Band. Zwar wurde auch hier Abwechslung nicht gerade groß geschrieben, aber FINAL DEPRAVITY schafften es, ihre kurze, knackige Spielzeit von etwas über 30 Minuten zu füllen ohne langweilig zu werden. Und als sie dann die Bühne wieder verließen, dürfte zwar niemand im Saal eine neue Lieblingsband gewonnen haben, aber für eine halbe Stunde Unterhaltung langte die Leistung doch auf jeden Fall.

Und kaum erklang das Intro von SUIDAKRAs neuer Scheibe „Book of Dowth“, füllte es sich schon vor der Bühne des Steinbruch-Theaters. Ich hatte von vorneherein ein paar Zweifel, wie gut die Band in diesem Package ankommen würde, fiel sie doch ziemlich aus dem stilistischen Rahmen der Veranstaltung. Diese Zweifel erwiesen sich aber als unbegründet, denn wie es schien war ein Großteil des Publikums extra wegen den Folk/Death Metal Pionieren erschienen und so zeigte sich schon während dem Opener „Dowth 2059“ mehr Bewegung im Publikum als bei HATCHERY und FINAL DEPRAVITY zusammen.
Das dankten SUIDAKRA den Fans, indem sie eine gewohnt kraftvolle, energetische Show auf’s Parkett legten. Die Setliste konzentrierte sich dabei auf das aktuelle Album sowie die Klassiker, die bei keinem Konzert der Band fehlen dürfen (namentlich „Pendragon’s Fall“, „Darkane Times“, „Dead Man’s Reel“ und der unvermeidliche Rausschmeißer „Wartunes“). Für mich als großen Fan der „Caledonia“ war es etwas schade, dass kein einziger Song der CD gespielt wurde, außerdem zeigte der Sound sich etwas von seiner „kennerfreundlichen“ Seite in dem Sinne, dass man schon irgendwie mitkam, wenn man wusste welcher Song gerade gespielt wurde, ansonsten aber etwas Chaos vorherrschte. So kam die Bewegung im Publikum bei „Balor“ vom aktuellen – und deswegen vielleicht noch etwas unbekannteren – Album schon etwas ins Stocken. Und zu guter Letzt muss ich anmerken, dass zumindest ich noch nicht ganz über den Weggang von Ex-Sänger und Gitarrist Marcel hinweg bin. Ich habe SUIDAKRA 2009 mit Sebastian Hintz und nun mit dem neuen Mann an den sechs Saiten, Marius Pesch, gesehen, aber 2007 mit Marcel war das noch ein ganz anderes Kaliber.
Glücklicherweise konnte Bandkopf Arkadius die Defizite auf seine gewohnt liebenswürdige Art und Weise gekonnt überspielen. Egal ob mächtiges Stageacting oder sehr spontan wirkende Ansagen, Arkadius hatte das Publikum locker in der Hand. Auch die beiden verpatzten Einsätze wurden charmant überspielt, indem Arkadius darauf hinwies, dass Drummer Lars („Einen Applaus für Lars, der heute macht was er will“) im früheren Leben mal Alleinunterhalter war. Weiterer Frohsinn kam auf, als er für den neuen Song „Stone of the Seven Suns“ eine Mandoline auspackte und dann ankündigte, dass der nächste Song „Raining Blood“ von Slayer wäre, nur um dann anzufangen, auf der Mandoline den „Beverly Hills Cop“-Theme anzustimmen. Und zu guter Letzt wurde sich natürlich bei den Leuten an der Bar und in den hintersten Reihen des Steinbruch Theaters dafür bedankt, dass sie sich „die Beine wund gestanden“ haben. Was aus Arkadius‘ Versprechen wird, beim nächsten Mal Stühle mitzubringen, bleibt abzuwarten.
Und natürlich ist ein SUIDAKRA-Konzert mit solchen Defiziten immer noch wesentlich besser als gar kein SUIDAKRA-Konzert. Alten Fans, die mal eine wirkliche Top-SUIDAKRA-Performance mit angesehen haben, alle Alben im Schrank stehen haben und ständig in seeligen Erinnerungen an den grandiosen Auftritt vom Wacken 2007 schwelgen kann man es natürlich nur schwerlich vollends recht machen. Aber unter den gegebenen Umständen haben SUIDAKRA schon ihr Möglichstes getan. Nächstes Mal aber wieder was von der „Caledonia“, okay?

Nach einer verhältnismäßig kurzen Umbauzeit war dann der Headliner ONSLAUGHT an der Reihe. Bemerkenswerterweise war es nun leerer als bei SUIDAKRA, offenbar waren die Deutschen doch ein größerer Zuschauermagnet als ONSLAUGHT. Nichtsdestotrotz ließen die verbliebenen Fans keinen Zweifel daran, wem ihre Sympathie gehört, sondern stimmten bereits vor und während des Konzerts laufend „Onslaught, Onslaught“–Chöre an. Sichtlich gut gelaunt betraten die Briten dann letztendlich die Bühne. Los gings mit „Spitting Blood In The Face Of God“, dessen Titelzeile Fronter Sy Keeler genüsslich dehnte, auch Klassiker wie „Killing Peace“ oder „Planting Seeds Of Hate“ durften nicht fehlen. Leider fehlte der Band bei aller Spielfreude ein wenig die Zeit, Kontakt mit dem Publikum aufzunehmen, es reichte nur für zwei kurze Ansagen. Dennoch konnte Keeler die Fans mit Ansagen während der Songs immer wieder anstacheln, und so sah man bis zum Ende weiterhin schwingende Haarprachten (besonders eine Dame mit hüftlangem Haar in der ersten Reihe machte ihre Sache wirklich hervorragend), und natürlich auch einen kleinen Moshpit. Einige unterbelichtete Gestalten unternahmen zwar ständig ebenso klägliche wie erfolglose Stage Diving–Versuche, die stets nach etwa 30 Sekunden auf dem Boden endeten, davon ließ sich aber niemand den Spaß verderben. Der Sound ließ inzwischen auch nicht mehr zu wünschen übrig, und insbesondere Bassist Jeff Williams konnte man deutlich ansehen, wie viel Spaß es ihm machte, am Bühnenrand die Fans niederzustarren.

Wer an diesem Abend wegen ONSLAUGHT gekommen war, konnte also zufrieden nach Hause gehen, denn auch wenn die Band überpünktlich um kurz vor halb 12 das Konzert beendete, hatte man an diesem Tag genug auf die Ohren bekommen, und wer die Inselstaatler dieses Jahr nochmal bewundern möchte, kann das wohl ohnehin auf einem der im Sommer stattfindenden Festivals tun – dann sicher auch mit mehr Publikum.

Publiziert am von Pascal Stieler

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