Konzertbericht: Oomph! w/ Nervenbeisser

09.03.2019 München, Backstage

OOMPH! sind tot? Mitnichten! Wer dachte, dass die NDH-Urgesteine nach knapp 30 Jahren nun doch langsam in der Versenkung verschwinden, wurde live in München im ausverkauften Backstage Werk eindrucksvoll eines besseren belehrt. Nicht ganz unschuldig daran ist sicher das neue Album “Ritual”, das den sehr schwachen Vorgänger “XXV” fast vergessen lässt und in Deutschland als erstes OOMPH!-Album überhaupt auf die Nummer 1 der Charts kletterte.

Mit Vorband NERVENBEISSER haben die Wolfsburger sich eine Band mit ins Boot geholt, die zwar mit knapp 20 Jahren Bandbestehen ebenfalls schon fast alte Hasen in der NDH-Szene sind, es allerdings im Gegensatz zu EISBRECHER, OOMPH! und Co. nie bis an die Spitze geschafft haben. Der Support-Gig in München legt dafür direkt ein paar mögliche Gründe offen: Zwar können einige Zuschauer an diesem Abend sehr textsicher mitsingen und gehen ordentlich mit, doch im Großen und Ganzen springt der Funke nicht über. Die Texte selbst für NDH repetitiv und Sänger Olaf Seider selbst für diese Spielart tontreffunsicher, zieht sich das Set nach einigen brauchbaren Titeln doch spürbar in die Länge. Spätestens beim Song “Todesengel”, dessen Titelwort im Refrain unendlich wiederholt wird, haben NERVENBEISSER die Aufmerksamkeit eines großen Teils des Publikums wieder verloren. Richtig schlecht ist das alles nicht – aber richtig gut leider auch nicht.

Dass die verhaltene Stimmung nicht am Publikum liegt zeigt sich schon wenige Sekunden, nachdem OOMPH! die Bühne betreten. Zu ihrem neuen Statement-Song “TRRR – FCKN – HTLR” (und auch später zu “Tausend Mann und ein Befehl”) gibt es sofort lautstarke Publikumsreaktion. Dass Sänger Dero trotz seines bevorstehenden 50. Geburtstags immer noch ziemlich fit und attraktiv aussieht, ist dabei sicher nicht ganz irrelevant, doch die Energie, die OOMPH! mit auf die Bühne bringen, würde sich sicherlich auch im Dunkeln übertragen. Die Setlist für diese Tour ist ein ausgewogenes Potpourri aus Alt und Neu, das die Songs aus dem mäßigen Vorgängeralbum angenehmerweise weitestgehend ignoriert. Mit “Labyrinth” und “Träumst Du” platziert das Trio stattdessen zwei starke Karrierehighlights hinter den Opener und schafft es, die Energie des Publikums von dort auch mit in die neueren oder wesentlich älteren Songs zu tragen.

“Mein Herz” als allererster OOMPH!-Song überhaupt veranlasst Dero auch zu der selbstironischen Umfrage, wer zum Zeitpunkt der Song-Entstehung denn überhaupt schon am Leben war. Über 29 Jahre ist das Lied alt, und nur ca. die Hälfte der anwesenden Fans kann das von sich selbst ebenfalls behaupten. “Wir bringen die Generationen zusammen”, lacht Dero, und man hört ihm an, dass er auch nach all der Zeit immer noch fasziniert ist vom anhaltenden und langjährigen Erfolg seiner Band. Generell merkt man schnell, dass die Musiker sich nicht haben gehen lassen und stattdessen konstant an sich gearbeitet haben. Verglichen mit Sängern, die eine ähnliche Karrierelänge vorzuweisen haben, klingt Deros Stimme immer noch unverändert stark und treffsicher. Besonders Balladen wie “Kein Liebeslied” oder das akustisch interpretierte “Das letzte Streichholz” hätten Raubbau am Organ unweigerlich entlarft. “Jede Reise hat ein Ende” heißt ein Stück auf der Setlist, doch damit ist offensichtlich noch nicht die Karriere von OOMPH! gemeint.
Mit “Kleinstadtboy” und “Sandmann” wird es noch einmal sehr zeitgeistkritisch, bevor das Konzert mit dem wohl bekanntesten Song “Augen auf!” lautstark sein Ende findet. Nach zwei Zugaben ist zwar noch lange nicht die Luft raus, doch man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist.

Super Stimmung, differenzierter Sound, gut aufgelegtes Publikum und eine energiegeladene Performance der Band – zusammen ergeben sie ein perfektes Konzert. Hier lässt sich nichts kritisieren, sondern nur voller Vorfreude auf den nächsten Termin blicken, an dem es OOMPH! wieder nach München verschlägt. Hoffentlich wieder mit genauso viel Spielfreude wie diesesmal.

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