Festivalbericht: Summer Breeze Open Air 2007

16.08.2007 Dinkelsbühl

Am 16. August war es endlich soweit: Das 10. Summer Breeze Open Air öffnete offiziell seine Pforten. Ganz korrekt ist das natürlich nicht, denn schon ab dem 15.08. konnte man frühmorgens anreisen, um sein Zelt aufzuschlagen und bereits dem vollständig im Party Tent stattfindenden Newcomer-Contest, sowie Shows von Justice, Powerwolf und Impious beiwohnen. Für uns sah das aber etwas anders aus, die wir uns am erwähnten 15. August um neun Uhr morgens bereits am Münchner Hauptbahnhof versammelt hatten, um von dort die Reise nach Weltstadt Dinkelsbühl anzutreten. Schon dort traf man diverse alte Bekannte, wodurch sich die anschließende sechsstündige Odyssey durchaus angenehmer gestaltete und man den Alkoholpegel bereits auf der Zugfahrt deutlich in die Höhe treiben konnte. Etwas weitergehend Nennenswertes ereignete sich zumindest im Zug aber trotzdem nicht, wodurch die nächste wichtige Haltestelle Ansbach hieß, wo es mit Regionalbussen weitergehen sollte. Diese fuhren jedoch leider nur zur vollen Stunde, und da sich zu unserer aller Schrecken bereits eine regelrechte Horde schwarz gekleideter Gesellen an der Haltestelle eingefunden hatte, beschlossen wir, uns mit weiterem Bier und leihbaren Einkaufswägen zu unterhalten, was zugegebenermaßen durchaus diesen Intelligenz-technischen Low Level Aktionen gleichkam, für die Metaller ja berüchtigt sind. Obwohl es natürlich trotzdem sehr lustig war, weinte man der etwa anderthalbstündigen Aufenthaltszeit trotzdem keine Träne nach, als sich schließlich doch endlich die Möglichkeit bot, einen der Busse zu entern. Dankenswerterweise wurden hier von den Fahrern beim Einstieg keine Fahrkarten kontrolliert, wodurch aber vermutlich einigen Festivalbesuchern auch der Kragen geplatzt wäre. Ungemütlich genug wurde die folgende einstündige Fahrt ohnehin, die wir komplett im Stehen verbrachten, das Gepäck auch nur teils am Boden abgestellt. Da verschafften weder die unmenschlichen Temperaturen im Fahrzeug, noch der nette Kollege, der etwa nach einer halben Stunde inbrünstig ans Fenster erbrach, Abhilfe.

Endlich angekommen in Dinkelsbühl, inzwischen war es etwa 14 Uhr. Mit einer Motivationskurve inzwischen weit unter Null beehrten wir den örtlichen McDonalds, da angesichts der erschreckenderweise seit Ansbach scheinbar noch gewachsenen Menge an der Shuttle Bus Haltestelle keine schnelle Abfahrt in Sicht war. Um etwa halb drei war es dann endlich doch geschafft und nach etwa 15 Minuten Fahrzeit standen wir vor den Toren der Zufahrtschleusen des SUMMER BREEZE OPEN AIR 2007. Halt, vor den Toren? Nein, bis zum tatsächlichen Einlass waren es noch einmal um die 300 Meter zu laufen, was mit entsprechendem Gepäck dann auch kein Spaß mehr war. Allerdings hatte die so gewählte Haltestellte sicher insofern einen Vorteil, als dass sie anstatt am Eingang eben am Ausgang platziert war, was im Endeffekt dann natürlich aufs gleiche herauskam. Anders verhielt es sich da mit dem Akkreditierungscontainer, der, für mich wirklich absolut unverständlich, nicht direkt am Festival, sondern am gut und gerne 2 Kilometer entfernten Sportplatz Sinbronn aufgestellt war. Sicher, für den Akkreditierten, der mit dem Auto anreist, ist das kein großer Unterschied, ich dagegen musste erst noch einmal einen guten Teil der Strecke nach Dinkelsbühl zurücklaufen, was meiner Meinung nach nicht sein muss. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, den Container in Sinbronn für Bands und Mitarbeiter zu belassen, jedoch einen zusätzlichen, näher am Festival gelegenen, für die Presse aufzustellen. Hier würde ich mir jedenfalls Besserung wünschen.

Wie dem auch sei, den Rückweg zum Festival bewältigte ich per Anhalter um einiges schneller als den Rückweg, worauf es dann endlich, endlich losgehen konnte, um halb vier konnten wir beginnen, unsere Zelte aufzustellen, um dann von 4 bis 10 Pause zu machen. Auch interessant an den Einlassschleusen zum Campground: Die Securities unterhalten sich mit mir lieber über mein VIP Band, als nach Glas zu fragen, während 5 Meter weiter jedes Auto einzeln außeinandergenommen und durchsucht wird um sicherzustellen, dass ebensolches nicht aufs Festivalgelände mitgenommen wird.

Die erste Band, die wir dann anschau(t)en (wollten), waren JUSTICE, womit wir zum ersten Mal seit dem Nachmittag den Pavillon in Richtung Party Tent verließen. Sehr kurios auf dem Weg dorthin: Gar nicht weit von uns hatten andere Festivalbesucher Beamer, Leinwand und Biergarnituren aufgestellt, wo sich das ganze Festival über jeder Schaulustige, der wollte, zu den Simpsons und Ice Age amüsieren konnte. Tatsächlich gestatteten auch wir uns 10 Minuten dort, gerade drangen Manni & Co. ins Eislabyrinth ein. Spaß und Spannung pur! Was man von JUSTICE nicht behaupten konnte, die wir uns nur 5 Minuten antaten. Nicht die Band war das Problem, eher das Party Tent, das wirklich bis obenhin gefüllt war, die Leute standen bis hinter zu den Zeltschnüren(/-stahlseilen). Durch Müdigkeit und sich einstellender Trunkenheit ohnehin nicht sonderlich gewillt, zuviel herumzustehen, verschwanden wir also sogleich wieder, ohne auch nur mitzubekommen, welches Lied gerade gespielt wurde.

Richtig los ging es dann am Donnerstag Vormittag mit SWALLOW THE SUN aus Finnland. Da ich die Truppe zugegebenermaßen von sehr weit hinten anschaute, gleichzeitig ein wenig das Festivalgelände inspizierte und zur Hälfte des Sets dann zu allem Übel noch über längere Zeit das ToiToi beehren musste, will ich mir hier gar kein richtiges Urteil erlauben. Der Auftritt langweilte mich aber irgendwie ein wenig, was neben dem nicht überwältigenden Sound eben auch an den genannten Faktoren liegen kann und nicht zwingend an der Leistung oder dem Material der Band. Das Publikum freute sich jedenfalls trotz früher Morgenstunde schon einigermaßen und so war die Band immerhin ein solider Start in den Tag.

Weiter ging es mit FEAR MY THOUGHTS. 2 Jahre zuvor hatten mir diese im Vorprogramm von Exodus und Hypocrisy nicht ansatzweise zugesagt, das sah hier gänzlich anders aus: Zwar wieder nur von hinten gesehen, machte der Auftritt der Band doch unerwartet viel Spaß. Klar, im großen und ganzen war das ausschließlich Geknüppel, doch durchaus professionell dargeboten und mir einer gewissen Note, die das Gesamtprodukt hörenswert macht. Weniger hörenswert waren dagegen die Ansagen des Sängers, bei welchen man nicht genau wusste, ob man sie als wahnsinnig schlechte Witze oder als ernst gemeint auffassen sollte. Jedenfalls waren sie dermaßen peinlich, dass man auf den Schock die Musik kaum mehr genießen konnte. Was sehr schade war, weil dadurch der Gesamteindruck der Band doch deutlich geschmälert wurde.

Auf ein Hoch muss scheinbar immer ein Tief folgen: Obgleich ich die Musik IMMOLATIONs nicht kannte, und doch nur gutes über die Amerikaner vernommen hatte, enttäuschten sie mich doch ziemlich. In meinen Ohren krachte es eigentlich ausschließlich, viel Struktur bemerkte ich ebensowenig wie Melodien oder ähnliches. Gut, braucht es eigentlich auch nicht, aber schon wieder empfand ich die Musik als überaus langweilig, und schon wieder war der Sound nicht der Bringer, diesmal war das ganze aber auch nervtötender als bei SWALLOW THE SUN, die das ToiToi wenigstens bemerkenswert zum Beben gebracht hatten. 1-2 Songs vor Schluss machten wir uns dann auch auf zurück zum Campground.

LACRIMAS PROFUNDERE, KRYPTERIA und AFTER FOREVER wollte nämlich keiner von uns Vollzeitgoten sehen, weshalb es dann auch erst mit RAGE um 20 nach 5 weiterging. Die Zeit vebrachten wir überwiegend am Metal Hammer Bus, wo wir die elend langen Schlangen bei der Dornenreich-Autogrammstunde bestaunten. 10 Minuten vor Schluss interessierte sich dann doch niemand mehr für sie, wodurch noch jeder der wollte gänzlich ohne Anstehen zu seinen Autogrammen kam. RAGE zockten wie üblich ein Set herunter, bei dem nicht viel schiefgehen konnte. Übermäßig spektakulär war es aber trotzdem nicht, sodass der Auftritt für mich erst durch die abschließenden „Higher Than The Sky“ und „Straight To Hell“ aufgewertet wurde. Die Horde vor der Bühne dagegen nahm das ganze Konzert sehr gut auf und so wurde die Truppe um Peavy Wagner am Ende einer sicherlich starken Show zurecht beim Abgang bejubelt.

Direkt darauf gab es dann DORO zu bestaunen. Diese wurden wiederum von weiter hinten angeschaut, was meiner Meinung nach auch angemessen war. DORO sind ja für ihre soliden Mitgröhlhymnen bekannt, namentlich kann ich zwar keine nennen, aber dennoch schlich sich jeder Refrain nach dem ersten Hören ins Ohr und war dann auch entsprechend mitsingbar. Trotzdem war das beste an dem ganzen für mich das nicht mal besonders gut umgesetzte „Breaking the Law“ Cover, das erst balladenartig und dann in gewohnter Version dargeboten wurde, bei diesem Song kann man einfach NICHTS falsch machen. Alles in allem war aber auch der Rest der Show in Ordnung, zum herumtanzen und grölen auf jeden Fall okay.

Die nächste und letzte Band des Abends war für mich dann schließlich die langerwarteten DORNENREICH – In einer Besetzung, die es in sich hatte: Neben Evíga und Inve, die obligatorisch mit dabei waren, konnte man nämlich auch mit Gilván (Drummer unter anderem auf „Bitter ist’s dem Tod zu dienen“), Schwadorf (Empyrium-Mastermind und Produzent der „Her von Welken Nächten“, spielt hier Bass) und vor allem Opernsänger Thomas Helm aufwarten. Dass damit die „Elite“ des Labels Prophecy Productions auf der Bühne stand, muss wohl kaum erwähnt werden. Die Zeichen standen also gut, eine unvergessliche Show abzuliefern, zumal auch die äußeren Bedingungen perfekt waren: Die kleinere Pain Stage lies DORNENREICH auf der Bühne immer präsent wirken, ein leichter Wind und der komplett verdunkelte Himmel taten ihr übriges, um eine gute Grundstimmung zu schaffen. Doch zum Konzert selbst, los ging es mit „Trauerbrandung“, dem später viele Zuschauer extrem schlechten Sound attestierten, vor allem die Geige sei kaum zu hören gewesen. Ich empfand das ganze als weniger kritisch, und auch die Songwahl wusste hier zu gefallen, als Stimmungsanheizer ist das Lied sicher nicht das schlechteste. Halt, Stimmungsanheizer bei DORNENREICH? Ja, einer der ersten Negativpunkte für mich, während der ganzen Show klatschte das Publikum immer wieder frenetisch mit, und zeigte auch sonst für meinen Geschmack etwas viel Drang zur Interaktion. Und das sage ich nicht aus unendlicher Trueness heraus, aber Stimmungsmusik, bzw. Black Metal wie Dornenreich sollte in Ruhe genossen werden zumindest aber finde ich eine solche „Metal-Fete“ bei derartigen Konzerten völlig fehl am Platze. Nun, weiter ging es mit einem, nein zwei weiteren Songs der „Her von Welken Nächten“. Spätestens hier hätte ich mir dann doch gewünscht, dass die Ankündigung, eine „Metal-Show“ zu spielen, eingehalten wird. Dornenreich haben nämlich mehr als ein Metal Album, was irgendwie ein wenig unterging: Auch „Nicht um zu Sterben“ und „Bitter ist’s dem Tod zu dienen“ lassen sich ganz gut in das Genre einordnen. Ungeachtet dessen gab es aber nur Songs von „Her von Welken Nächten“, was mich persönlich dann doch sehr enttäuschte, da diese meiner Meinung nach nicht halb so viel Atmosphäre aufweisen wie ein „Reime faucht der Märchensarg“ oder ein „Hasses Freigang“. Die meisten anderen um mich herum sahen dies jedoch anders, weshalb ich insgesamt abschließend objektiv bewerten will: Die Performance der gespielten Songs war wirklich stark, Evíga keifte und flüsterte super, dazu wirkte er trotz wenig Bewegung auf der Bühne immer sehr agil auf dieser. Helm traf sowieso jeden Ton, und auch Inve, Gilván und Schwadorf hatten sichtlich Spaß an dem Auftritt. Insgesamt für den „Her von Welken Nächten“-Liebhaber ein sehr erinnerungswürdiger und genialer Gig, für mich persönlich dagegen nur oberes Mittelmaß mit starken Defiziten bei der Songauswahl.

Freitag, 17.08.

Früh morgens begann der Freitag bereits mit der vollen Schwarzmetall-Bedienung in Form von KOLDBRANN. Durch ein feines Zusammenspiel von starker Show, schön knatterndem Sound und den genialen Songs von „Moribund“ und „Nekrotisk Inkvisition“ stellten die Norweger vorerst den Festival-Höhepunkt für mich dar. Einzig negativ zu bewerten war die viel zu kurze Spielzeit von einer halben Stunde und der für Black Betal denkbar undankbare Slot am frühen Mittag. Nichtsdestotrotz wirklich stark.

NECROPHOBIC waren dann mal ein Fall für die erste Reihe, und direkt vor dem linken Boxenturm ließ es sich auch ohne Ohrstöpsel sehr gut aushalten. Dementsprechend hob mich dann natürlich auch der Sound aus den Schuhen, die Band um Sänger und Bassist Tobias Sidegård mähte an diesem späten Nachmittag gut gelaunt alles nieder, und das Publikum dankte es ihnen mit überschwänglichen Reaktionen. Die Live-Premiere des „Hrimthursum“-Übersongs „Eternal Winter“ machte das ganze perfekt und die Schweden vermochten es für mich persönlich dann auch, Koldbrann noch zu toppen, hier stimmte absolut alles.

Nun, VOLBEAT noch am Freitag und SECRETS OF THE MOON und HELRUNAR am Samstag lieferten allesamt noch super Shows ab, und damit endete das Summer Breeze Festival 2007 für mich dann auch. Was bleibt, ist eine Erinnerung an das beste Festival des Jahres, was die Stimmung und die Bands angeht, es wurde ein absolut würdiges Jubiläum gefeiert. Die Fans müssen es ähnlich sehen, denn nach dem Festival gab es kaum Kritik, die insgesamt auch nicht angebracht war. Ich persönlich freue mich jedenfalls auf 10 weitere Jahre in Dinkelsbühl.

Publiziert am von Marius Mutz

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