Review Apokryphon – Subterra

  • Label: Avantgarde
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Black Metal

Es mag angesichts ihres Bandnamens und des Artworks ihres Debütalbums „Subterra“ überraschen, aber bei APOKRYPHON handelt es sich keineswegs um ein Nebenprojekt eines Mitglieds von Melechesh oder Nile. Hinter der noch jungen Band steckt in Wahrheit nämlich Zorgh, Bassistin bei den Schweizer Ambient-Black-Metallern Darkspace, die sich hierfür das Pseudonym Ophis zugelegt und sich mit Sänger Djinn zusammengeschlossen hat. Dabei zeigt sich schon an der Namenswahl – als APOKRYPHON bezeichnet man eine außerkanonische, geheime Glaubensschrift –, dass der von orientalischen Elementen durchzogene Black Metal der Band um einiges erdiger und weniger außerweltlich als jener von Darkspace daherkommt – allerdings nicht minder atmosphärisch.

Dass APOKRYPHON großen Wert auf das Erschaffen von Stimmung legen und es dabei weder sich noch dem Hörer leicht machen, zeigt sich zum ersten und beileibe nicht letzten Mal bereits auf dem zwölfminütigen Opener „Evangelion Of The Serpent“. Hier bekommt man zu Beginn vier Minuten lang lediglich düstere, höhlenartige Ambient-Flächen und spärlich eingefügte, sich durch ebenjene Klanghöhlen schlängelnde Bläser zu hören, ehe das Duo schließlich dem Black Metal freien Lauf lässt.

Anstatt sich von da an den Gepflogenheiten des Genres anzupassen, geben sich APOKRYPHON jedoch weiterhin so unorthodox und geheimnisvoll, wie es ihr Name geradezu einfordert. So erschaffen die Schweizer durch ihre erhabenen Leadgitarren und Bassläufe ein für Black Metal untypisches, im konkreten Fall jedoch absolut stimmiges, helles und warmes Klangbild („Nag Hammadi“). Die verwaschenen Tremolo-Riffs tönen untypisch glatt und unnahbar, aber dennoch organisch und werden weder von Djinns gespenstischen Screams, die sich anhören, als würde er seine eigenen Stimmbänder zart mit einer Säge bearbeiten, noch von den treibenden Double-Bass-Drums und Blast-Beats überschattet.

Wie ein Wüstensturm, der riesige Sanddünen über einem verborgenen Grabmal aufwirbelt und die darunter schlummernden Geheimnisse als unscharfe Schemen zum Vorschein bringt, braust die bewusst konturlose Musik über den Hörer hinweg und lässt ihn in ehrfürchtigem Staunen zurück („The Naasene Psalm“). Doch der Sturm ebbt auch immer wieder ab, wenn APOKRYPHON mitunter für ganze Songs vom Black Metal Abstand nehmen, stattdessen exotisch anmutende Gesänge, Streich-, Zupf- und Blasinstrumente sowie Perkussionen einsetzen und damit das morgenländische Element des Albums deutlicher hervorkehren („The Great Ignorance“).

Kann man sich APOKRYPHON also schlicht als ägyptische Version von Darkspace vorstellen? Nein, dafür sind die stilistischen Unterschiede eindeutig zu signifikant. Im Gegensatz zu dem harschen Kontrast zwischen den dröhnenden, fast schon Industrial-artigen Gitarren und Drums einerseits und den kühlen Keyboards andererseits, der das Schaffen ihrer Hauptband auszeichnet, lässt Ophis die ungreifbaren Black-Metal-Parts und die fremdartigen, südländischen Sounds in APOKRYPHON derart untrennbar miteinander verschwimmen, dass es sich dabei gewissermaßen um das musikalische Äquivalent einer Fata Morgana handelt. „Subterra“ ist dementsprechend eines jener herausfordernden Alben, die nicht mittels eingängiger Hitsongs von sich überzeugen, sondern deren Stärke in ihrer faszinierend hypnotischen Wirkung liegt.

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Wertung: 8 / 10

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