Review Billy Talent – Crisis Of Faith

  • Label: Warner
  • Veröffentlicht: 2022
  • Spielart: Rock

„Crisis Of Faith“, zu deutsch „Glaubenskrise“ nennt sich das sechste Album der kanadischen Alternative-Ikonen BILLY TALENT und treffender kann man ein Album anno 2022 wohl nicht betiteln. Der Name passt aber nicht nur zum aktuellen Weltgeschehen, sondern auch zu dem, was das Quartett musikalisch auf dem Langspieler serviert. Denn so mancher Fan der mittlerweile über 20-jährigen Bandgeschichte dürfte ganz schon enttäuscht werden. Nach wie vor gehören vor allem die ersten beiden BILLY-TALENT-Alben zum besten in der Schnittmenge aus Alternative Rock und Punk, und auch und auch die folgenden Werke „III“ und „Dead Silence“ hatten herausragende Momente. Die bislang letzte Veröffentlichung „Afraid Of Heights“ schwächelte aber stellenweise schon deutlich. Sechs Jahre später nun also „Crisis Of Faith“, wobei die ersten Singles daraus bereits 2019 das Licht der Welt erblickten und seitdem die Hälfte der zehn neuen Tracks vorab erschienen sind. Mit einer Gesamtlaufzeit von gerade mal 36 Minuten bleiben so noch knapp 20 Minuten wirklich neues Material. Die retten „Crisis Of Faith“ aber auch nicht mehr.

Besonders erschreckend: BILLY TALENT klingen auf Album Nummer sechs unglaublich belanglos und uninspiriert. Natürlich driftet der Opener „Forgiveness I + II“ im zweiten Part in progressive Gefilde ab, allerdings passen jazzige Saxophone und Synthie-Flächen einfach nicht in die restliche Klangwelt der Kanadier. Die Nummer ist dabei aber noch einer der Lichtblicke, brettert doch der erste Part fast schon metallisch-schwer aus den Boxen. Ansonsten servieren BILLY TALENT auf „Crisis Of Faith“ schon hundert Mal Dagewesenes („Reckless Paradise“) und langweiligen Pop-Punk („One Less Problem“, „Reactor“). Die Schere zwischen textlicher Energie und musikalischer Begleitung ist dabei gravierend: So politisch und angepisst waren die vier Musiker in lyrischer Hinsicht zuletzt wohl auf ihrem Meilenstein „II“, gleichzeitig schaffen sie es einfach nicht, diese Energie auch in Musik umzusetzen. „Judged“ geht zwar schon in die richtige Richtung, bleibt aber in Einzelfall.

Die Tiefpunkte von „Crisis Of Faith“ sind die beiden ruhigeren Songs „The Wolf“ und „For You“. Die Band, die der Musikwelt verzweifelte Balladen wie „Nothing To Loose“ oder „White Sparrows“ oder das epische „Rabbit Down The Hole“ geschenkt hat, vergeigt nun also auch ihre Paradedisziplin. „The Wolf“ ist viel zu pathetisch und versucht mit massig Streichern so etwas wie Atmosphäre zu erzeugen, während „For You“ einfach nur billiger College-Rock ist. Bleibt noch „End Of Me“ und damit das erste Feature von BILLY TALENT zu erwähnen. Als Gast konnte Rivers Cuomo von Weezer gewonnen werden, der „End Of Me“ aber tatsächlich weder auf- noch abwertet. Der lässige Groove weiß zu gefallen und spendiert der B-Seite des Albums damit nochmal so etwas wie ein kleines Highlight. Eine knappe halbe Stunde später ist der Spuk auch schon wieder vorbei. Im Gehörgang geblieben ist keine der zehn Nummern so wirklich.

Mit „Crisis Of Faith“ liefern BILLY TALENT das bisher schwächste Album ihrer Karriere ab. Von ein paar guten Momenten abgesehen dümpelt es irgendwo zwischen Belanglosigkeit und Selbstkopie. Eine Entwicklung, bei der sich die Musiker die Frage gefallen lassen müssen, ob sie neue Alben wirklich noch aus Leidenschaft oder nur aus Pflichterfüllung auf den Markt bringen. Schlussendlich landet man als Fan doch wieder bei den Frühwerken von BILLY TALENT.

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Wertung: 4 / 10

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