Review Bruce Dickinson – What Does This Button Do? – An Autobiography

Es gibt Musiker-Biographien, bei denen man sich fragt: warum? – und solche, bei denen man sich fragt: warum erst jetzt? Die Autobiographie von Bruce Dickinson fällt definitiv in letztere Kategorie, gehört der Pilot, der es im Fechtsport weit und im Metal mit IRON MAIDEN noch viel weiter gebracht hat, doch ohne Frage zu den spannendsten Persönlichkeiten der Metal-Szene. Nun also, kurz vor seinem 60. Geburtstag, hat der Brite die Muße gefunden und veröffentlicht mit „What Does This Button Do? – An Autobiography“ sein Leben in Buchform.

Warum genau das Buch so und nicht anders heißt, wird – wenn der Satz auf den 384 Seiten auch ein paarmal auftaucht – nicht so recht klar; ebenso wenig, warum der Titel beim Cover-Layout eher wie ein Werbe-Info-Pickerl designt wurde als wie, nun ja, der Titel. Sieht man davon ab, gibt sich „What Does This Button Do?“ als klassische Musiker-Biographie zu erkennen: Dickinson auf dem Cover, ein paar Seiten mit Schnappschüssen aus dem Leben des Briten zwischendurch und los geht es natürlich bei Adam und Eva, beziehungsweise in der Schulzeit des Jungen, der mit erstem Namen eigentlich Paul heißt.

Der Einstieg in das Buch fällt nicht ganz leicht. Denn sieht man von einigen Lausbubenstreichen ab, berichtet Dickinson hier (in der Originalfassung zudem in nicht ganz einfach verständlichem Englisch) nicht wahnsinnig viel Erfahrenswertes auf doch recht vielen Seiten – ein Problem, mit dem man auch in den folgenden Kapiteln konfrontiert wird. Hier schreibt Dickinson sehr ausführlich, streckenweise aber auch sehr trocken, über seine beiden großen Leidenschaften, den Fechtsport und die Fliegerei. Wirklich nahe kommt man dem Ausnahmesänger dabei jedoch nicht. Selbst einen Beinahe-Absturz während des Flugunterrichts schildert Dickinson – heute selbst Fluglehrer und Pilot mit Musterberechtigung bis zur Boeing 747 – überraschend unemotional. Wirklich spannend liest sich einzig die Episode über die Umstände des Auftritts mit seinem Solo-Projekt 1994 im belagerten Sarajewo, also mitten im Bosnienkrieg. Die Aktion, mitten im Krisengebiet aufzutreten, wirkt in Dickinsons Erzählung jedoch eher leichtsinnig als in irgendeiner Weise sinnvoll.

Je weiter sich Bruce Dickinson an die Jetzt-Zeit heranarbeitet, desto lebendiger werden seine Geschichten – und lassen ihn mal übermenschlich (in seiner Doppelfunktion als Airline-Pilot und MAIDEN-Sänger), mal überaus menschlich (beim Kampf mit der Krebserkrankung) erscheinen. Mangelnder Personenbezug lässt sich „What Does This Button Do?“ jedenfalls nicht ankreiden: Auf den 384 Seiten geht es quasi ausnahmslos um Bruce Dickinson. Das Thema IRON MAIDEN hingegen wird über weite Strecken nur überraschend beiläufig behandelt – wenn Dickinson etwa erzählt, dass er lieber Fechten gegangen ist, während der Rest der Band im Studio war, um ein neues Album aufzunehmen. Zweifel daran, dass er sich (neben Steve Harris) als die zentrale Figur bei MAIDEN sieht, lässt Dickinson dennoch nie aufkommen. So sehr man dabei hofft, dass dieser mal mehr, mal weniger unterschwellig arrogante Ton von der Erzählweise herrührt und nicht von Dickinsons Charakter – schöner zu lesen macht das „What Does This Button Do?“ nicht unbedingt.

Am Ende ist „What Does This Button Do?“ vielleicht vor allem deswegen etwas enttäuschend, weil der Tausendsassa Dickinson für eine spannende, vielseitige und tiefgründige Autobiographie wie gemacht scheint – und „What Does This Button Do?“ all das eben nur in Maßen geworden ist. Zwar ist das Buch eine echte Autobiographie und keine als solche verkappte Bandgeschichte. Ein unterhaltsamer, aufschlussreicher Abriss eines Musikerlebens, wie das beispielsweise Scott Ian (Anthrax) oder Al Jourgensen (Ministry) mit ihrer Autobiographie gelungen ist, ist „What Does This Button Do?“ jedoch nicht.

Auf das Erzählen lustiger Begebenheiten sei er nicht aus gewesen, lässt Dickinson den Leser im Nachwort wissen. Und auch das Private – familiäre Themen wie Liebschaften, Hochzeiten oder Kinder – wurden mit voller Absicht komplett ausgespart. So erfährt man auf den 384 Seiten zwar viel über das Leben von Bruce Dickinson, jedoch enttäuschend wenig Persönliches aus seinem Leben: Auf der Gefühlsebene bleibt das Buch erschreckend oberflächlich. Erst auf den letzten Seiten, als er von seinem harten Kampf mit dem Krebs berichtet, gewährt Dickinson dem Leser echte, tiefe Einblicke in sein Gefühlsleben. Das ist schade – bleibt einem die Person Bruce Dickinson doch auch nach der Lektüre seiner Lebensgeschichte enttäuschend fremd.

Keine Wertung

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