Review Carach Angren – Where The Corpses Sink Forever

Man ist sich ja immer nicht ganz sicher, was man von CARACH ANGREN denken soll. Auf der einen Seite sicher eine der sympathischsten Symphonic-Black-Metal-Bands überhaupt. Die genialen Horror-Thematiken und die gruseligen, teils an Jahrmarktmusik erinnernden Streichermelodien in Kombination mit rauem Black Metal ergeben sicherlich nicht das schlechteste Konzept des neuen Jahrtausends in diesem Sektor. Auf der anderen Seite ist die konkrete Umsetzung, zum einen, dass die Streicher oft betont neben und nicht so sehr mit den klassischen Rock-Instrumenten zu spielen scheinen, zum anderen und vor allem aber die seltsam plumpen (oft äußerst akzentbelastet vorgetragenen) Texte, die derart kauzig sind, dass es dem Hörer zum Teil schwer fällt, sich wirklich auf die Stimmung einzulassen.

Da ist es natürlich großartig, dass auf „Where The Corpses Sink Forever“ gleichmal ein Song „Bitte tötet mich“ heißt. Und nach dem extrem stimmungsvollen Intro „An Ominous Recording“ stellt sich bei mir dann auch fast umgehend wieder genau dieselbe Zerrissenheit ein wie bei den Vorgängern, denn ich kann mich einfach nicht auf eine an sich durchaus schaurige Horrorgeschichte über einen suizidalen deutschen Soldaten konzentrieren, wenn Seregor ins Mikro schreit: „I can hear footsteps. Someone’s coming near. Fuck! Should I stay? Disappear? Es ist mein bester Freund. Dieser Soldat ist immer für mich da. Quickly I put my Luger away. I thought this was my last day but I failed! Bitte tötet mich!“ Dass man, wie schon immer bei CARACH ANGREN, eine äußerst seltsame Gesangsrhythmik an den Tag legt, die oft nach „Zu viel Text für zu wenig Strophe“ klingt, macht die Sache da nicht unbedingt besser.
Kann man das an zitierter Stelle aber noch kultig finden, fragt man sich spätestens beim Text von „The Funerary Dirge of a Violinist“ wirklich, warum die Band nicht doch ein wenig mehr Wert auf sprachliche Eleganz legt. Dieser Song hätte mit seiner nach My Dying Bride tönenden, zarten Melodie ein absoluter Hammer werden können, wäre nicht die Machart des Texts viel grausamer als dessen Inhalt :
„I’ve had enough of this sickening war and it’s murderous puppets! They don’t understand the language of music cannot be spoken in death. I never took a life! Maybe now is the time to take mine. In the name of music; shall I cut my wrists or hang myself high by a violin string? A symphonic suicide is what I shall bring!“
Derartiges kann man ausschließlich vermeiden, wenn man absichtlich weghört, nur: Dann fehlt einem eben auch die an sich gute Geschichte. Ein sehr zweischneidiges Schwert. Immerhin: Die Musik an sich ist stärker denn je, Keyboard, Streicher und restliches Instrumentarium greifen viel besser ineinander als zuvor. Zudem gibt es auf „Where The Corpses Sink Forever“ eine Menge Abwechslung, neben den altbekannten Schauer-Melodien gibt es auch Erhabenes, Episches, Zerbrechliches und manchmal auch einfach nur Eins auf die Zwölf – alles eingebettet in die typischerweise durchweg reichlich kranke CARACH-ANGREN-Atmosphäre. Schön auch, wie die Songs durch immer mal wieder eingestreute, gelesene Tagebucheinträge verknüpft werden – die Stimmung hat ohne wenn und aber Hand und Fuß und bleibt über das komplette Album sehr konsistent.

Musikalisch gefallen mir CARACH ANGREN also definitiv besser als je zuvor, hier sticht man das Debüt „Lammendam“ um Längen aus (der Nachfolger „Death Came Through A Phantom Ship“ ist mir leider unbekannt). Deshalb will ich auch nur Konzept und Musik bewerten, da es ja durchaus möglich ist, dass den Hörern die Texte entweder komplett wurst sind, oder ihnen diese Direktheit sogar gefällt – was mir dann aber vollkommen rätselhaft bliebe.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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