Ist das noch Black Metal? DÖDSRIT melden sich gut drei Jahre nach „Mortal Coil“ mit ihrem vierten Langspieler „Nocturnal Will“ zurück und bereits das Cover deutet es an: Es wird episch! Denn der vom Kampf gezeichnete Ritter in eisiger Landschaft ist nicht die einzige Reminiszenz an heroischen Epic-Metal, auch musikalisch fühlen sich die Schweden in diesem Genre immer wohler und lassen die Black-Metal-Einflüsse mehr und mehr hinter sich zurück. Aber eine gewisse Eigenwilligkeit hat den Sound von DÖDSRIT ja schon immer ausgezeichnet, weshalb einer Mischung aus Epic und Black Metal erstmal nichts im Wege steht.
Wie auch schon „Mortal Coil“ besteht „Nocturnal Will“ im Grunde aus vier überlangen Songs, die diesmal aber noch um zwei Instrumentals ergänzt werden. Den Opener „Irjala“ könnte man im ersten Drittel fast schon als lupenreinen Heavy Metal durchgehen lassen, bis schließlich doch noch brachiales Drumming und die harschen Vocals von Christoffer Öster einsetzen. Mit der Nummer fahren DÖDSRIT eigentlich schon ihr gesamtes Repertoire und Songwriting-Talent auf: Das Gitarren-Duo Öster und Maxoris schichtet Melodie um Melodie aufeinander, eine schöner und verzweifelter als die andere, bevor ein Break diese Melodie-Wände zum Einsturz bringt und an deren Stelle wuchtige Riffsalven treten, nur um ihrerseits wieder von großen Melodiebögen abgelöst zu werden. Einen ähnlichen Weg beschreiten auch Chapel of Disease auf ihren jüngsten Releases, allerdings gehen DÖDSRIT zumindest aktuell noch brachialer zu Werk, was schon allein an den wütenden Vocals liegt. Leider folgt auf all diese Euphorie ein Aber: Die Spielzeit von zehn Minuten ist zu lang gewählt, denn gegen Ende scheinen dem Quartett die Ideen ausgegangen zu sein und so werden einfach Melodien bis zum Erbrechen wiederholt. Schade, aber leider kein Einzelfall.
Denn auch das folgende „Nocturnal Fire“ startet eigentlich als Traum aller Fans melodischen (Black) Metals. Noch eine Spur verzweifelter, aber auch aggressiver als „Irjala“ reißt die Nummer den Hörer sofort mit und lässt erahnen, wie sich der gebrochene Ritter auf dem Cover fühlen muss. Aber erneut geht DÖDSRIT im Outro die Luft aus und man verlegt sich auf Repetition. Dass die Schweden rein instrumentales Songwriting aber durchaus beherrschen, zeigt „Utmed Gyllbergens Stig“. Folkig angehaucht hat man den perfekten Soundtrack für eine Wanderung durch eisige Wälder und verschneite Landschaften. „Nocturnal Will“ endet dank „Celestial Will“ aber mit einem echten Brecher, der tatsächlich nicht zu lang geraten ist. Die Melodien bohren sich regelrecht ins Hirn und bleiben da auch erstmal, weshalb keine Längen aufkommen. Auch der Spagat zwischen Black Metal und Elementen aus Epic bzw. Heavy Metal gelingt den Schweden hier am besten, denn die schwarzmetallische Wut und Aggression verbindet sich nahezu perfekt mit den hymnischen Melodien.
Nein, Black Metal ist das keiner mehr, aber zu großen Teilen außergewöhnliche, zum Niederknien schöne Musik. Jenseits aller DSBM-Klischees erschaffen DÖDSRIT auf „Nocturnal Will“ verzweifelte, aggressive, aber eben auch schöne Songs, die wohl keinen Hörer kaltlassen dürften. Einziges Manko sind die stellenweise zu sehr in die Länge gezogenen Instrumental-Passagen. Bei der restlichen Performance und dem Können der Musiker ist es eigentlich fast schon unverständlich, wieso ihnen bei diesen Parts die Ideen ausgegangen sind oder die Stücke nicht einfach direkt gekürzt wurden. So schrammen DÖDSRIT an einem echten Meilenstein vorbei, ein besonderes Album ist „Nocturnal Will“ aber dennoch geworden.
Wertung: 8 / 10