Review Endstille – Infektion 1813

  • Label: Season Of Mist
  • Veröffentlicht: 2011
  • Spielart: Black Metal

Seit einigen Jahren sind ENDSTILLE nicht mehr nur Deutschlands War-Black-Metal-Band Nummer Eins, sondern auch als „Trendstille“ verschrien. Welchem Trend mit ihrem immer gleich extremen Sound folgen sollen, bleibt das Geheimnis der Stänkerer. So oder so wird auch bei mittlerweile siebten Album das Geschrei groß sein, denn – Überraschung – ENDSTILLE klingen auch 2011 nach ENDSTILLE.

Wo „Hater“ sich in ihrer Meinung nur bestätigt fühlen mögen, dürften Fans erleichtert ausatmen – hatte Sängerneuzugang Zingultus doch im Vorhinein mit Aussagen wie „Es wird viele Fans schocken und sich von uns abwenden lassen“ (Graupel-Interview mit Metal1.info, 31.12.10) für Wirbel gesorgt. Der große Bruch hin zu einer „neuen Ära“, wie der Fronter es damals bezeichnet hatte, ist indess nicht zu hören. Wohl schon deshalb, weil das Riffing von Gitarrist Wachtfels einfach zu markant ist, und weil der düster-verwaschene Sound (an dem sich gottlob nichts geändert hat) zu charakteristisch ist, um ENDSTILLE nur durch einen neuen Sänger gänzlich anders klingen zu lassen.

Auch Zingultus selbst trägt seinen Teil bei, dass ENDSTILLE noch ENDSTILLE sind: So ist der Gesang zwar vielleicht nicht ganz so fies wie der des vor dem inneren Auge stets blutverschmierten Iblis, steht dessen Vocals jedoch in Sachen Aggression und Ausdruckskraft in nichts nach – im Gegenteil:Nach sechs Iblis-Alben klingt der etwas andere Gesang bisweilen sogar erfrischend unverbraucht: So variiert Zingultus seine Gesangsarten beispielsweise deutlich mehr als sein Vorgänger, sodass auf „Infektion 1813“ sogar Elemente wie gesprochene Passagen, Gangshouts („Deepest Place On Earth“) oder in „Bloody H (The Hurt-Gene)“ sogar Klargesang (!) zu finden sind.

Auch von der musikalischen Seite her ist „Infektion 1813“ auf die eine oder andere Art überraschend. So lässt das Album eine engere Verwandschaft zum Vorzeige-ENDSTILLE-Album „Navigator“ erkennen: Wo ENDSTILLE sich mit „Verführer“ in den Versuch, immer aggressiver zu klingen, verrannt hatten und eher routiniert als ehrlich angepisst klangen, wirkt „Infektion 1813“ wieder unverkrampfter und damit souveräner: So wird hier zwar wie gewohnt eine Dreiviertelstunde quasi ohne Unterlass die Double-Bass getreten und gesängt, was die Saiten hergeben. Das Ergebnis klingt jedoch wieder deutlich lässiger („Deepest Place On Earth“). Dass „Infektion 1813“ trotz des monotonen Geschrammels in räudigem Sound nicht langweilig wird, ist neben den genannten gesanglichen Neuerungen vor allem dem wieder deutlich eingängigeren Riffing zuzuschreiben: So ist „Trenchgoat“ wohl der erste ENDSTILLE-Song seit „Navigator“, der vom Ohrwurm-Faktor her in einer Liga mit „Bastard“ spielt.

Der große Stilwechsel bei ENDSTILLE ist ausgeblieben: Sänger-Neuzugang Zingultus hat sich als Alternative erwiesen, mit der jeder Fan leben können sollte. Damit ist „Infektion 1813“ ein Album, das es irgendwie allen leicht macht: Wer ENDSTILLE hasst und wer sie liebt bekommt hier neun gute Gründe, dies auch weiterhin zu tun. Doch während „Hater“ das Album schnell verdrängt haben werden, können sich Fans auf ein Album freuen, das für ENDSTILLE-Verhältnisse genug Charakter hat, um nicht so schnell aus dem Gedächtnis zu verschwinden.

Wertung: 8 / 10

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