Feuerschwanz Memento Mori Coverartwork

Review Feuerschwanz – Das elfte Gebot

Hätte jemand vor fünfzehn, zehn oder sogar vor fünf Jahren behauptet, dass ausgerechnet die Partyritter FEUERSCHWANZ eines der besten deutschen Folkrock-Alben seiner Zeit produzieren, wäre diese kühne These wohl kaum beachtet worden. Aber der Fleiß, den die Franken seit langem an den Tag legen, zahlt sich nun vollends aus. Mit einem trotz Corona mehr als nur erfolgreichen Crowdfunding als Rückenwind schicken sie „Das elfte Gebot“ in die Schlacht, das allen alten Vorurteilen Lügen straft.

Gleich die ersten drei Songs “Meister der Minne”, “Metfest” und “Das elfte Gebot” machen klar, wo der (Met-)Hammer hängt: voller Sound, hohe BPM, Ohrwurm-Garantie und großer Spaßfaktor. Besonders der Titeltrack als flammendes Carpe-Diem-Plädoyer gehört sicherlich zum Besten, was FEUERSCHWANZ je geschrieben haben, und wird auf den Konzerten nach den Entbehrungen der Corona-Krise umso frenetischer gefeiert und mitgesungen werden. Doch auch für das restliche Album gilt “Mission Eskalation”: Verschnaufpausen gibt es nicht, Balladen sucht man vergebens. Einzig “Im Bauch des Wals” und “Malleus Maleficarum” drücken kurzzeitig ein wenig auf die Bremse. Thematisch bleiben FEUERSCHWANZ ihrem Genre treu und besingen wahlweise sich selbst, den Alkohol, trink- und feierwütige Personengruppen, Fabelwesen, mittelalterliche Begebenheiten – oder einfach alles davon gleichzeitig. Das “Das elfte Gebot” funktioniert in seiner Nische (und auch darüber hinaus) so wahnsinnig gut, da sich des Hauptmanns geiler Haufen thematisch treu geblieben ist, gezielt alte Zöpfe sowie Zoten abgeschnitten hat und sich mit hohem Anspruch stilistisch perfektioniert hat. Da braucht es keine hohe Lyrik, schwierige Taktwechsel oder moderne Gesellschaftskritik, sondern schlicht dichten Sound, Refrains zum Mitsingen, und Melodien, die man noch Tage später im Ohr und in den Beinen hat. Und auch wenn das Album gegen Ende hin nicht ganz die Qualität der ersten Hälfte halten kann, gilt doch insgesamt: Besser gerüstet waren FEUERSCHWANZ nie.

Insgesamt fällt auf, dass zwar weiterhin viel gebechert wird (“Metfest”, “Kampfzwerg”, “Lords of Powermet”), aber der infantile Kicherhumor ad acta gelegt worden ist – FEUERSCHWANZ sind erwachsener geworden, und das steht ihnen gut zu Gesicht. Wenn man Vergleiche suchen möchte, klingen die selbsternannten Meister der Minne mittlerweile deutlich mehr nach Sabaton oder Powerwolf mit Folk-Einschlag anstatt nach J.B.O. mit Flöten und Geige. Dass das nicht ganz unbeabsichtigt ist, zeigt spätestens ein Blick auf die Bonus-CD, auf der bekannte Songs unterschiedlichster Genres als FEUERSCHWANZ-Coverversionen zu finden sind – unter anderem auch “Amen & Attack” und “Gott Mit Uns” von den eben genannten Combos. Interessant wird die Bonus-CD aber hauptsächlich dann, wenn sich die Süddeutschen an Genres wie Softpop (“I See Fire”) oder gar Reggae und Hip-Hop (“Ding”, “Limit”) versuchen, die gerade durch ihren Kontrast zum Original die meiste Eigenständigkeit aufweisen. Aber auch Songs wie “Hier kommt Alex” oder gar “Engel” werden mit Dudelsack und Geige überraschend ansprechend zu Folk-Songs konvertiert. Insgesamt also ein geglücktes Experiment mit Potential nach oben, das zugleich den aktuellen Internet-Trend aufgreift, bekannte Songs zu “vermittelalterlichen”.

“Das elfte Gebot” ist, zusammen mit der Cover-Bonus-CD, ein laut einschlagender Beweis dafür, dass harte Arbeit, Durchhaltevermögen, Spielfreude und konstanter Drang zur Selbstoptimierung sich auszahlen. Ehemals auch von uns als “Mittelalter-Mallorca und Barden-Ballermann” belächelt, können wir nun endgültig den Hut vor FEUERSCHWANZ ziehen (beziehungsweise unser Horn heben) und uns für die Stunde schamlosen Spaßes bedanken, die diese 18 Songs am Stück zu liefern wissen.

Wertung: 9 / 10

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