Cover IHSAHN

Review Ihsahn – Ihsahn

Das Schaffen des heute 48-jährigen Vegard Sverre Tveitan lediglich auf eine Band oder auf ein Genre zu begrenzen, ist schlichtweg fahrlässig. Denn Herr Tveitan alias Ihsahn hatte in den 90er Jahren mit Emperor nicht nur eine glorreiche Zeit für symphonischen Black Metal eingeläutet und Anfang der 2000er-Jahre mit Peccatum gezeigt, wie gut Avantgarde Metal klingen kann, nein, Herr Tveitan verdeutlicht mit seinem Solo-Projekt IHSAHN bereits seit 18 Jahren, dass ihn progressive Musik ebenso begeistert wie Pop („Pharos“-EP), Black Metal („Telemark“-EP) oder eben, jeder Emperor-Fan dürfte nicht überrascht sein, Klassik.

Genau diesen von Komponisten wie Jerry Goldsmith, John Williams, Bernard Herrmann oder John Carpenter inspirierten Teil seines musikalischen Schaffens lässt IHSAHN mit der Veröffentlichung seines gleichnamigen achten Albums nun die sprichwörtlich erste Geige spielen.

Das Besondere an der Platte „Ihsahn“ ist dabei nicht nur, dass die orchestralen Passagen auf Augenhöhe mit lupenreinen Prog Rock/Metal positioniert werden, sprich, prominent im Klangbild vertreten sind, sondern auch, dass „Ihsahn“ nicht nur als Metal-, sondern auch als reine Orchester-Variante erhältlich ist. Die elf Tracks der einen Variante sind somit auch auf der zweiten Variante zu finden, allerdings abzüglich der Instrumente Gitarre, Bass, Schlagzeug und natürlich auch ohne Ihsahn markant-krächzenden wie hellen Klargesang.

Was erwartet also Fans von Ihsahn auf IHSAHNs neustem Werk? Definitiv nicht die banale Unkreativität, die der Norweger bei Künstler-, Projekt- und Albumnamen hat walten lassen. Stattdessen liefert IHSAHN genau das ab, was auch die bisherige Diskografie eint: gute Musik. Zumindest, wenn man bereit ist, die Scheuklappen abzunehmen.

Denn so kompliziert der Verbund von Prog-Musik und Klassik auch klingt, IHSAHN gelingt es spielerisch leicht, beides in einem Hit zu verbinden. Beziehungsweise in mehreren. Denn nach dem melodischen, sehr an Filmmusik angelehnten Opener „Cervus Venator“ gewährt IHSAHN mit dem leicht vertrackten, treibenden, aber smooth ins Ohr gehenden Song „The Promethean Spark“ einen ersten Einblick in die Welt der mitreißenden Refrains, die sich im Laufe der 48 Minuten Spielzeit noch eindrücklicher zeigen wird.

Dem Hörer heizt IHSAHN mit der Single-Auskopplung „Pilgrimage To Oblivion“ nicht nur mit einem starken Intro ein, sondern präsentiert auch im weiteren Verlauf des Songs eine dramatische Orchestrierung, die mit dem schnellen Riffing und Drumming eine beinah ekstatische Wirkung entfaltet – IHSAHN at its best! Und glücklicherweise stellt „Pilgrimage To Oblivion“ keinen positiven Ausrutscher dar, sondern auch Tracks wie das straighte „Twice Born“ und der achtminütige, verkopfte Prog-Hit „Hubris And Blue Devils“ leben von einer starken Dynamik in Kombination mit viel Abwechslung und Melodik.

Ausufernde Melodiebögen in Ihsahns Gitarrenspiel wie bei den Songs „A Taste Of The Ambrosia“ oder dem Longtrack „At The Heart Of All Things Broken” verleihen dem Album ausreichend entschleunigende, fast balladeske Lieder, die besonders für Fans von Ihsahns warmen Klargesang ein Hörgenuss sind. Allerdings belegen diese Songs auch, dass IHSAHNs Verknüpfung von Prog Rock/ Metal und Klassik nur dann eindringlich und nachhaltig wirkt, wenn die Tracks mindestens im Midtempo geschrieben sind. Den langsameren Lieder fällt es schwerer, zu begeistern.

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Apropos Begeisterung: Wer sich und seinem Tellerrand etwas Gutes tun möchte, sollte wenigstens digital in die Orchester-Variante von „Ihsahn“ hineinhören. Wer nicht allergisch auf klassische Musik reagiert und IHSAHN Geschick für die symphonischen Meisterwerke auf „Prometheus: The Discipline Of Fire And Demise“ liebt, wird wenigstens ein paar Durchläufe gut unterhalten werden. Ohne die elektronischen Instrumente werden die filigranen Parts überhaupt erst hörbar. In der Metal-Variante kaum zu erahnen, zeigt die Orchester-Variante auch, mit wie viel Liebe zum Detail Spannungsbögen aufgebaut und die Percussions eingesetzt werden. Als ob Ihsahn geahnt hätte, dass Metaller nicht unbedingt die Orchester-Variante im heimischen CD-Regal stehen haben möchten, ist das neuste Werk des Norwegers nicht als Doppelalbum erhältlich, sondern nur separat als Metal- oder als Klassik-Version.

Wem empfiehlt man IHSAHN? Auf jeden Fall aufgeschlossenen Hörern, die treibenden, aber nicht knüppelnden Metal mit verspielten Stellen, melodischen Passagen und verkopften, aber leicht zugänglichen Abstrakten zu schätzen wissen.

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Wertung: 8.5 / 10

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