Review Koldbrann – Vertigo

  • Label: Season Of Mist
  • Veröffentlicht: 2013
  • Spielart: Black Metal

KOLDBRANN gehören zu den wenigen ernst zu nehmenden Black Metal-Bands der dritten Generation: Erst 2001 gegründet, ist die Truppe um Sänger Mannevond fest im norwegischen Underground verwurzelt. Bereits das Debüt „Nekrotisk Inkvisition“ wusste 2003 mit seinem rohen Black Metal zu gefallen, das drei Jahre später veröffentlichte „Moribund“ öffnete der Band Tür und Tor und ermöglichte den Norwegern ausgiebige Touren mit Acts wie Taake, Urgehal oder Shining durch ganz Europa.
Obwohl KOLDBRANN in den folgenden Jahren kontinuierlich Kleinveröffentlichungen wie Singles, EPs und eine Split auf den Markt warfen, wurde es gegen Ende der 0er-Jahre ruhig um die Band, bis der Ausstieg von Ausnahme-Schlagzeuger Fordervelse sowie Gitarrist Geir Antonsen ’09 für Schlagzeilen sorgte. Was fehlte, war ein neues Album – eine Scharte, die das verbliebene Trio mit „Vertigo“ nun auszuwetzen bemüht ist.

Sieben Jahre sind eine lange Zeit, und wer die letzten Singles aufmerksam verfolgt hatte, wusste bereits im Vorhinein, dass er sich von „Vertigo“ vieles erwarten durfte, nur kein zweites „Moribund“. Und in der Tat – nicht nur im Kurzformat, sondern auch auf Albumlänge stellen KOLDBRANN ihre Hörer 2013 hart auf die Probe.
Denn was die Band hier abliefert, hat nicht nur wenig mit KOLDBRANN, wie man sie von Album bisher kannte, zu tun, sondern ist darüber hinaus auch für sich genommen nicht eben, was man einen Pflichtkauf nennt. Denn erweckte die Single noch den Anschein, die KOLDBRANN-typischen Trademarks wären wenigstens gegen ein gerüttelt Maß an Vielseitigkeit eingetauscht worden, erweist sich genau diese Hoffnung als unbegründet. Statt dessen sind eigentlich sämtliche neu dazugekommenen Attributen belanglos, uninspiriert oder gar nervtötend: Sei es der vollkommen skurrile, piepsige Eunuchengesang in „Stolichnaya Smert, das im gleichen Song so übergangs- wie lieblos eingeworfene Hudelsolo, das klingt, als versuche sich ein minder begabter Gitarrist an einem Kerry King-Solo, oder der durchgehend ungelenke Einsatz von Synthesizern, die im Songkontext ebenso überflüssig sind wie die drei Interludes, die es auf das Album geschafft haben.
Ganz verlernt haben es die Norweger freilich nicht: Wo man sich seiner alten Stärken entsinnt, vermag „Vertigo“sogar recht gut zu gefallen – im überzeugenden „I Eklipsens Skimmer“ oder den ebenfalls guten „Drammen“ und „Goat Lodge“.Doch selbst in ihrer Kerndisziplin, dem räudige Black Metal, können KOLDBRANN nicht mehr aufholen, was durch die Neuerungen verbockt wurde – zum einen, weil es vergleichsweise schwer fällt, mit transparentem, klarem Sound „räudigen Black Metal“ zu machen, zum anderen, weil ein Folkedal eben kein Fordervelse ist. War das Dumming bei KOLDBRANN zwar stets rabiat, jedoch nie stumpf, ist es auf „Vertigo“ genau das: Ein langweiliger Beat löst den Nächsten ab, von Charakter kann keine Rede sein.

Am Ende ist „Vertigo“ dort am stärksten, KOLDBRANN sie selbst sein wollten – doch selbst diesen Songs fehlt es im Vergleich zu „Moribund“ an Biss. Schade ist, dass KOLDBRANN sich für die Zukunft offenbar andere, große Ziele gesetzt haben. Allein in deren Umsetzung hapert es noch – machen doch beispielsweise Gitarrensoli wie auch Synthesizer einen Song nicht automatisch und per Se besser.
Fazit: Klang „Moribund“ noch wie ein Klumpen Dreck, zerkaut, verdaut und ausgespien, ist „Vertigo“ das akustische Synonym zum gesittet in eine Porzellanschüssel abgesetzten Rest eines spießigen Häppchentellers: enttäuschend unspektakulär.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert