Review Lethe – The First Corpse On The Moon

  • Label: My Kingdom
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Electronic

Jeder Musikliebhaber kennt diese Ernüchterung, die zu Tage tritt, wenn einem grandiosen Album nach langem Warten endlich ein Nachfolger geschenkt wird, der leider hinter den Erwartungen zurückbleibt. Noch größer ist die Enttäuschung, wenn das Debüt sensationell war und der Hörer eben nur diese großartige Referenz der Band zur Verfügung hat; gestaltet sich das zweite Album in irgendeiner Art weniger brillant, gehen die Mundwinkel besonders weit nach unten.

In genau solch einer verzwickten Lage befindet sich das schweizer-norwegische Projekt LETHE um die ehemalige Eluveitie-Sängerin Anna Murphy und dem kreativen Kopf von Manes, Tor-Helge Skei. Mit ihrem Erstling „When Dreams Become Nightmares“ gelang dem Duo ein fulminanter Einstieg in die Musiklandschaft, die rockige Gitarren mit wohlig warmen Gesang und Keyboard-Klängen vereint und irgendwo zwischen Avantgarde, Electronic, Rock und Experimental eingeordnet werden kann. Drei Jahre später schicken sich LETHE an, mit ihrem zweiten Studioalbum „The First Corpse On The Moon“ an den Geniestreich anzuschließen.

Wäre eben jenes Album zuerst auf dem Markt gekommen und „When Dreams Become Nightmares“ später, wäre alles gut; man könnte Murphy und Skei eine Entwicklung hin zur Verfeinerung ihres Sounds bescheinigen und könnte sogar von Fortschrittlichkeit sprechen. Die Realität gestaltet sich allerdings genau verkehrt herum und ein „The First Corpse On The Moon“ muss einem „When Dreams Become Nightmares“ ähneln oder dieses sogar toppen – an letzterem scheitern LETHE mit dieser Platte. Es fehlt an der Zerbrechlichkeit eines „No Reasons“ und an einem packenden „In Motion“, besonders mangelt es diesem Album an der homogenen Wirkung der Tracks. Schaffte es das Duo mit seinem Debüt ein knapp einstündiges Hörerlebnis mit Steigerungen und Spannungen zu erschaffen, stellt „The First Corpse On The Moon“ lediglich eine Ansammlung von Tracks dar, die allesamt gut geeignet sind für eine kurzweilige Auszeit vom Arbeitsalltag, aber denen es nicht gelingt, den Hörer in eine völlig andere, weit entfernte Welt zu transportieren.

LETHE präsentieren sich mit ihrem zweiten Album ruhiger als zuvor, stellenweise mit zu wenig Biss, größtenteils mit Melodien, die in Ordnung sind, aber nicht begeistern oder mitreißen können. Es mangelt an dem letzten Fünkchen, was bei dem Zuhörer überspringen muss, um Gefallen an genau diesem Riff, an dem Gesang in genau dieser Strophe zu finden. LETHE rauben ihren Ideen die Durchschlagskraft beziehungsweise ist den beiden genau diese abhanden gekommen. Härter formuliert: Murphy und Skei überraschen mit stellenweise so trivialen Songs, dass Fans der ersten Stunde erschrocken sein dürften über die zurückgefahrene Kreativität und über den Mut, den LETHE auf „The First Corpse On The Moon“ vermissen lassen.

Wertung: 5.5 / 10

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