Review Lonely Kamel – Dust Devil

Norwegen. Land der staubtrockenen Wüsten. Sandige Trostlosigkeit erstreckt sich bis zum Horizont und weit darüber hinaus. Die Sonne brennt gnadenlos über der glutheißen Einöde. Ausgedorrte Kakteen verschwimmen vor der vor Hitze flimmernden Luft. So ungefähr muss es da oben in Skandinavien aussehen, wenn man dem Sound der neuen Scheibe von LONELY KAMEL Glauben schenken darf. Seit die Jungs, die schon mit Szenegrößen wie Monster Magnet und Orange Goblin die Bühne geteilt haben, in der aktuellen Besetzung zusammen sind, scheint’s mit den Veröffentlichungen zu klappen, denn mit „Dust Devil“ legt das Quartett bereits sein drittes Album in vier Jahren vor. Und das zeigt getreu dem Band-Motto „Blues, Grooves and a Bottle of Booze“ mehr als ordentlich, wo der Frosch die Locken hat.

Bei einem solchen Veröffentlichungsfleiß ist man schnell geneigt, anzunehmen, dass sich auf der Platte doch der eine oder andere Füllsong eingeschlichen hat. Nicht so bei LONELY KAMEL. Die hauen hier mal eben zehn Tracks raus, die vor Spielfreude und Unbekümmertheit nur so strotzen. Stoner Rock ist hier die grobe Richtung, doch schon beim Opener „Grim Reefer“, der mit gemütlicher Slide-Gitarre eingeleitet wird, treten die Blues-Rock-Einflüsse in den Vordergrund, die bis zur letzten Nummer immer und immer wieder auffallen. Dazu kommt natürlich noch eine großzügige Prise schmutziger Rock ’n’ Roll.

Was dabei herauskommt, sind in erster Linie geradlinige, flotte Rocknummern, bei denen die Norweger sehr auf Dynamik und Abwechslungsreichtum achten und kaum einen Song in gleichbleibendem Tempo durchziehen. Die Rhythmus-Abteilung um Bassist Stian und Drummer Espen bildet die Grundlage für die mitreißende und antreibende Wirkung der Songs, die zusammen mit den Gitarren grooven wie die Hölle und in Instrumental-Parts gerne mal zeigen, zu was sie allem fähig sind. Die lässigen, teils melodischen, teils krakeligen Soli, die sich die beiden Axtmänner Thomas und Lukas hier und da aus den Ärmeln schütteln, sind dabei mindestens genauso unterhaltsam wie das fette Gitarrenbrett, mit dem die beiden von Anfang bis Ende aufwarten.

Exkursionen in den psychedelischen Bereich („Rotten Seed“, „Roadtrip With Lucifer“) stehen ebenso auf der Tagesordnung wie eine Liebeserklärung an den Doom Metal im längsten Stück des Albums „Seventh Son“, in dem Sänger Thomas stellenweise gegen eine regelrechte Gitarrenwand anschreien muss. Der Retro-Sound in seinem manchmal mehrstimmigen Gesang lässt erahnen, dass LONELY KAMEL nicht durch Zufall bis zum vorigen Jahr vom selben Label wie ihre schwedischen Kollegen Graveyard betreut wurden, ehe erstere zu Napalm und letztere zu Nuclear Blast abgewandert sind.

Alles in allem gibt’s hier also zackigen Stoner Rock mit Blick über den Tellerrand, der groovt wie Sau, einfach nur Spaß und das Stillsitzen so gut wie unmöglich macht. Ob LONELY KAMEL hier gemäß dem Prinzip „the third album is gonna make it or break it“ mit „Dust Devil“ der große Wurf gelungen ist oder sie die ganze Zeit schon weitgehend unbemerkt auf solch hohem Niveau durch die Prärie stonern und jetzt nur ein größeres Label im Rücken haben, kann ich mangels Kenntnis der Vorgänger-Alben gar nicht beurteilen, aber das werde ich nun schnellstens ändern. Und das solltet ihr auch.

Wertung: 8 / 10

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