Misery Index Complete Control Coverartwork

Review Misery Index – Complete Control

Der Misery Index, zu Deutsch auch Elendsindex, ist ein Wirtschaftsindikator, der Arbeitslosenquote und Inflationsrate zusammenrechnet. Dass dieser Wert wegen seiner stumpfen Addition nicht komplett brauchbar ist und vor allem für Wahlpopulismus taugt, sei mal dahingestellt – MISERY INDEX jedenfalls prangern unter diesem Banner seit jeher soziales Elend, politische Probleme und die Verfehlungen der Mächtigen an. Auch auf ihrem siebten Langspieler „Complete Control“ zeigen sich die Amerikaner aus Baltimore, Maryland gewohnt sozial- und politikkritisch.

„Administer The Dagger“ beginnt mit einem atmosphärisch-düsteren Intro, direkt danach schütteln MISERY INDEX ein schweinecooles Riff aus den Ärmeln, drücken so richtig aufs Gaspedal und beenden den Track nach einem starken Solo mit einer dicken Hardcore-Passage – der Opener gibt damit einen guten Vorausblick auf die kommende halbe Stunde. Der Titeltrack würzt das ganze sogar noch mit Melodic-Death- und Punk-Vibes, was den Song zu einem überaus spaßigen, tanzbaren Titel macht. Überhaupt scheinen MISERY INDEX so viel Lust auf Melodien und direkte Songstrukturen zu haben wie schon lange nicht mehr. Dass die Strukturen nicht mehr so komplex und wirr sind wie auf den beiden starken Vorgängeralben, ist aber gar nicht so schlimm: „Complete Control“ ist dadurch leichter konsumierbar, etwas eingängiger und macht einfach Bock.

Dass MISERY INDEX auch im 21. Jahr ihres Bestehens wieder brutal und kompromisslos zu Werke gehen, versteht sich von selbst. Die 2019er Vorgängerscheibe „Rituals Of Power“ konzentrierte sich mehr auf die extreme, grindige Seite der Band, während „Killing Gods“ (2014) sehr Death-Metal-lastig war. Auf „Complete Control“ stehen Grindcore und Death Metal eher gleichberechtigt nebeneinander, etwas mehr als zuletzt rückt das Quartett diesmal zudem ihre Hardcore-Wurzeln. Die kommen vor allem im Mittelteil des Albums durch: „Necessary Suffering“ vermengt Geknüppel mit langsamem Hardcore, „Conspiracy Of None“ erinnert an die Hardcore-lastigen Nackenbrecher moderner Kataklysm und das zweiminütige „Infiltrators“ ist ein purer, knackiger Wutausbruch.

„Complete Control“ bietet in seinen straffen 33 Minuten gewohnte MISERY-INDEX-Kost: Die Mischung aus Death Metal, Grindcore und Hardcore ist wie immer technisch sauber und kompositorisch gut umgesetzt, das Album macht von vorne bis hinten Spaß und bietet melodische Brutalität auf hohem Niveau. Für MISEY INDEX wirkt ihre siebte Scheibe jedoch ein wenig wie Nummer sicher: Es gibt nichts Neues, keine Experimente, keine Wagnisse zu hören. MISERY INDEX bewegen sich stets in ihrer Komfortzone, auch lyrisch legen die Herren ihre Finger nicht spezifisch in offene Wunden, sondern kritisieren Regierungen, soziales Fehlverhalten usw. sehr allgemeingültig. „Complete Control“ wirkt wie ein Querschnitt durch 21 Jahre MISERY INDEX, ist damit ein gutes Album ohne Schwächen und Durchhänger, lässt die ganz besonderen Momente aber vermissen.

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Wertung: 7.5 / 10

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