Review Mornir – Dämmerstund

Mit der Single „Hexer“ ließen MORNIR 2019 nach einer mehrjährigen Stilleperiode endlich wieder von sich hören. Es war ein durchaus freudiges Wiederhören, zeigten die Pagan-Metaller auf den beiden enthaltenen Tracks doch denselben Schneid wie auf ihrer EP „Entfesselt“ und punkteten vor allem im energetischen Titeltrack mit einem mitreißenden Ohrwurmrefrain. Da nahm man es den Deutschen auch nicht übel, dass sie ihren Stil nicht wesentlich weiterentwickelt hatten und auf „Herr in Wind und Tälern“ ein wenig über den gehetzten Rhythmus stolperten. Einige Zeit ist seitdem ins Land gegangen, sodass man beinahe vergessen hätte können, dass „Hexer“ eigentlich als Vorgeschmack auf das Full-Length-Debüt der Band gedacht war. Dieses legen MORNIR mit „Dämmerstund“ nun schließlich vor.

Wie schon „Entfesselt“ ist „Dämmerstund“ keineswegs bloß eine Ansammlung von im Wesentlichen gleich aufgebauten Pagan-Metal-Hymnen mit leicht verdaulichen Songlängen von drei bis vier Minuten, sondern ein Album, das als solches gehört werden will und auch die eine oder andere unerwartete Wendung nimmt. So rahmen MORNIR die Platte mit einem bombastischen (und leider etwas zu dick aufgetragenen) Symphonic-Intro und einem besinnlichen Akustik-Outro ein und weichen auch dazwischen nicht ungern von ihrem energiegeladenen Grundsound ab.

Zwischen geradlinigen Up-Tempo-Krachern wie „Flammenschwinge“ und dem griffig treibenden „Tundra“, das außerdem mit einem geradezu euphorischen Solo aufwartet, nimmt sich das Quartett beispielsweise auf „Lebenshauch“ und „Ein Licht“ ein Stück weit zurück und lässt elegant beschwingte Akustikgitarren erklingen. Dass Theresa Mehringer (Munarheim) in den besagten Stücken ihren lieblichen Gesang beisteuert, kommt dem emotionalen Ausdruck zusätzlich zugute. Gerade hier zeigt sich allerdings auch besonders anschaulich, dass MORNIR leider nicht immer um das Pathos, der allzu vielen Veröffentlichungen ihres Genres anhaftet, herumkommen.

Beispielsweise klingt der gelegentlich eingestreute Klargesang übertrieben schwülstig („Bote des Weltenfalls“), mit seinem Rhythmus mutet „Schwarze Wölfin“ ein wenig wie ein alberner Kinderreim an und die Texte, in welchen das übliche, martialisch-verklärte Vokabular in Form von simplen Endreimen bemüht wird („erwacht – entfacht – Schlacht“), sind nicht gerade der Weisheit letzter Schluss. Eine kleine Irritation erlebt manch ein Hörer vielleicht auch im Akustik-Interlude „Aus den Nebeln“, erinnert dieses mit seiner Melodie doch überraschenderweise an den Refrain von Lana Del Reys „Summertime Sadness“ – nicht gerade etwas, das man auf einem Pagan-Metal-Album erwarten würde, aber auch nicht unbedingt etwas Schlechtes.

Im Grunde genommen bringen MORNIR auf „Dämmerstund“ alles mit sich, was eine gelungene Pagan-Metal-Platte ausmacht, und sogar noch mehr: kernige Screams und Growls, pfeilschnelle Gitarrenriffs und Leads, elegant tänzelndes Geigenspiel und kräftiges Drumming. Auch in Sachen Performance und Soundqualität präsentieren sich MORNIR ebenso professionell wie ihre bekannteren, von großen Labels unterstützten Genre-Kollegen. Für eine eigenständig agierende Jungtruppe, die gerade mal ihr Debüt am Start hat, ist dies durchaus beachtlich. Es bleibt somit nur zu hoffen, dass es MORNIR gelingt, ihre Musik in Zukunft noch etwas zu verfeinern – Stichwort Rhythmik – und den Kitsch aus ihr zu verbannen. Mit „Dämmerstund“ hat sich die Band jedenfalls schon mal einen soliden Grundstein gelegt.

Wertung: 6.5 / 10

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