Review Of Mice & Men – Earth & Sky

Lange haben sich OF MICE & MEN nach ihrem krankheitsbedingten Sängerwechsel nicht lumpen lassen und mit „Defy“ im letzten Jahr das erste Album in der Ära mit Aaron Pauley als Frontmann veröffentlicht. Ob die interne Lösung – Pauley war bereits vorher für den Klargesang zuständig – gelingen würde, wurde dabei skeptisch beäugt. Doch die Kalifornier konnten ihre Kritiker in die Schranken weisen, denn gerade Pauleys Shouts überzeugten durch ihren rohen Charakter und klangen weniger glattgebügelt als die seines Vorgängers Austin Carlile. Bereits eineinhalb Jahre nach „Defy“ steht nun das nächste, bereits sechste Album „Earth & Sky“ in den Läden.

Schon weit im Vorfeld des Releases konnten sich Fans über drei veröffentlichte Songs freuen, die allesamt während der diesjährigen Festivalsaison ihre Live-Premieren feiern durften. Die Marschrichtung war dabei ebenfalls schnell vorgegeben: OF MICE & MEN wollten aggressiver und härter klingen als je zuvor und somit gegen den sich in der Metalcore-Szene fortsetzenden Trend schwimmen, massenkompatibler zu werden. Live gelang ihnen dies mit „Mushroom Cloud“, „How To Survive“ und dem Titeltrack „Earth & Sky“ ohne Probleme: Die neuen Tracks verliehen dem Set ordentlich Druck und Dynamik. Die entscheidende Frage bezüglich der neuen Platte ist also, ob dieses hohe Niveau auch auf Albumlänge gehalten werden kann.

Die Frage lässt sich einerseits mit „Ja“, zugleich aber auch mit „Nein“ beantworten. So ist keiner der elf Tracks ein Totalausfall und einzeln betrachtet hätten alle im Vorfeld die Vorfreude auf „Earth & Sky“ befeuert. Allerdings wirkt es auch, als wollten OF MICE & MEN beim Songwriting zu sehr auf Nummer sicher gehen. Stellenweise sind die Songs zu gleichförmig gestaltet und bieten wenige Highlights, die sich im Gedächtnis einprägen. Die Amerikaner brechen dabei nie aus dem gängigen Schema Strophe – Refrain – Bridge/Breakdown aus und verpassen es so, durch kleine Kniffe allen Liedern Wiedererkennungswert zu verleihen. Gerade in der zweiten Hälfte der Platte wird es dazu immer schwerer, Unterschiede bei den Riffs zu entdecken. So sind „The Mountain“, „Meltdown“ und „Linger“ zwar allesamt keine schlechten Stücke, könnten jedoch in beliebiger Reihenfolge angeordnet werden, ohne, dass ein Unterschied zu erkennen wäre.

Neben aller, vielleicht auf den ersten Blick zu drastisch klingender Kritik, muss man OF MICE & MEN aber auch in vielen Aspekten großen Respekt zollen. Der Opener „Gravedancer“ überrascht mit seiner orientalisch angehauchten Melodie, auf dem Titeltrack überzeugt die Band mit eingängigen, verspielten Gitarren sowie einem der fettesten Breakdowns des Jahres und „Pieces“ kann mit tollem Refrain und Solo den Hörer für sich gewinnen. Darüber hinaus kann sich „Deceiver/Deceived“ etwas von der Masse abheben, indem er gänzlich ohne Screams auskommt, ohne dabei an Druck zu verlieren. Ebenfalls beenden OF MICE & MEN die zu homogene zweite Hälfte des Albums mit dem nach vorne preschenden, groovigen „How To Survive“ doch noch mit einem echten Schmankerl.

Insgesamt stellt die etwas härtere Gangart einen Schritt in die richtige Richtung dar und befreit die Kalifornier von ihrem Label als Teenie-Band. Allerdings begeben sich die vier Mannen zu selten aus ihrer Komfortzone heraus, weshalb es den durchweg guten Songs leider etwas an Abwechslung mangelt. So hätte es OF MICE & MEN stellenweise gut getan, den Melodien mehr Platz zur Entfaltung zu geben und das Gas etwas herauszunehmen sowie es öfter zu wagen, neue Elemente in den Sound einzubauen – gelingt gerade dies auf „Gravedancer“ so gut. So liegt am Ende ein gutes Album ohne Ausfälle vor, das dennoch genug Steigerungspotential für zukünftige Releases übrig lässt.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Silas Dietrich

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