Review The Charm The Fury – The Sick, Dumb & Happy

Frontfrauen sind im Metal die Ausnahme. Hinzukommt, dass der Großteil an metallischem Frauengesang bei Bands wie Nightwish oder Within Temptation eher den Bedarf an lieblich-klaren Rockstimmen abdeckt. Insbesondere Gruppen wie Arch Enemy zeigen jedoch mit Alissa White-Gluz (seit 2014) und Angela Gossow (2001–2014), dass Metalcore- und Death-Metal-Stücke durch gutturale weibliche Vocals eine ganz besondere, Mark und Bein erschütternde Note bekommen können.

Mit der Sängerin Caroline Westendorp vereinigen THE CHARM THE FURY in ihrem zweiten Album „The Sick, Dumb & Happy“ beide vorgenannten Arten von Frauenstimmlagen gekonnt. Die 28-Jährige schmeißt dem Hörer einerseits mit ihrer femininen Schmirgelpapierstimme brachiale Shouts entgegen, wie beispielsweise in „Weaponized“. Anderseits beherrscht sie melodiöse Clean Vocals ausgesprochen gut, wie in der tollen Ballade „Silent War“ zu hören ist. Besonderen Wert gewinnt ihre Gesangskunst durch deren Dynamik, indem Westendorp gutturalen und klaren Gesang kombiniert in einem Lied einsetzen kann, wie in „Break And Dominate“ oder in „Echoes“, ohne dass dies etwa künstlich oder gezwungen wirkt.

Ebenso abwechslungsreich zeigt sich das musikalische Grundkonzept der Scheibe. Im Opener „Down The Ropes“ groovt das 2010 gegründete niederländische Quintett den Hörer gekonnt in das Album hinein. Ein anerkennendes Kopfwippen ist da unvermeidbar. In „No End In Sight“ feuern die Amsterdamer Gitarrenriffs heraus, die an Gewehrsalven erinnern und von Westendorp Vocals scharf untermauert werden. Gute Hooks mit hohem Wiedererkennungswert und passende Breakdowns, wie in „The Future Need Us Not“ und „The Hell In Me“, gehören ebenso zum Repertoire der Band wie eingängiges Drumming. Letzteres ist besonders gut in „Blood And Salt“ zu hören, in dem es etwas trister und einen Tick doomiger zugeht.

Zwei Wermutstropfen verbleiben dennoch: Zum einen zeigt sich der Rhythmus nicht so ganz variabel, meist bewegen sich die Songs im Midtempo. Langeweile tritt dennoch nicht auf, da THE CHARM THE FURY in Songs wie „Blood And Salt“ und „Weaponized“ einen Zahn zulegen. Zum anderen hat sich das schwächere Stück „Songs Of Obscenity“ auf die Platte verirrt, das durch eine Mischung aus Groupshouting und wirrem Gitarreneinsatz diffus und konzeptlos wirkt.

„The Sick, Dumb & Happy“ ist ein wirklich gelungenes Werk mit gut abgestimmtem Sound und toller Stimme, wenn es auch nichts Neues erschafft. Erfreulicherweise verschlechtert sich die Qualität der Platte – wenn überhaupt – nur gegen Ende um einen Hauch. Wer in Sommerlaune ist, wird am „Fenster-auf-und-Anlage-aufdrehen“ seinen Spaß haben. Festivalkracher sind ebenfalls dabei, die für den einen oder anderen Moshpit sorgen dürften. Für eine noch höhere Bewertung fehlt allerdings das Innovative und Kreative.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Vincenzo Spitale

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