Review Wage War – Pressure

WAGE WAR – das steht für knackigen Metalcore mit genialen Hooks und einem außergewöhnlichen Gespür für ruhige Momente. Zumindest, wenn man sich das Debütalbum „Blueprints“ und den Nachfolger „Deadweight“ anhört. Nicht umsonst sprachen viele davon, dass WAGE WAR das nächste große Ding in der Metalcore-Szene werden und lobten ihr bisheriges Schaffen in den Himmel. Dementsprechend groß war die Vorfreude auf das dritte Album „Pressure“, die nicht mal das unglaublich hässliche Cover trüben konnte.

Sind es also die hohen Erwartungen an das Album, der höher werdende Druck auf die Band, abliefern zu müssen, oder doch einfach der Ruf des Geldes, der „Pressure“ zu einer der größten Enttäuschungen des Jahres macht? Denn was die Band um Shouter Briton Bond auf ihrem neuesten Werk zu bieten hat, ließe sich am ehesten damit erklären, dass Jan Böhmermann seine Finger im Spiel hat und alles als WAGE-WAR-Gate in die Geschichte eingeht. Zumindest die auf Max-Giesinger-Niveau gehaltenen Lyrics lassen dahingehend noch nicht jegliche Hoffnung verblassen. Denn selbst ein pubertierender Junge mit Liebeskummer würde tiefsinnigere Texte schreiben als WAGE WAR: Songzeilen wie „We’re perfect on the outside, broken on the inside“ („The Line“) oder „It still hurts, it feels like everything just gets worse“ („Hurt“) sorgen in Kombination mit den aus der Konserve genommenen Hooks für reichlich Fremdscham. Zwar kann nicht jeder ein moderner Lyriker wie Caseys Tom Weaver sein, jedoch sollte man ein gewisses Grundniveau erwarten können. So hat die Band es doch bereits geschafft, in ihren Balladen „Gravity“ und „Johnny Cash“ Emotionen wie auch Authentizität zu kombinieren.

Ein Album aufgrund der Lyrics als schlecht zu bezeichnen, wäre nicht fair. Wäre da nicht das Problem, dass WAGE WAR nicht nur unterirdische Texte schreiben, sondern darüber hinaus auch musikalisch grob unsportlich agieren. Aufgewärmte 08/15-Riffs treffen auf „Oh-ohs“ und „uh-uhs“. Mit grauenhaften elektronischen Einsprengsel anstatt kantigen, harten Gitarren und übermäßig viel Clean-Gesang anstatt Bonds markanten Shouts wirft die Band alles über Bord, wofür WAGE WAR bislang standen. Dabei kann man Clean-Sänger Cody Quistad nicht mal einen Vorwurf machen – der arme Kerl versucht zumindest, die peinlichen Lyrics emotional klingen zu lassen. Weshalb man einen der besten Shouter der Szene jedoch über weite Strecken links liegen lässt, sorgt für größeres Unverständnis als der Erfolg beliebiger RTL-Formate. Vielleicht gilt die Zeile „For you I don’t exist“ aus dem Gassenhauer „Stitch“ vom 2017er-Werk „Deadweight“ ja seinen Bandkollegen …

Während Songs wie „Prison“, „Me Against Myself“ oder „Grave“ zumindest nur langweilig klingen, sind „Hurt“ und „Forget My Name“ mit ihrem Autotune-Geheule das wohl scheußlichste, das dieses Jahr im Metalcore auf den Markt kam. Fast schon ironisch sind dabei die Titel beider Songs. Was den Frust letztendlich in pure Enttäuschung umschwingen lässt, sind zwei weitere Erkenntnisse: Einerseits wollen klassische WAGE-WAR-Songs wie „Who I Am“ oder „Fury“ nicht zünden, da die Riffs weder Wiedererkennungswert noch richtige Power bieten. Andererseits beweist die Band mit „Ghost“, „Low“ und „Take The Fight“, wie viel Potential doch in ihr steckt und wie gut das Album hätte werden können.

Anstatt eines Diamanten, wie das Cover verspricht, verbirgt sich hinter „Pressure“ nur heiße Luft. Der Großteil der Platte besteht aus uninspiriertem Musizieren ohne Spannungsbogen, sodass selbst Mario Barths Witze besser zünden als die hier gebotenen Songs. Ob also zu hoher Druck zu überhastetem Songwriting geführt hat oder die fünf Männer einfach dem Ruf des Geldes folgen wollten, können sie wohl nur selbst beantworten. Fakt ist aber, dass es mit solch einem Machwerk selbst in massentauglichen Gefilden schwer wird, Erfolg zu haben.

Wertung: 3 / 10

Publiziert am von Silas Dietrich

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