Interview mit Crister "Mats" Olsson von Ereb Altor

Bei EREB ALTOR ging es auf den letzten Jahren oft um Feinabstimmung. So auch auf ihrem neunten Studioalbum „Vargtimman„. Wie die Schweden rund um Crister Olsson die Balance zwischen epischen und harschen Elementen finden, welchen Themen man sich auf „Vargtimman“ widmet und warum das Wetter einen so großen Einfluss auf das kommende Isole-Album hat, erfahrt ihr in diesem Interview.

Ereb Altor Log Metal1

Hi Crister, würde gerne mit der letzten EP „Eldens Boning“ einsteigen. Soweit ich das richtig verstanden habe, sind diese vier Lieder in der Session zum Album entstanden. Warum haben sie nicht aufs Album gepasst?
Wir hatten einfach zu viele Lieder und mussten ein paar aussortieren. Da wir auch mitten in der Pandemie waren und nicht live auftreten konnten, dachten wir, dass es eine gute Idee sei eine Veröffentlichung einzuschieben. Damit du als Band sichtbar bleibst. Wenn du eine EP zusammenstellst, kannst du etwas experimenteller sein. Du musst nicht den Regeln eines Albums folgen. Wir haben also versucht vier sehr unterschiedliche Songs für die EP auszuwählen. Darunter eine Akustiknummer, eine epische Hymne und ein eher Black-Metal-orientiertes Stück. Ein Album muss aus unserer Sicht kohärenter sein. Nicht, dass wir auf dem Album weniger Elemente vereinen würden. Es ist uns aber besser denn je gelungen diese miteinander zu kombinieren. Der Schlüssel hier war mit Sicherheit, dass wir vier Lieder im Vorhinein anders veröffentlichen konnten. Ich kann aber nicht sagen, dass die vier Songs nun schlechter waren als die acht, die am Ende auf dem Album gelandet sind.

Manchmal ist es so, dass Bands ihre B-Seiten noch einmal nach einer Veröffentlichung nachschieben. So fühlt sich die EP auf jeden Fall nicht an.
Die B-Seiten von EREB ALTOR werden nie veröffentlicht werden. Wir schreiben lieber etwas Neues. Ich sehe keinen Grund darin etwas herauszubringen, dass ich selbst nicht als gut genug empfinde.

Wie ist die EP denn angekommen? Hat es die Aufmerksamkeit bekommen, die ihr euch gewünscht habt?Ereb Altor Eldens Boning Metal1
Ja, es lief ganz gut. Gerade die Akustik-Nummer „Fenrisulven“, wurde sehr gut aufgenommen. Damit hätte ich nicht gerechnet. Wir sind keine Akustik-Band. Ich hatte diesen Song in zwei Varianten geschrieben. Die zweite Version des Liedes, mit verzerrten Gitarren, ist jetzt auf dem Album als „Fenris“ zu hören. Vielleicht sollten wir mal ein Akustik-Album in der Zukunft aufnehmen. Wahrscheinlich aber eher nicht. (Lacht)

Dann lass uns mal über das Album sprechen. Zuallerst würde ich gerne wissen, ob das „Vargtimman“ eine Art Konzeptalbum über Ragnarök ist. Denn dieser Mythos wird oft auch als Wolfszeit beschrieben.
Damit hat es ehrlich gesagt gar nichts zu tun. Du bist aber nicht die erste Person, die den Titel missinterpretiert. Wenn du kein Schwede bist, ist es aber auch schwer dahinterzukommen. Vargtimman ist ein alter schwedischer Ausdruck für die letzte Stunde eines Lebens. Oft wird damit die Stunde vor dem Sonnenaufgang beschrieben, zu der die meisten Menschen sterben. Zu dieser Zeit wirken die Geister, nach den Legenden, am stärksten. Das Bild auf dem Cover des Albums reflektiert das auch. Dort ist der personifizierte Tod zu sehen, der einen alten, sterbenden Mann ins Reich der Toten begleitet. Es geht hier also hier eher um eine alte Legende, wir schreiben nicht nur über Mythologie. Aber jeder denkt, dass es über Ragnarök ist. (Lacht) Das ist aber, wie gesagt, auch kein Problem. Das Wort an sich wurde auch von Ingmar Bergmann genutzt, dem schwedischen Filmemacher.

Eine andere Sage, die ihr auf dem Album aufgegriffen habt, ist den des Elfenblutes. Kannst du mir mehr über „Alvablot“ erzählen?
Als „Blot“ wird ein Opfer in der nordischen Mythologie beschrieben. Es gibt vier „Blots“ während eines Jahres. Heute existiert es immer noch, aber eben in einer christlichen Interpretation. Heute ist es Allerheiligen, an dem wir unseren verstorben Lieben gedenken. Damals hieß das Fest eben noch „Alvablot“. Das Ehren und Gedenken der Verwandten.

Nun habt ihr auf dem Album aber nicht nur Lieder mit schwedischen Texten, sondern auch einige mit englischen. Damit tue ich mir ehrlich gesagt immer etwas schwer. Warum geht ihr nicht den Schritt zu komplett schwedischen Songs?
Wenn ich Texte schreibe, dann entscheide ich oft nicht im Vorhinein, welche Sprache ich wähle. Ich wollte eigentlich schon immer auf Schwedisch schreiben, dachte aber, es wäre eventuell zu kitschig und schwierig. Über die Jahre habe ich es aber lieben gelernt. Auf schwedisch zu schreiben, gibt mir die Möglichkeit mich poetischer auszudrücken. Es passt auch sehr gut zu unserer Musik. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir in der Zukunft komplett umsteigen werden. Manchmal klingt es auf Englisch besser oder funktioniert auf Schwedisch nicht so gut.Ereb Altor Metal1

Es ist also eher ein Gefühl, nachdem du das aussuchst, kein ausgeklügelter Plan?
Genau. Es kann auch passieren, dass ich den Text auf beiden Sprachen verfasse und später entscheide.

Du hast vorhin schon einmal erwähnt, dass „Vargtimman“ euer bislang rundestes Album sei. Das sehe ich ähnlich. Gerade die Mischung aus Black und Epic Metal funktioniert hier noch besser als in der Vergangenheit – nicht, dass sie in der Vergangenheit schlecht gewesen wäre. Wie schwierig ist es aber für euch die Unebenheiten und Unstimmigkeiten im vorherigen Material zu finden und diese dann, wie auf „Vargtimman“, auszubessern?
Das ist wirklich sehr schwierig. Und ich habe nun seit Jahren versucht dieses Album zu schreiben. Ich hatte es immer wieder versucht, es aber bislang nie geschafft. Du musst eben üben, üben, üben. Irgendwann wirst du dann die richtige Balance zwischen den Elementen finden. Das vorherige Album war meiner Meinung nach etwas zu hart. Ich hatte darauf den epischen Anstrich ein wenig verloren. Damit war ich nicht zufrieden. Deshalb musste ich einen Schritt zurücktreten und herausfinden, wie die Mischung funktionieren kann. Vielleicht bin ich nun auf dem richtigen Weg.

Ja, ich stimme dir hier zu. Für mich war „Järtecken“ auch zu direkt.
Wir haben dieses Mal auch mit ein paar Dingen experimentiert, die wir vorher nicht versucht hatten. Es gibt eine Hammond-Orgel zu hören und wir haben dissonante Akkorde verwendet. Auch der Gesang von Ragnar und mir wurde mehr nach alten schwedischen Folk-Regeln geschrieben. Darüber hinaus verwenden wir viele Ebows im Hintergrund anstelle von Keyboards.

Und geht das dann nur auf Übung und Erfahrung zurück, die richtigen Instrumente und Elemente zu finden?
Es hat viel mit Trial-and-Error zu tun. Ich habe immer eine Vision, wie es am Ende klingen soll. Wie ich aber dorthin komme, ist oft unklar. Tord, der bei uns Schlagzeug spielt und auch als Produzent fungiert muss dort oft helfen. Ich erzähle ihm, wie es sich in meinem Kopf anhört und er versucht mit mir zusammen die Klänge herzustellen. Welche Schichten man stapeln muss und so weiter.

Ist es dabei von Anfang an klar, welche Teile eher in Richtung Black Metal und welche in Richtung klassischem Heavy Metal gehen?
Das kann sich laufend verändern. Alles kann auf viele verschiedene Arten gemacht werden. Ich verbringe sehr viele Stunden alleine im Studio um herauszufinden, wie ein Lied am Besten funktioniert. Unzählige Stunden. Oft fängt es für mich mit einer Melodie im Kopf an, wenn ich gerade mit dem Hund Gassi gehe. Dann singe ich sie vielleicht im Studio ein und baue ein Arrangement darum. Dieses kann aber unzählige Male verändert werden. Sogar noch ein paar Tage vor den Aufnahmen, kann es komplett anders sein. Manch ein epischer Teil mag zu Beginn noch ein Black-Metal-Stück gewesen sein und dann entschließen Tord oder ich, dass man es etwas ruhiger angehen sollte. Es fühlt sich an, als würde man etwas aus Lehm bauen. Es braucht viel Zeit und viel Diskussion. Ich schreibe zwar die Musik, arbeite das Endresultat aber nicht allein aus.

Also gibt es da draußen Demos mit den gleichen Grundsongs, aber in einem anderen Stil?
Die gibt es, aber ich glaube nicht, dass ich die jemals veröffentlichen werden. Die sind nur für den privaten Gebrauch geeignet. (Lacht) Meine Festplatte ist voll von dem Scheiß.Ereb Altor Vargtimman Metal1

Ich finde das sehr interessant, denn vor allem auf der zweiten Hälfte des Albums, auf Liedern wie „Den Dighra Döden“ und „Ner I Mörkret“ findet ihr, meiner Meinung nach, die perfekte Balance zwischen den Stilen. Ich würde gerne hier die Vorversionen hören, wie die Songs vor ihrem finalen Status geklungen haben.
Das sind die guten Seiten, ein eigenes Studio zu besitzen. Du kannst stundenlang Sachen ausprobieren. Wenn du es nach Stunden bezahlen müsstest, könntest du nicht so vorgehen. Dann müsste alles von Anfang an feststehen. Nun kannst du quasi unendlich viel Zeit darin versenken.

Du hast schon die Hammond-Orgel erwähnt, die wird auf dem ersten Track von Lars Nedlund von Borknagar gespielt, richtig?
Genau, auf „I Have The Sky“. Da ist das Instrument auch etwas prominenter im Mix.

Gibt es sonst noch Gäste auf dem Album? In der Vergangenheit habt ihr auch schon mit Geigern zusammengearbeitet.
Nur in den größeren Chören singen noch ein paar Jungs von Isole mit. Darüber hinaus gibt es keine Gäste. Auf der EP hatten wir einen Violinisten. Vielleicht hätten wir auch auf dem Album mit ihm zusammenarbeiten sollen, aber manche Leute bekommt man schlecht zu fassen. Wir haben ihn oft gefragt. Aber mit Lars ging alles sehr leicht. Wir kannten ihn schon, weil wir vor Jahren mit Borknagar auf Tour waren, und haben ihm eine Mail geschrieben. Er nahm dann seine Spuren in Norwegen auf und hat sie uns zugesendet.

Durch die Pandemie hattet ihr nun wesentlich mehr Zeit als sonst an einem Album zu arbeiten. War das positiv oder eher negativ für die Produktion? Ich sehe die Gefahr, dass man sich in Details verliert, wenn man zu viel Zeit an der Hand hat.
Das mag sein, aber meine Kollegen retten mich da eigentlich immer, wenn ich zu tief in einem Detail versunken bin. So viel mehr Zeit hatten wir dieses Mal aber auch nicht. Im August des letzten Jahres hatten wir hier eine Überflutung. Auch das Studio war davon betroffen und das Gebäude muss nun abgerissen werden. Ich bin nun seit gut fünf Monaten ohne Arbeitsplatz. Das ist relativ schlecht, denn eigentlich habe ich sehr viele Ideen und kann diese nicht aufnehmen. Sie bauen aktuell ein neues Gebäude, das wird aber erst im März fertig sein. Eigentlich fange ich immer recht früh an, neues Material zu komponieren. „Vargtimman“ habe ich zum Beispiel begonnen, da war „Järtecken“ noch nicht veröffentlicht. Nun wurde ich ausgebremst. Meist benötige ich ein bis zwei Jahre, um meine Lieder fertigzustellen. Die Pause zwischen den Alben könnte dieses Mal etwas länger ausfallen. Aber vielleicht ist das auch eine gute Sache, veröffentlichen wir nun schon seit vielen Jahren im Zweijahrestakt Platten. Wer weiß.

Die Überflutung muss aber sehr heftig gewesen sein, wenn nun das gesamte Gebäude abgerissen werden muss, oder?
Ja, es stand gut ein Meter Wasser in manchen Teilen des Gebäudes. Wir hatten aber noch sehr viel Glück. In unserem Studio war nur ein Zentimeter Wasser. Wir konnten also das gesamte Equipment, alle Computer und das Mischpult retten. Danach mussten wir alles aber lagern. Sie hatten angefangen das Gebäude zu trocknen und zu renovieren, aber irgendwann nach ein paar Monaten kamen sie auf mich zu und haben mir gesagt, dass es zu teuer sei alles wiederherzustellen. Nun bauen sie stattdessen Wohnungen dort hin. Es ist sehr schwierig ein Studio oder einen Proberaum zu finden. Es ist dort sehr laut, das heißt, du kannst keine Nachbarn haben. Wir haben aber zum Glück jemanden gefunden, der aktuell Proberäume baut. Da haben wir gleich drei gemietet und werden dann darin auch unser Studio unterbringen. Wir benötigen viel Platz, denn wir haben viel Zeug zusammengesammelt.

Sind Isole, deine andere Band, davon auch betroffen?
Ja, das war das gleiche Gebäude. Da trifft es uns aber noch härter. Wir hatten die Aufnahmen begonnen und es fehlten eigentlich nur noch ein paar Gesangsspuren und Lead-Gitarren. Nun mussten wir alles verschieben, bis wir wieder weiteraufnehmen können. Selbst wenn wir das Album vor dem Sommer fertigstellen, bei den Wartezeiten auf Vinyl, die aktuell neun Monate betragen, müssten wir bis 2023 warten, bis es dann erscheint. Du verlierst auch Dinge aus dem Fokus, wenn so etwas passiert. Ich kann mich zum Beispiel nicht mehr an jedes Detail in jedem Lied erinnern. Das ist total verrückt, aber irgendwann wird das Album erscheinen!

EREB ALTOR haben mal als Nebenprojekt von Isole begonnen. Wie ist das Verhältnis zwischen EREB ALTOR und Isole heutzutage?
Für mich ist EREB ALTOR heute die Hauptband. Mit ihnen sind wir, wenn gerade keine Pandemie ist, Touren und Alben. Bei Isole besteht das Problem, dass Doom Metal nicht der populärste Stil da draußen ist und du bekommst nicht so viel Gigs. Ich liebe es mit ihnen zu spielen. Aber wenn ich mich zwischen ihnen entscheiden müsste, würde ich jederzeit EREB ALTOR wählen. Wenn es zum Beispiel ein Konzert am gleichen Tag geben sollte, würde ich den Isole-Gig absagen. Dadurch, dass Isole aber eben nicht so oft spielen, passiert das zum Glück sehr selten. Außerdem leben die Mitglieder von Isole nicht alle in der gleichen Region. Wir treffen uns daher sehr selten, was alles schwieriger macht. Meist treffen wir uns nur einmal im Jahr zum Proben, wenn eine Tour oder so ansteht. Dann kommen wir zusammen und proben. Auch für das Album haben wir nicht vorher geprobt, sondern kamen einfach zusammen und haben es aufgenommen. Du musst zuhause eben sehr viel üben.

Gut, dann hoffe ich, dass man auf das Isole-Album nicht allzu lange warten muss und euer neues Studio bald fertiggestellt sein wird! Danke dir für das Interview und viel Erfolg mit „Vargtimman“!
Danke dir!

Publiziert am von Manuel Stein

Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

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