Interview mit Julien Prat von Ixion

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Auf ihrer letzten Platte „Return“ haben die Franzosen IXION ihren Sound merklich neu ausgerichtet. Dem einst eher düsteren, mysteriösen Doom Metal sind hellere, leichtere Songs mit Post-Rock-Anleihen und Akustik-Parts gewichen. Was diese andere Herangehensweise mit dem Vorgängeralbum „Enfant De La Nuit“ zu tun hat, wieso die Band dennoch niemals ganz auf Metal-Stilmittel verzichten wird und warum Bandleader Julien Prat von den Genre-Vorreitern Paradise Lost zuletzt ein wenig enttäuscht wurde, erfahrt ihr im folgenden Interview mit dem Sänger und Multi-Instrumentalisten.

Ich grüße dich! Vielen Dank, dass du uns ein paar Fragen beantwortest. Wie fühlst du dich?
Nun, uns geht es gut! Und danke für dein Interesse! Wir stecken immer noch in der Phase, die auf den Release folgt, gehen es ein bisschen langsamer an, sehen uns die Reaktionen auf unser letztes Album an… Und momentan wechsle ich gerade wieder in den „Kompositionsmodus“ und bringe mein Heimstudio auf den neuesten Stand, bevor ich wieder mit dem Produzieren anfange.

Ihr habt mit „Return“ zuletzt euer drittes Album veröffentlicht. Hast du das Gefühl, dass ihr inzwischen bereits eine Routine als Band entwickelt habt?
Für mich gibt es vorerst keine Routine: Wir erkunden unser musikalisches Universum in unserem Tempo und ich denke, es ist groß genug für signifikante Variationen.
Außerdem hat sich der ganze Prozess verändert: Obwohl ich der Hauptsongwriter geblieben bin, war IXION ursprünglich ein Duo mit Thomas, mit Yannicks Hinzukommen dann ein Trio und auf unserem letzten Album haben wir wieder als Duo gearbeitet, nur eben diesmal mit Yannick und mir.

In unserem letzten Interview habt ihr erwähnt, dass ihr bereits ein zweites Album geplant hattet, für das ihr die Songs bereits komponiert hattet. Ist „Return“ tatsächlich aus diesen älteren Stücken entstanden?
Ja, exakt: Damals zwischen 2012 und 2013 hatte ich ungefähr zwanzig Tracks komponiert, davon wurde die eine Hälfte für „Enfant De La Nuit“ und die andere für „Return“ verwendet. Grundsätzlich haben wir die düstersten für „Enfant De La Nuit“ und die hellsten für „Return“ verwendet. Es ist aber ein bisschen durchmischt, da es auf beiden auch melodischere Gothic-Tracks gibt.
Die terrestrischen und ozeanischen Themen kamen auf „Return“ allerdings erst etwas später dazu, was während der Aufnahmen zu ein paar neuen Arrangements und Interpretationen geführt hat.

Ich nehme mal an, der Titel bezieht sich nicht nur auf eure Rückkehr durch diesen Release. Worum geht es textlich auf der Platte und was hat der Titel damit zu tun?
Der Titel betrifft die Geschichte, die das Album erzählt: Die Rückkehr der Crew eines Raumschiffs zur Erde nach hunderten von Jahren einer interstellaren Reise. Der Planet ist für sie nicht wiederzuerkennen, komplett überflutet und sie finden heraus, dass die Menschheit einen neuen Pfad finden musste…

Wie es das Artwork nahelegt, habe ich das Gefühl, dass euer neues Album etwas leichter und luftiger ist als sein Vorgänger. Was ist der Grund dafür?
Wie bereits erwähnt, war es eine bewusste Entscheidung, ein helleres Album zu machen. Wir wollten unsere Post-Rock- und Cold-Folk-Einflüsse mit Doom Metal und Ambient mixen und sowohl Clean- und Akustikgitarren als auch Klargesang präsenter einsetzen. Ich denke, wir tendieren dazu, auf jedem unserer Alben ein anderes Licht auf unser musikalisches Universum zu werfen und dieses hier ist besonders erhellend (zumindest für eine Doom-Metal-Veröffentlichung, meine ich).

Die Keyboards haben bei euch schon immer viel Raum eingenommen. Diesmal scheint ihr euch jedoch noch ein Stück weiter vom Metal entfernt zu haben. War das eure Absicht?
Das ist eine indirekte Konsequenz dieser strahlenderen Ausrichtung. Der Melodic-Doom-Metal-Kern ist immer noch in jedem Track enthalten (während des Mixings haben wir uns überlegt, dass wir auch ein paar „Metal-Only“-Mixe veröffentlichen könnten, um das zu zeigen), aber dieser Kern ist mehr von Keyboards und anderen Reverb-Sounds überlagert. Unser Ziel war es, dem Hörer ein Gefühl zu geben, als schwebte er in der Atmosphäre oder im Ozean.
Abgesehen von den analogen Saiten habe ich zugegebenermaßen mehr mit 70er/80er Synthesizer-Klängen herumprobiert, wie etwa das Pad, das ich am Ende von „Into Her Light“ einsetze… Ich liebe einfach diese Sounds!

Könntet ihr euch auch vorstellen, mal ein reines Keyboard-basiertes Album zu machen?
Ich denke, nicht. Ich liebe Doom Metal genau so wie ich Ambient und elektronische Musik liebe, und unsere Identität basiert auf dieser Kombination. Diese Genres können gleichgewichtig gemischt werden, aber es sollte auch interessant sein, ein paar Umbrüche zwischen härteren Metal-Parts und reinen Ambient-/Electro-Passagen zu kreieren.

Wie fiel das Feedback auf eure kleine stilistische Veränderung aus? Haben sich manche davon vor den Kopf gestoßen gefühlt?
Es gab zwei Arten von Reaktionen auf „Return“ und ich muss sagen, dass wir das so erwartet hatten. Wir respektieren beide Blickwinkel: Manche lieben das Album sehr, anderen ist es zu hell.
Ich denke, es reicht nicht, ein Atmospheric-/Funeral-Doom-Fan zu sein, um dieses Album zu mögen. Vielleicht sollte man auch Ambient und Post-Rock etwas abgewinnen können – in jedem Fall aber zumindest grundsätzlich auch Nicht-Metal-Genres. Man braucht einen breit gefächerten Geschmack, um es wertschätzen zu können. Zum Glück ist das bei den meisten unserer Fans der Fall, was nicht verwunderlich ist, da wir schon immer mit dieser Kombination bearbeitet haben.
Das Feedback ist insgesamt jedenfalls weitgehend sehr positiv!

Seit dem Release ist bereits einige Zeit vergangen. Wenn du darauf zurückblickst, gibt es etwas, das du inzwischen daran ändern würdest oder bist du damit vollauf zufrieden?
Wenn du direkt im Prozess der Produktion involviert bist, gibt es immer ein paar Sachen, die du gerne verbessern würdest – selbst, wenn es manchmal nur kaum hörbare Details sind!
Insgesamt sind wir aber sehr zufrieden mit „Return“, den einzelnen Tracks, der Produktion, der Konsistenz zwischen der Musik, der Geschichte und der Visualisierung…

Mit „The Dive“ habt ihr dem Track „Fade To Blue“ von eurem Debüt eine Fortsetzung verpasst. Inwiefern sind die beiden miteinander verbunden und warum wolltet ihr gerade diesen Song weiterführen?
Beide Songs handeln davon, dass man diese Welt verlässt und sich im Ozean auflöst, buchstäblich (auf „Return“) oder in einem letzten Traum (auf „To The Void“). Außerdem sind beide durch den Einsatz keltischer Instrumente verknüpft. Ich mag es, auf manchen Tracks mit diesen Einflüssen zu spielen, vor allem mit dem Dudelsack, der solch ein melancholisches Instrument ist. Als ich „The Dive“ komponiert hatte, hatte ich die Idee, dass es eine Art Fortführung war, ein anderer Teil desselben Konzepts.

Gibt es einen Track auf „Return“, den du für besonders gelungen erachtest? Falls ja, welcher und aus welchem Grund?
Ich bin da vielleicht ein bisschen oldschool. (lacht) Ich mag es, mir ganze Alben anzuhören und liebe „Return“ daher als musikalische Reise, wobei ich hoffe, dass das auch für unsere Fans gilt.
Und ich habe eine ganz bestimmte Affinität zu jedem einzelnen Song: Zu „Into Her Light“ wegen seiner Kontraste, zu „Hanging In The Sky“ wegen seiner Post-Rock-Schattierungen und seines epischen Finales, zu „Contact“ wegen seiner progressiven Art, zu „World Of Silence“ wegen seiner Emotionen, zu „The Dive“…

Wie bereits erwähnt hattet ihr schon zur Zeit eures letzten Albums einen weiteren Release über Finisterian Dead End geplant. Nun, da es so weit ist, werdet ihr weiterhin bei dem Label bleiben oder euch nach einem neuen umsehen?
Es läuft gut mit Finisterian Dead End, sowohl professionell als auch auf menschlicher Ebene und wir werden sicherlich mit Freuden auch in Zukunft nochmal miteinander kollaborieren!
Natürlich wären wir auch stolz, von einem größeren Label unter Vertrag genommen zu werden (wie ich weiß, wäre Laurent auch froh darüber), aber in unserem speziellen Universum werden wir uns wohl ein moderat großes, aber passioniertes Publikum erhalten!

Was sind ansonsten eure nächsten Pläne für IXION? Habt ihr schon Ideen, in welche Richtung ihr euch auf dem nächsten Album bewegen wollt?
Für uns ist es gerade eine erfrischende Zeit, denn es gilt, eine leere Seite zu beschriften!
Ich habe aber schon viele Ideen und musikalische Bruchstücke gesammelt sowie ein paar Konzepte, die wir erforschen können. Ein Wunsch von mir wäre eine richtig düstere und kalte Platte als gewissen Gegenpol zu „Return“, in etwa nach dem Vorbild des Tracks „Doom“ von „Enfant De La Nuit“.

Beenden wir das Interview nun wieder im Sinne unserer Tradition mit dem Metal1.info-Brainstorming:
Paradise Lost – „Medusa“: Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Ich bin ein richtig großer Fan von Paradise Lost und liebe die meisten ihrer Platten/Phasen, die sich mir alle eingeprägt haben. Allerdings bin ich etwas zurückhaltender bei ihren letzten „Back-To-The-Roots“-Alben. Das hat direkt mit meinem Geschmack zu tun: Ich ziehe es vor, wenn sie alle ihre Facetten miteinander mischen (Keyboards und Metal, Reverb, Delay auf den Gitarren…), also sind mir Alben wie zum Beispiel „Draconian Times“, „Symbol Of Life“ und „In Requiem“ einfach lieber!
Emmanuel Macron: Ich mag es nicht, Kunst mit Politik zu mischen, aber ich kann sagen (hierbei spreche ich nur für mich), dass ich in Bezug auf ihn und seine möglichen Errungenschaften neugierig bin – Frankreich muss reformiert werden und ich schaue mit Vorsicht und Interesse darauf, was in meinem Land vor sich geht. Ich denke, ich gehöre zur „Weder-Links-Noch-Rechts“-Generation und mag deswegen keine Extreme!
Post-Rock: Es mag manche überraschen, aber das ist unsere hauptsächliche musikalische Verbindung mit Yannick!
Sigur Ros gehören zu meinen musikalischen Göttern: Ihre Musik ist fragil und doch kraftvoll mit rauen Rock-Momenten, melancholisch und manchmal kindlich, atmosphärisch… Eine perfekte Kombination für mich. Und mich hat letztens ihre Live-Performance umgehauen. Ich finde, es liegt eine Aufrichtigkeit und Perfektion in dem, was sie tun! Ich mag auch einige Tracks von Mogwaï, Godspeed You! Black Emperor
Französische Lieblingsspeise: Ich liebe Speisen aus verschiedenen französischen Regionen: Savoyarde-Fondue, Bœuf bourguignon, britannische Galette… und ich mag insbesondere Essen aus der Provence.
Extreme Metal: Abgesehen von extremem Doom höre ich nicht allzu viel aus dieser sehr weitläufigen Kategorie, da ich, wie du dir wohl denken kannst, hauptsächlich nach Melancholie, Melodien und Atmosphäre suche. Aber ich respektiere ihn, sofern er aufrichtig gespielt wird und nicht als Pose, um „die extremste Band auf dem Markt“ zu sein.
IXION in fünf Jahren: Zwei neue Alben, hoffe ich!
Natürlich würden wir gern mehr Leute berühren – aber zuallererst wollen wir unserer musikalischen Identität treu bleiben und unser Universum erweitern.
Der Traum, live zu spielen, ist auch noch da, aber dem stehen immer noch dieselben Schwierigkeiten entgegen.

Danke nochmal, dass du dich mit uns unterhalten hast. Die letzten Worte gehören dir:
Danke fir für dieses Interview. Wir hoffen, dass unsere Musik weiterhin Fans und Hörer auf eine Reise, fern von ihrem alltäglichen Leben, mitnimmt!

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