Interview mit Herbst von Lantlôs

Bereits mit „.neon“ hatten LANTLÔS dem Black Metal quasi den Rücken gekehrt – was das deutsch-französische Duo unter der Führung von Songwriter Herbst dieses Mal abgeliefert hat, ist hingegen, sieht man von einigen Doom-Einsprengseln ab, astreiner Post Hardcore.
In einem ausführlichen Interview erklärte uns Herbst nicht nur, warum „Agape“ trotz des Titels ein extrem negatives Album ist, sondern auch, warum er gerne einmal mit den Deftones spielen würde…

Hallo Markus, wie geht es dir, alles soweit in Ordnung?
Hm ja, ein bisschen im Stress, aber ansonsten soweit alles in Ordnung – und bei dir?
Ich kann nicht klagen, danke der Nachfrage. Stress privater Natur, oder mit der Promotion für dein neues Album?
Beides… auf der Arbeit ist viel zu tun, Prüfungsstress, heute hab ich dann noch ein Interview, lernen muss ich auch noch…duschen und die ganze Scheiße… (lacht)

Macht das Interviews beantworten noch Spaß, oder artet es schon in Arbeit aus?
Interviews, finde ich, machen nie Spaß…
Na das ist ja eine gute Voraussetzung… (lachen)
Ja, ne, das tut mir leid, dass ich dir das jetzt so sagen muss, aber letztendlich ist es immer wieder das Selbe zu den selben Fragen sagen… aber na ja, es bringt ja auch was, deshalb mach ich das ja auch…

Gibt es spezielle Fragen, die dich schon jetzt besonders nerven? vielleicht kann ich die ja geschickt umschiffen… ;)
Ach… was mich nervt, ist beispielsweise, wie ich mit Neige zusammengekommen bin, oder der Name, wo der herkommt, diese ganzen typischen, biographischen Fragen…
…die man schon zum ersten Album in allen Interviews beantwortet hat…
Ganz genau, ja. (lacht)
Da frage ich mich dann aber auch immer, warum die Leute so was nicht einfach nachlesen, anstatt es zum 300. Mal zu fragen…
Ja, ich mach da dann immer copy&paste, dann hab ich damit nicht so viel Arbeit…

Tja, das geht vielleicht bei mail-Interviews… live gestaltet sich das ja eher schwierig ;)
Aber kommen wir zu deinem neuen Album, „Agape“.
Was mir in der Vorbereitung zu dem Interview aufgefallen ist, ist, dass unser letztes Gespräch, damals zum Release von „.neon“, grade mal ein Jahr her ist. Liegt das daran, dass du beim letzten Album eine Release-Verzögerung hattest, und parallel schon neues Material geschrieben hast, oder warst du dieses Mal nur besonders schnell?

Nein, das war genau wegen dieser Verzögerung, wie du sagst: Die „.neon“-Platte war ja schon zwei Jahre lang fertig, bevor sie raus gekommen ist, und ich hatte dann das neue Album schon fertig, als „.neon“ raus gekommen ist. Ich weiß gar nicht mehr, wann „.neon“ raus gekommen ist, irgendwas in Richtung Spätsommer oder Juni oder so (A.d.Red.: 14.06.10) und im Juli hab ich dann die Neue schon fertig aufgenommen gehabt… oder war das im Juli diesen Jahres? Jedenfalls lag das an dieser Verzögerung, genau…

Im letzten Interview hast du auf eine Frage zum nächsten, also dem jetzt aktuellen Album gesagt „Ich möchte nicht zu viel zum dritten Album sagen, aber es ist ein extrem negatives Album, das sich sozusagen von Dir ernährt.“
Nun steht das gute Stück in den Läden und heißt ausgerechnet „Agape“, nach dem altgriechischen Wort für die nicht-körperliche Liebe – das klingt für mich jetzt nicht „extrem negativ“, muss ich sagen. Könntest du uns vielleicht erklären, was du mit dem Begriff verbindest, und wo du das Negative in dem Album siehst? Auch Musikalisch finde ich das Album persönlich nämlich deutlich „fröhlicher“ oder zumindest freundlicher als „.neon“…

Also ich finde nicht, dass das Album fröhlich klingt…
Nein, fröhlich ist das falsche Wort, aber…Ja, aber ich finde auch nicht, dass es… also ich meine, vielleicht sind da ein zwei Parts drauf, die nicht direkt „negativ“ sind, aber für mich ist das ein Album, das schon sehr ernst ist. Wo ich das Negative genau sehe? In der Musik eben, der Atmosphäre, und auch in den Texten… ich weiß nicht, hast du die gelesen?
Selbstverständlich… aber auf die kommen wir gleich sowieso noch gesondert zu sprechen…
Ok, dann sag ich da später was dazu.

Aber zum Albumtitel könntest du vielleicht unter diesem Gesichtspunkt noch ein bisschen was sagen… ich meine, gerade „Agape“, die Liebe, ist wie gesagt für mich nicht unbedingt ein offensichtlich negativ geprägter Begriff? Was ist da also der Bezug vom Titel zum Album?
Naja, in den Texten und den Thematiken geht es immer um Gestalten, die im Müll und Dreck leben, postapokalyptischen Szenarien quasi, und die verlieren eben ihren Verstand aufgrund der fehlenden Zuneigung von Leuten. Das ist dann auch der Bezug zum Albumtitel: Sie haben ein so starkes Bedürfnis nach Liebe und Zuneigung und Wärme, dass sie ihre äußere Umwelt vergessen, und sich in Wahnvorstellungen verlieren… also ist der Albumtitel auch nicht so positiv gemeint.

Ah, ok. In welchem Kontext steht dabei dann das Albumcover?
Das Cover ist etwas spezieller… das ist eben so ein Typ, der steht vor einem Baum und… ich weiß nicht, ob du das gesehen hast, weil die Zeichnungen ja schon sehr unscharf und unklar sind, aber der heult halt, und der eben ist eine der Personen, die grade in dem Augenblick merken, dass da etwas nicht stimmt. Er ist also so ein Mittelding: Er hat noch diese Wahnvorstellungen, aber ist sich schon noch darüber im Klaren, dass das eine Wahnvorstellung ist, möchte sich aber in diese flüchten… und deshalb ist das auch das Albumcover geworden.

Wer ist für das Bild verantwortlich? Der gleiche Künstler wie beim letzten Album?
Nein, ich hab das gemalt. Das letzte war ja von Fursy Teyssier von Le Discrets und so weiter…
Ich hab mich einfach hingesetzt und die Dinger gemalt, und letztendlich ist der Stil recht stringent geworden, wenn man sich die Alben ansieht. Ich weiß nicht, wie das kam, aber ich bin da eigentlich auch ganz glücklich mit jetzt, dass das nicht so rausfällt.

Redest du eigentlich gerne über die Texte oder das Konzept als solches, oder gehörst du eher zu den Musikern, die sagen, dass die Fans sich das selbst erschließen müssen und jeder das Material nur für sich selbst interpretieren kann?
Mittlerweile rede ich da schon ganz gerne drüber, auch, weil ich gemerkt habe, dass viele Leute von selbst einfach keinen Zugang dazu finden, und ich glaube, dass es deshalb bei vielen Leuten Aufklärungsbedarf gibt.

Wärst du dann bereit, uns in einem kurzen „Song by Song“ zu umreißen, worum es in den einzelnen Texten geht, oder geht dir das zu sehr ins Detail?
Nein, das kann ich gerne machen, bis auf bei einem Song, da ist mir das nicht ganz geheuer (lacht).
Ganz, wie es beliebt…
Intrauterin: Bei dem Song geht es um einen Typen, der im Mutterleib sitzt, vom Kopf her aber schon erwachsen ist… und der liebt seine Mutter so sehr, und hasst das Äußere dieses Mutterleibes so sehr, dass er willentlich zur Totgeburt wird, und quasi zurück zu Zellen degeneriert, damit er so nah wie möglich bei seiner Mutter sein kann.

Bliss: Beim zweiten Track geht es eben um den Typen, den man auf dem Albumcover sieht: Das ist jemand, der alleine auf einem Planeten lebt, unter einem blühenden Baum sitzt und durch seine Einsamkeit so zu sagen eine andere Bewusstseinsebene erreicht hat. Er sitzt unter diesem Baum und nimmt seine Außenwelt über seine Träume wahr.
Im Text steht dann, dass er ein Loch im Bauch hat, aus dem Hände kommen, die Münder haben, und die fressen die Umwelt auf – und so nimmt er dann seine Umwelt wahr. Also so ein bisschen so ein solipsistisches Ding, dass er eben eine alleinige Existenz auf diesem Planeten führt, die durch die Einsamkeit zu einen Rausch führt.

Bloody Lips and Paper Skin: Hier geht es um einen Siamesischen Zwilling, der seine andere Hälfte liebt. Der Gedanke ist zwar im Grunde genommen auf den ersten Blick pervers, aber ich denke, dass das eine Art von Liebe und Innigkeit ist, die so intensiv ist, so nah kann man sich quasi gar nicht sein, wie in diesem Fall.

You Feel Like Memories: Das ist das Stück, dessen Geschichte sehr persönlich ist, und die ich deshalb auch für mich behalten möchte.

Eribo – I Collect The Stars: Hier geht es darum, dass auch wieder eine Figur alleine auf einem Planeten lebt. Sie schreit um die Zuneigung ihres Vaters, und sammelt für den Vater das Sternenlicht in einem Kristall-Pavilion. Und weil das dem Vater nicht genug ist, den es vielleicht auch gar nicht gibt – er sucht im Endeffekt ja nur eine höhere Kraft oder einen Schutz – reißt er sich die Zunge ab, hält sie gegen den Himmel und sagt: „Hier, Vater, nimm, damit du immer meine Sorgen hören kannst“. Dann reißt er sich sich die Ohren ab, hält sie gegen den Himmel und sagt „Damit ich immer deinen Zuspruch und Trost hören kann“ und zum Schluss reißt er sich noch die Haut vom Körper.

Ok… danke erst einmal für die ausführlichen Interpretationen. Ich muss sagen, das sind ja doch eher „abgefahrene“ Ideen… Wie kommt man auf so was?
Ich finde, dass die Musik halt auch sehr „abgefahren“ ist – und Musik und Texte gehen hier Hand in Hand. Ich hab dann eben versucht… hm. Ich kann das gar nicht richtig beschreiben. Das ist einfach ein Gefühl, das ich habe, das ich über diese Bilder ausdrücken kann.
Ich mach gerne Trip-Musik, und steh da auch ziemlich drauf mittlerweile, und diese Themen geben mir einfach etwas kosmisches… etwas so großes, dass ich es gar nicht fassen kann. Und die Musik hat mich quasi dahin geführt.

Also ist es eher so, dass du die Texte aus Emotionen heraus schreibst, als dass du sagst: „Ich brauche für das Konzept noch einen Song über dieses oder jenes Thema“?
Ja, zu 100 Prozent. Das kommt ganz nach dem Gefühl, das ich bei einem Song habe.

Wie wichtig sind dir generell die Texte, und glaubst du, dass die Hörer sich damit auseinandersetzen?
Ich weiß nicht… also mir persönlich sind die Texte bei anderer Musik ziemlich egal… ich habe vielleicht vier oder fünf Alben, bei denen ich die Texte kenne und bei denen sie mich auch interessieren. Ich bin also ein 100 Prozent auditiver Typ, sag ich mal.
Bei LANTLÔS ist das auch eher graduell gestiegen: Früher, beim ersten Album, hatte ich einfach noch nicht so eine feste Vorstellung, was ich machen will, an der ich mich hätte festhalten können. Mittlerweile hat sich das ziemlich gewandelt… ich würde sagen, auf „Agape“ sind die Texte fast genauso wichtig wie die Musik.

Das finde ich immer interessant: Wenn man Künstler fragt, wie das bei ihnen selbst ist, antworten die Meisten, dass ihnen bei CDs anderer Bands die Texte egal sind – bei der eigenen Band machen die Texte aber meist „50% der Kunst“ aus – sind die Texte also eher etwas, was man für sich selbst macht, wenn die Texte meist an den Hörern komplett vorbei gehen?
Ist das so gesehen nicht etwas „vergebene Liebesmüh’“, so zu sagen?

Es ist ja nicht viel Arbeit. Ich meine, wenn ich so einen Text schreibe, weiß ich vom Gefühl her ganz genau, was dabei raus kommen soll. Und „vertane Liebesmüh’“ ist es so oder so, wenn man es so betrachtet, dass es irgendwem etwas geben muss. Aber es muss ja dir selbst etwas geben, und das tut es. Ich weiß, das ist jetzt so ’ne Standard-Antwort, aber die passt eben.

Ja, klar, ich meinte mehr, ob du schade findest, dass die Leute sich damit nicht auch beschäftigen…
Jetzt muss ich leider wieder eine Standard-Antwort bringen, aber es war mir, glaube ich, noch nie so egal, wie momentan, was die Leute zu den Sachen sagen. Einfach, weil ich gemerkt habe, dass die Leute, die positive wie auch negative Kommentare abgegeben haben, zu 90% das Album nicht im ansatzweise so Verstanden haben, wie es gemeint ist… das ärgert mich aber nicht, sondern ich freue mich über die wenigen Leute, die zu mir kommen und mir genau das wiedergeben, was ich da reingesteckt habe. Leider ist das ein bedeutend geringerer Prozentanteil unter denen, die mir bisher Feedback gegeben haben.

Hmja, ich denke, so geht es wohl jedem Künstler… ;)

Dann begebe ich mich mit der nächsten Frage gleich mal auf etwas dünneres Eis – ich denke, du weißt, worum es geht: Deinem letzten Album habe ich ja schon eine Post Rock-Attitüde attestiert – eine These, der du so nicht zustimmen konntest, weil dir „.neon“ persönlich zu düster war, um als Post Rock durchzugehen.
Diesmal kommst du mir aber bei der Frage wohl nicht mehr aus: Abgesehen von einigen Doom-Einschlägen hört sich „Agape“ für mich wie ein astreines Post Rock / Post Hardcore-Album an – ich denke da konkret an Bands wie Envy.
Liege ich mit dieser Einschätzung deiner Meinung nach wieder daneben, oder würdest du zustimmen, dass du jetzt im Post Rock angekommen bist?
Also ich habe mir mittlerweile übrigens auch nochmal Gedanken über das „.neon“-Album gemacht, und ich finde, dass das eigentlich ziemlich stark in Richtung Screamo geht, das aber viele Metaller gar nicht kennen und das deshalb mit Post Rock gleichsetzen. Mir haben auch viele Leute aus dem Screamobereich gesagt, dass das wirklich ein Black Screamo-Album ist.
Was „Agape“ angeht, finde ich schon, dass das zwar nicht in die Post Rock, aber auf jeden Fall mehr in die Post Hardcore-Richtung geht als alles andere, da muss ich dir diesmal wirklich zustimmen. Aber nicht in Richtung Envy… für mich geht es eher in Richtung Celeste, so ein bisschen spacey und nicht so negativ. Aber Post Hardcore, damit kann ich auf jeden Fall gut leben, das stimmt wohl. Und das ist auch in erster Linie der Sektor, den ich für die Promo gerne als Zielgruppe gehabt hätte…

Ja? Glaubst du, dass du da besser ankommen würdest, als im Black Metal-Sektor, wo du ja von Prophecy wohl hauptsächlich promoted wirst?
Ich weiß nicht, ob besser, aber ich glaube, dass die Leute einfach mehr Verständnis für das Album haben als die Black Metaller. Ich kenne ein paar Post Hardcoreler, und das waren eben die Leute, die mir letztendlich ein Feedback gegeben haben, das mich froh gemacht hat.

Was ich dabei recht interessant finde, ist, dass sich Black Metal und Hardcore, die ja eigentlich doch sehr unterschiedliche „Werte“ oder „kulturellen Hintergründe“ aufweisen, von komplett verschiedenen Seiten aneinander angenähert haben, so dass das Ergebnis fast schon zu einer Szene zusammengefasst werden könnte. Siehst du das ähnlich?
Ich habe ein paar Leute kennengelernt, die Post Hardcore, Crust und so weiter hören – das sind ja zwei Hardcore-Hardcore-Richtungen irgendwie – und das sind auch alles Black Metaller. Also die hören genauso viel Black Metal wie Crust oder Post Hardcore.
Ich meine, da gibt es natürlich noch unendlich viele Sparten… aber ich denke, dass sich die Musik im Kern ähnlich anfühlt. Die Texte haben ähnlich destruktive Inhalte, und ich finde, dass ein Post Hardcore-Album, das in Richtung AmenRa geht, sich nicht viel anders anhört, als ein Silencer-Album. Insofern finde ich das auch nichts Erstaunliches. Es ist eher so, dass die Leute jetzt eben anfangen zu entdecken, dass es da Parallelen gibt, und langsam darauf steil gehen und die Stile sich vermischen. Aber ich sehe das generell als sehr positive Entwicklung an, und denke, dass das nur förderlich ist…

Auf jeden Fall. Siehst du LANTLÔS live dann eher in einem Black Metal-Rahmen oder passt ihr besser zu erwähnter Post Hardcore-Schiene? Oder einfach beides?
Das hängt in erster Linie davon ab, wo das ist, und ob das ein gutes Konzert mit coolen Bands ist. Ob das jetzt Black Metal Bands sind oder was auch immer, ist mir eigentlich relativ egal, solange ich die Bands mag…

Gibt es denn eine Wunsch- oder Traumband, mit der du gerne mal die Bühne teilen würdest?
Ja, Kayo Dot! Kayo Dot und Deftones! Aber Deftones ist natürlich ne Hausnummer… also… (lacht)
Naja, es muss ja jetzt nicht realistisch sein… aber ich finde auf jeden Fall interessant, dass du den Namen nennst…
Also Deftones waren schon ein… ich weiß nicht, ob ein extremer Einfluss, aber ich hab die schon sehr viel gehört, beziehungsweise höre ich die immer noch sehr viel. Das ist auf jeden Fall eine meiner Lieblingsbands.

Die Frage hat durchaus auch einen konkreten Bezug: Im letzten Interview meintest du, dass das Finden eines geeigneten Session-Drummers das größte Problem wäre, was es auf dem Wege zur Live-Band zu lösen gäbe. Mit Felix Wylezik habt ihr den ja nun gefunden. Heißt das, man darf sich dann langsam auf LANTLÔS-Konzerte freuen?
Ja, wir treffen uns um Weihnachten rum, und proben das Set ein, und dann werden wir 2012 auf jeden Fall live spielen. Aber wo und wie und wann ist noch nicht ganz klar, da hole ich dann halt Angebote ein und such mir dann das raus, was mich am meisten anspricht.

Hat Felix Wylezik dann auch die Schlagzeugspuren auf dem Album aufgenommen?
Auf „Agape“ hat Felix das gespielt, ja.

Warum hast du abgegeben? Weil er jetzt Teil der Band ist, oder weil du denkst, dass er das besser oder anders macht, als du es gemacht hättest?
Nö, weil meine Hand kaputt ist. Ich kann nicht mehr spielen… Ich hab eine chronische Sehnenscheidenentzündung.
Oh, da wünsch‘ ich dir natürlich gute Besserung, auch wenn das bei was chronischem eher schwierig ist….
Ja, das ist nett, aber… ich bin eigentlich auch nicht so traurig drum, weil ich Schlagzeugspielen eigentlich immer scheiße gefunden habe.
Warum hast du es dann gemacht?
Weil kein anderer es gemacht hat. (lacht) Im Metalbereich macht Schlagzeugspielen halt einfach Null Bock, weils nur Sport ist einfach.

Du hast also nur die Saiteninstrumente eingespielt… oder hast du auch was gesungen auf dem Album?
Auf dem Album hab ich nur… (überlegt) ja, ich hab Gitarre und Bass eingespielt, Keyboard, und einen Track gesungen, den Bonustrack: „Where Have You Gone My Friend“, einen Cover-Song einer alten 80er-Wave-Band (A.d.Red: Asylum Party).

Wie lief das Recording generell ab? Hast du die Spuren fertiggemacht und Neige nach Frankreich geschickt, oder habt ihr euch dazu getroffen?
Nö, der ist dieses Mal ins Studio gekommen. Ich mache das immer bei einem Kumpel, der das professionell macht. Das ist in meiner Heimatstadt, da kann ich mir dann Urlaub nehmen und bei meinen Eltern pennen, und da hat dann Neige auch irgendwie genächtigt. Von daher ist das ganz praktisch, weil das halt echt nur 20 Kilometer von meiner Heimatstadt weg ist.

Hast du dann mit ihm zusammen noch an den Songs gearbeitet, vom Gesangsarrangement her, oder ist er einfach gekommen und hat das Zeug runtergesungen?
Nö, der macht das immer autonom. Ich hatte jetzt auf den beiden Alben, die wir zusammen gemacht haben, auch noch nie eine Stelle, wo ich gesagt hätte „Mach das mal so oder so“. Das ist schon seine Eigenleistung, und da rede ich ihm auch nicht rein.

Du hast grade schon gesagt, dass du das Album bei einem Kumpel aufgenommen hast. Im Stall von Prophecy nimmst du damit ja fast so etwas wie eine Exotenrolle ein, nachdem deren Alben sonst ja eigentlich immer bei Markus Stock im Studio E aufgenommen werden. Warum hast du nicht, wie alle anderen, dort aufgenommen? Oder war das für dich gar keine Option?
Na ja, is‘ halt scheiße, weil das in Bayern ist. Da musst du dann hinfahren, ’ne Pension mieten und den ganzen Quatsch. Da hab ich keinen Bock drauf. Lieber in heimatlicher Umgebung, wo ich die Leute kenne, und abends, nach dem Studio, raus gehen und Party machen kann.
Und Prophecy ist das egal…?
Jaja, das ist denen völlig egal.

Ich hätte mir vorstellen können, dass die vielleicht sagen „Mach das mal lieber hier, da wissen wir, dass das Ergebnis passt“, da das ja quasi das Haus-Und-Hof-Studio von denen ist…
Ja, nö… das hab ich auch gedacht, als ich angefangen habe, mit Prophecy zusammenzuarbeiten, aber nö, da hat man komplett freie Wahl. Dass viele Bands da aufnehmen, liegt wohl daran, dass die dort Sondertarife bekommen, weil das eben, wie du schon sagtest, das Haus-Und-Hof-Studio von Prophecy Productions ist.

Du hast vorher ja bereits einen Bonustrack erwähnt – dieser findet sich auf der Bonus-CD der limitierten Edition sowie einer recht umfangreichen Collectors Edition mit zwei Bonus-CDs – könntest du kurz erklären, wie diese sich zusammensetzen, und nach welchen Kriterien du das Material dazu ausgewählt hast?
Auf der ersten CD ist eben das normale Album drauf, das ist ja relativ kurz, weil ich einen Song gedropt habe, den ich nicht so geil fand… der ist dann auf der CD 2 drauf, „White Miasma“.
Ich fand den zwar nicht so geil, aber er war auch zu schade, um ihn irgendwie vergammeln zu lassen… zusätzlich zu dem ist auf der zweiten CD dann eben noch der Cover-Song, von dem ich vorher gesprochen habe. Der ist eigentlich relativ spontan entstanden, weil ich eigentlich erst ein Deftones-Cover aufnehmen wollte, das hat dann aber irgendwie nicht geklappt, und dann habe ich eben recht kurzfristig noch das Asylum Party-Cover bei mir im Studio selbst aufgenommen, weil das auch einer meiner Lieblingssongs ist.
Dass nur zwei Songs auf der CD sind, liegt daran, dass die Songs überhaupt nichts mit dem Album zu tun haben.
Finde ich eigentlich eine schöne Idee, zumeist machen hinten dran geklatschte Bonustracks ein Album ja nicht unbedingt besser…
Ja, eben. Das ist dann ein anderer Sound und so, und dann macht das im Prinzip eher den Gesamteindruck vom Album kaputt. Ist halt schade, dass das Album so kurz geworden ist…

Also verstehe ich das richtig, dass das ursprünglich nicht der Plan war? Ich hätte jetzt vermutet, dass das zum Konzept gehört, dass das Album so kurz ist, aber so wie du das erzählst, klingt es, als wäre es eher Zufall gewesen…?Ja, ja, total. Ich bin ins Studio gegangen mit über 50 Minuten Material. Das ist dann so zusammengeschrumpft im Studio. Das kommt halt durch das Auslassen von Parts oder Umschmeißen von ein oder zwei Sachen… ich bin nicht so der Typ, der sich an die Pre-Productions hält. Die Preproductions sind dann übrigens auf dem dritten Teil des Boxsets zu finden. Das zeigt quasi das Album in Rohform.
Warum sind dann die gedropten Songs nicht zumindest da drauf?
Naja, also „White Miasma“ ist ja auf der Bonus-CD und auf der Demo-CD drauf, das war ja ein gedropter Song, und ein gedropter Song ist da nicht drauf, weil ich den auch einfach scheiße fand nachträglich… ja.
Aber du hast den Song bis ins Studio mitgezogen und dort dann erst gemerkt, dass er dir doch nicht gefällt?
Ja, genau. Ich nehme sehr, sehr, sehr viel auf, ich hab auch für die „.neon“ bestimmt zwei oder drei Stunden Material gehabt, und das selektiere ich dann danach, was mir eben am besten gefällt – und der Song war einfach nicht nötig. Also er ist nicht scheiße oder so, aber er ist einfach überflüssig, deshalb ist er nicht mit drauf gekommen.

Hast du von den Aufnahmen zu “.neon“ für „Agape“ übriggebliebenes Material weiterverwendet, oder legst du, wenn ein Album abgeschlossen ist, alles dafür geschriebene Material zur Seite und fängst bei Null an?
Das geht dann fließend ineinander über, ich merke dann einfach „Oh, das ist andere Musik“ – ich meine, wenn du dir „.neon“ und „Agape“ anhörst, dann ist das ja schon ein Unterschied.
Es gibt dann so Übergangstracks, wie eben „White Miasma“, der dann nicht aufs Album gekommen ist, aber es ist schon relativ leicht für mich, zu sagen, das gehört dazu, und das nicht.
Dementsprechend nehme ich in der Regel auch kein altes Material her.

„Agape“ ist ja euer zweites Album bei Prophecy – bist du soweit mit der Arbeit des Labels zufrieden, und wird auch dein nächstes Album über Prophecy erscheinen?
Mit der Arbeit bin ich zu 100% zufrieden, und ich hab da (lacht) glaube ich einen Fünf-Alben-Vertrag unterschrieben…
Also eher eine langfristige Bindung…Ja, genau. (lacht) Und ich schätze auch, dass ich danach dort bleiben werde.
Also schon fest in die Familie eingeheiratet ;)Ja, ich denke schon… weil einfach alles einfach und unkompliziert ist… ich habe meinen Vorschuss für Studio und so, es wird alles angemessen vergütet, gute Promo, gute Vertriebswege… also da gibt es eigentlich nichts zu meckern.

Euer erstes Label, ATMF, ist mittlerweile ja recht eindeutig in die NSBM-Szene abgerutscht – hattet ihr deswegen schon mal Probleme, und war das zu eurer Zeit auch schon so?
Keine Ahnung… also… ich muss dir ehrlich sagen, das ist ein Thema, das mich echt überhaupt nicht interessiert. Wenn man weiß, dass man solche Kontakte meiden kann, sollte man das auch tun, weil die Leute halt so sind, dass sie sagen „Ihr seid irgendwie rechts, weil ihr auf ’nem Label seid, das irgendwie irgendwann mal damit zu tun hatte“ – das ist ja nun mal in Deutschland so – , aber zu der Zeit ist mir das nicht aufgefallen, und heute ist mir das auch egal: Die Leute sollen hören und machen, was sie wollen, ich will da nur nichts mit zu tun haben.

Aber negative Erfahrungen habt ihr nie damit gemacht, dass man euch in diese Ecke gestellt hat, weil ihr bei diesem Label unter Vertrag wart?
Ne, überhaupt nicht. Ich sage ja auch in jedem Interview: „Das ist mir alles einfach Scheißegal, ich will da nur nichts mit zu tun haben“. Ich bin einfach ein Mensch, der sich nicht für Politik interessiert, und der sich auch nicht für irgendwelche Meinungen von irgendwelchen politischen Leuten interessiert, weil das einfach kein Thema für mich ist. Und ich glaube, dass ich das immer relativ klar gemacht habe, dass ich, oder wir als Band, damit nichts zu tun haben wollen und nicht pro und nicht contra sind. Deshalb, denke ich, hatten wir da auch nie Probleme mit…

Ok, das war dann auch schon wieder meine letzte Frage – wenn du noch etwas loswerden willst, wäre jetzt die Gelegenheit dazu:
Ja, also eigentlich habe ich nicht mehr viel zu sagen, außer, dass ich dir für das Interview danke! War auf jeden Fall eines der interessanteren, nicht so viele Fragen, die ich schon megaoft beantwortet habe.
Vielen Dank, hat mir auch Spaß gemacht!
Was mir noch wichtig ist, ist, dass die Leute mich nicht für arrogant halten… was ich beispielsweise vorher gesagt habe, dass die Leute das Album nicht verstanden haben, das meine ich nicht arrogant oder herablassend oder wie auch immer, sondern ich habe halt einfach gemerkt, dass es so ist.
Ich denke, die Leser wissen das richtig zu interpretieren.

Ok, zum Abschluss hier noch das traditionelle Metal1.info-Brainstorming.
Was fällt dir spontan zu folgenden Namen ein:

Papandreou: Geld, Griechenland
Steve Jobs: Tot
Lady Gaga: Fleisch, weil die mal sonen Kostüm aus Fleisch getragen hat
Stromberg: Find ich ganz gut!
Gaddafi: Tot
Jenna Jameson: Was kann man hier ausser Porno sagen?

Ich bedanke mich für deine Zeit und Antworten!
Dann bis zum nächsten Interview oder so!

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Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

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