Review Lantlôs – Melting Sun

Genregrenzen spielen eine immer geringere Rolle im Metal – anders ist die derzeit anhaltende Prominenz von Bands wie Alcest und Deafheaven wohl kaum zu erklären. Eine Band, die man in dieser Hinsicht bereits länger auf dem Zettel hatte, ist LANTLÔS, die mit „Melting Sun“ ihr viertes Album vorlegen – und auch wenn die Musik bisher schon nicht mit Anleihen aus Post Rock und Screamo gegeizt hat, ist dieses Mal eine weitere konsequente Weiterentwicklung zu beobachten: So hat sich die Band um Mastermind Markus „Herbst“ Siegenhort freundschaftlich von Neige getrennt, weswegen der nun ausschließlich cleane Gesang allein von Herbst übernommen wird. War die Atmosphäre auf den vorherigen LANTLÔS-Alben vornehmlich kalt und abweisend und von ruhigen Passagen aufgelockert, ist das gesamte Klangbild auf „Melting Sun“ durch warme, verschleppte und träumerische Gitarrenwände im Midtempo bestimmt – auf Blastbeats, Geschwindigkeit und Geschrei wird hier zugunsten eines vollen, weichen und positiveren Sounds vollständig verzichtet.

Im Gegensatz zu Alcests „Shelter“ stellt „Melting Sun“ definitiv keine Abwendung vom Metal da, wie bereits der Einstieg in Form von „Melting Sun I: Azure Chimes“ zeigt: Nach einigen ruhigen Tönen wälzt sich eine Wall Of Sound unterstützt von weichem Tremolopicking langsam nach vorne, das leicht verwaschene Schlagzeug im Hintergrund verleiht der Musik den nötigen Druck und die verschleppte Atmosphäre in der Kombination mit den wunderschönen Dur-Melodien kann schon beinahe als Dream Metal bezeichnet werden. Immer wieder klingen hier sowie in den anderen Songs des Albums besonders in den tief gespielten Riffs die langsameren Momente der Deftones an, welche als größter Einfluss von LANTLÔS auf „Melting Sung“ erkennbar sind.
Die einzelnen Songs ähneln sich zwar alle in ihrem Aufbau, wissen auf musikalischer Seite allerdings durch durchdachten Songaufbau und die Mischung aus Schlagzeugdynamiken, Riffs, Gitarrenwänden und Melodieläufen zu überzeugen. Der Gesang wiederum ist der größte Stolperstein: Während zu keinem Moment Geschrei auf diesem Album fehlt, mangelt es Herbst verhalltem Gesang an vielen Stellen an Durchsetzungskraft und vor allem an Stimmfarbe, besonders dann, wenn er versucht, sich gegen die Musik durchzusetzen.

Die Shoegazeeinflüsse werden besonders in den einleitenden Chorälen auf „Melting Sun III: Aquamarine Towers“, im statischen Rauschen des Interludes „Melting Sun V: Oneironaut“ sowie im durch Twang-Gitarren und wabernde Synthieflächen dominierten Abschluss „Melting Sun VI: Golden Mind“ deutlich und ergänzen die Stimmung des Albums um eine weitere Nuance, die schlüssig in den Sound von LANTLÔS eingearbeitet wurde. Besonders im Abschlusstrack weiß auch Herbsts leise gebrummter Gesang voll zu überzeugen.
„Melting Sun“ ist musikalisch stark, durchdacht und hervorragend produziert – leicht zugänglich ist es allerdings nicht, werden die Raffinessen des Songwritings doch erst durch mehrmalige Hördurchgänge offensichtlich, welche schließlich zeigen, dass trotz eines ähnlich gehaltenen Klangbildes enorme Abwechslung geboten wird. Wenn Herbst es noch schafft, seine gesanglichen Fähigkeiten weiter auszubauen, wird es spannend sein, wohin die Reise von Lantlôs in Zukunft führen wird. Alle Freunde der Deftones und atmosphärischen Metals sollten dringend ein Ohr riskieren – in seiner Atmosphäre stellt „Melting Sun“ dem Titel entsprechend ein perfektes Album für drückende, heiße Sommertage dar.

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Wertung: 8 / 10

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