Interview mit Thomas Muster von Shakra

Nachdem es 2011 „nur“ für Platz 2 in den Schweizer Albencharts gereicht hat, knackte „Powerplay“, der neueste Output der Schweizer Hard Rocker SHAKRA, mühelos die Nummer 1. Warum Gitarrist Thomas Muster sich im Vorfeld keine Gedanken darüber gemacht hat, sogar eine Wette dazu verlor und was er sonst noch über Songwriting und Autofahren in der Schweiz zu sagen hat, lest ihr hier in unserem Interview.


Moin moin aus Hamburg! Thomas, es freut mich, dass du die Zeit für das Interview gefunden hast. Wie geht es dir?
Wunderbar, danke! Ist immer eine tolle Zeit, wenn das Album draußen ist und die Reaktionen dazu reinkommen. Besonders dann, wenn sie positiv sind.

Euer neues Album, „Powerplay“ ist gerade veröffentlicht worden. Wie stehst du dazu? Ist alles so, wie ihr es haben wolltet?
Ja, das würde ich so sagen. Du hast ja eigentlich immer die Absicht, jedes neue Album zu deinem bisher besten zu machen. Mal gelingt Dir das, mal vielleicht nicht. Wobei man ja dann immer erst später mit genügend zeitlichem Abstand wirklich beurteilen kann, wie man das Album einordnen kann. Aber es gibt einen simplen Indikator dafür, dass dieses Album gut geworden ist: Ich meine, wenn ich nach gefühlten 7000 Mal Hören der einzelnen Songs während des gesamten Entstehungsprozesses dann zum Schluss immer noch bei gewissen Songs eine Gänsehaut kriege, dann muss was dran sein an dem Album!

Der Vorgänger von „Powerplay“, „Back On Track“ (2011), war ein kommerzieller Erfolg, der es in der Schweiz auf Platz 2 der Albencharts schaffte und auch in Deutschland in die Top 100 kam. Habt ihr euch davon unter Druck gesetzt gefühlt, als ihr die neue Scheibe geschrieben und aufgenommen habt?
Nein, überhaupt nicht. Man sollte es zwar meinen, aber es war eben so: Ich hab’, unmittelbar nachdem die Aufnahmen zu „Back On Track“ abgeschlossen waren, bereits wieder neue Ideen aufgenommen, bei mir zu Hause. „Too Good To Be True“ und „Higher“ zum Beispiel oder auch „Dream Of Mankind“. Die Ideen dazu hatte ich, da war „Back On Track“ noch nicht mal veröffentlicht. Und ich hab schnell gespürt, dass das nicht irgendwelche Songs sind, sondern richtig starke Tracks. So gesehen konnte sich eben gar nicht erst Druck aufbauen, weil schon sehr früh gute Songideen da waren. Und danach war ich halt durch diesen zweiten Platz in den Charts extrem motiviert, gleich weiter zu schreiben.


Wie glaubst du, unterscheiden sich „Back On Track“ und „Powerplay“ voneinander?
Ich denke, in vielerlei Hinsicht sind sich die beiden Alben ganz ähnlich. Von der Produktion her zum Beispiel. Die Drums und ebenso die Gitarren klingen auf beiden Platten ziemlich modern, verglichen mit früheren Werken von uns. Es war halt bereits bei „Back On Track“ so, dass wir soundtechnisch irgendwie „angekommen” waren. Wir haben den Sound erreicht, den wir schon immer haben wollten, deshalb ist das auf “Powerplay” weitgehend so geblieben. Beim Songmaterial hingegen haben wir schon noch eine Steigerung erreicht, denke ich – vor allem deshalb, weil John nun endgültig in der Band integriert ist und wir die Gesangs-Linien zu 100% auf ihn zuschneiden konnten. Ich denke, das hört man auch. Die Songs klingen einfach ausgereifter, die Hooklines zwingender, alles einfach eine Spur besser als auf „Back On Track”. Das neueste Album soll ja auch immer das Beste sein, sagt doch jeder! Nur in unserem Fall ist es wirklich so.

Hast du so etwas wie einen Lieblingssong auf dem neuen Album? Mir persönlich hat ja „Save You From Yourself“ sehr gefallen …
Mir fällt grad auf, dass der Track von vielen Leuten positiv erwähnt wird. Ich mag „Save You From Yourself“ auch sehr, zudem hab ich grad gestern eine erste Preview zum Video dazu gesehen, dass kommt echt geil daher. Eher unkonventionell zwar für eine Rockband, aber eben sehr geil gemacht. Ansonsten zähle ich „Dream Of Mankind“, „The Mask“ und auch „Too Good To Be True“ zu meinen Favoriten.

Es ist ja nicht einfach: Einerseits wollen Fans „ihre“ Band immer wiedererkennen können, andererseits will und muss man sich als Band entwickeln können. Wie geht ihr mit diesem grundsätzlichen Zwiespalt um?
Ich glaube fast, wir haben uns bisher nicht wirklich den Kopf darüber zerbrochen. Zu allererst machen wir einfach worauf wir Lust haben. Oder ich kann’s auch anders formulieren: Ich kann eigentlich nichts anderes, als diese Art von Songs zu schreiben. Sei’s nun ein „Dream Of Mankind“ oder „Save You From Yourself“. Die sind ja ziemlich unterschiedlich geraten und doch klingen beide nach SHAKRA. Was ich persönlich sehr cool finde. So kann ich eben meine früheren Vorlieben, die eher so in die AC/DC Ecke gehen, immer noch ausleben, und gleichzeitig aber auch neuere Einflüsse verarbeiten und alles passt doch irgendwie unter einen Hut. Ich bin happy mit diesem Zustand und für unsere Fans klingen wir doch unverwechselbar nach SHAKRA.

Siehst du denn das Risiko, dass eine relativ routinierte Band wie SHAKRA sich auf ihrem neunten Studioalbum irgendwann wiederholt? Wie versucht ihr das zu verhindern, wenn ihr die Songs schreibt?
Natürlich wiederholt man sich in gewissen Dingen auch immer mal wieder. Aber es ist wie beim Fußball: Ein Spiel ist ja auch immer wieder dasselbe, immer spielen 22 Leute gegeneinander, die Regeln sind immer dieselben, die Aktionen der Spieler sind immer die gleichen. Und doch geht man immer wieder hin. Vorausgesetzt man mag das Spiel. Bei uns ist das auch so: Wenn Du auf SHAKRA stehst, dann wirst Du wohl jedes Album irgendwie mögen, weil wir ja nicht plötzlich was komplett anderes machen. Oder anders gesagt: Wie im Eishockey findet bei uns alles innerhalb der bestehenden Banden statt. Nur spielen wir diesmal eben ein besonders heftiges Powerplay!

Ich sagte es eben schon: „Powerplay“ ist das neunte Album. Ist es denn für dich immer noch eine aufregende Sache, ein Album zu schreiben, aufzunehmen und zu veröffentlichen? Oder stellt sich da auch eine geschäftsmäßige Routine ein?
Und ob das immer noch etwas Spezielles ist! Wir haben mit dem Einstieg von John ohnehin ein neues, aufregendes Kapitel aufgeschlagen. Es ist auch immer wieder aufs Neue eine Herausforderung, Songs zu schreiben. Denn kaum hast Du ein Album aufgenommen, denkst Du: Das geht doch eigentlich noch ein bisschen besser, ich krieg doch noch ein paar bessere Songs hin. Und dann fängst Du eben an zu komponieren und nimmst das Material auf. Und dann interessiert Dich brennend, wie die Leute darauf reagieren. Ich meine, wenn ich einen coolen Song schreibe und mir ein Fan dann sagt: Wow, ich liebe „Dream Of Mankind“, dann geht das natürlich runter wie Öl. Du brauchst als Künstler solche Erlebnisse, sonst verdurstest Du. Drum macht man’s ja auch immer wieder.

Wenn man schon so lange im Musikgeschäft ist wie ihr: Was meinst du, war in den Jahren seit 2000 die wichtigste Veränderung in der Hard-Rock-Szene?
Die wichtigste? Keine Ahnung. Ich kenne aber die beschissenste Veränderung: Nämlich die, dass es möglich ist, jeden einzelnen Song im Netz gratis zu holen. Wobei man auch sagen muss, dass die Hardrock/Metal-Szene nicht ganz so arg betroffen ist. Weil die Metal-Fans eher noch bereit sind, für ein Album zu bezahlen.

Hat sich an eurer Arbeitsweise oder der Zeit auf Tour etwas signifikant verändert, seit John in der Band ist, oder macht ihr einfach so weiter wie vorher?
Nein, same procedure as every year! Wir gehen genau so vor wie bis anhin [schweizerisch für bisher, Anm. d. Red.], sei’s beim Songwriting oder auch im Studio oder auf Tour. Dinge, die sich über all die Jahre bewährt haben, sollte man nicht unbedingt verändern.

Mark Fox hatte die Band ja unter etwas schwierigen Umständen verlassen, die wohl auch mit Geld zu tun hatten. So konnte man den Eindruck gewinnen, es hätte auch etwas Verstimmung zwischen euch gegeben. Steht ihr eigentlich noch in Kontakt mit ihm?
Nein, wir haben absolut keinen Kontakt mehr und das ist wohl auch besser so. Die Ansichten zu gewissen Themen gingen einfach zu sehr auseinander. Musikalisch war ja alles in Ordnung. Aber ansonsten war da kein gemeinsamer Nenner mehr auszumachen. Auch eben was das liebe Geld betraf nicht. So war die Trennung eben der einzig gangbare Weg. Und ich bin rückblickend verdammt happy, dass das alles so verlaufen ist. Sonst hätte sich womöglich nie die Chance ergeben, einen Sänger wie John zu SHAKRA zu holen!

Aus Deutschland heraus betrachtet, fallen einem zur Metalszene in der Schweiz v. a. hochkarätige Hard-Rock-Bands ein – man braucht nur an euch, Gotthard und Krokus zu denken. Wie ist euer Verhältnis zu den beiden anderen Genannten? Steht man in besonderer Konkurrenz zueinander, wenn man vom Genre her relativ ähnliche Musik auf einem eher kleinen Markt platzieren will?
Lustig, dass Du das grad jetzt fragst. Ich hatte mich kürzlich in einem Interview dahin gehend geäußert, dass ich mich zumindest mit einem Mitglied von Krokus eben nicht besonders gut verstehen würde. Das hat sich inzwischen aber geändert. Chris von Rohr hat sich Ende letzten Jahres bei mir gemeldet und wir konnten die Differenzen, die sich vor ein paar Jahren durch Missverständnisse aufgebaut hatten, beiseiteschaffen. Er hat mit mir übrigens gewettet, dass wir die Nummer 1 in den Schweizer-Charts packen werden. Und er hat ja bekanntlich immer einen guten Riecher. Wir werden also sehen. Als Konkurrenten betrachten wir uns allerdings nicht, das ist dann eben der Unterschied zum Fußball: Wir treten ja nicht gegeneinander an. Sondern gewissermaßen parallel miteinander.


Was ist eigentlich so schlimm daran, in der Schweiz Auto zu fahren?
Du hast also unsere Website gelesen! Nun, dazu musst Du wissen, dass ich 17 Jahre lang als Taxifahrer unterwegs war. Und bedauerlicherweise hab ich da wirklich einen mittelschweren Schaden davongetragen. Ich dreh’ durch, wenn ich zu viele rote Ampeln und Staus sehe. Und von beidem gibt’s hierzulande mehr als genug! In Deutschland erst recht. Obwohl ich ja eigentlich gerne Auto fahre, aber eben besser durch Arizona oder Utah, abseits der Großstädte, wo Dir nur so alle Schaltjahre mal einer entgegenkommt.

Zum Abschluss würde ich gerne unser klassisches Metal1-Spiel mit dir spielen. Es ist eine Art Brainstorming, ich nenne dir ein paar Begriffe und du schreibst spontan und kurz dazu, was dir einfällt.
Bankgeheimnis:
Ist mir egal, ob es das gibt oder nicht. Wie viel ich auf der Bank habe, ist kein großes Geheimnis, es ist nämlich nicht wirklich viel…
Anstehende Wahlen in Deutschland: Du verstehst, dass ich mich als Schweizer jetzt nicht sooo sehr für deutsche Politik interessiere. Für CH-Politik allerdings auch nur beschränkt.
Mali: Offensichtlich geht dort auch wieder so ’ne richtige Scheiße vonstatten, die niemandem etwas nützt. Allerdings bin ich momentan rund um die Uhr mit Interviews beschäftigt und bin auch zu wenig informiert, was dort eigentlich genau abgeht.
Metal1: Metal klingt gut, und die 1 erst recht.

Publiziert am von Marc Lengowski

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