Konzertbericht: Kadavar w/ Hällas, Pabst

22.11.2019 München, Backstage Werk

Freitagabend in der Landeshauptstadt. Einen besseren Zeitpunkt für ein Konzert kann man sich kaum wünschen, wobei die Fans von KADAVAR sicherlich auch unter der Woche zahlreich zu einer Show des Trios gepilgert wären. Schließlich gehören die Berliner seit einigen Jahren zur absoluten Oberliga der Szene und wenn dann auch noch die schwedischen Adventure-Rocker von HÄLLAS und das Nachwuchs-Trio PABST mit an Bord sind, gibt es für Fans ehrlicher Rockmusik sowieso kein Halten mehr.

Seit knapp drei Jahren sind PABST nun schon am Start und haben sich auf der „For The Dead Travel Fast“-Tour den Slot als Eröffnungsact sichern können. Sicherlich eine beachtliche Leistung für eine so junge Band. Und beachtlich ist auch die Show des Berliner Trios, dass während der ersten beiden Songs noch um einen vierten Mann am Keyboard ergänzt wird. PABST spielen schnörkellosen, dafür aber wuchtigen Rock, wie man ihn von Bands wie Ash, Queens Of The Stone Age oder gar Nirvana kennt. Dazu kommt aber noch eine gewisse Portion Brit-Pop-Charme, der sich auch im äußeren der Band widerspiegelt. Die Jungs werden mit ihrer Show der Bezeichnung Power-Trio mehr als gerecht, wodurch immer mehr Fans näher an die Bühne herankommen und sich von der Energie anstecken lassen. Nach dem halbstündigen Set ist das Münchner Publikum mit Sicherheit aufgewärmt und die Band sichtlich erfreut über den Zuspruch.

Was nun folgt fällt sicherlich irgendwo aus dem Rahmen dieses Tour-Package. Wo Pabst und Kadavar für knackigen Rock mit wuchtigen Riffs stehen, bewegen sich HÄLLAS in ganz anderen Sphären. Die Schweden bezeichnen ihren Stil als Adventure-Rock und treffen den Nagel damit auf den Kopf. Optisch irgendwie an Tribulation nach einem Bad in Glitzer erinnernd, vermischt das Quintett Space Rock, Psychedelic, Proto-Metal und Power-Metal-Attitüde zu einem ganz eigenen Sound, der bei den Fans mehr als gut ankommt. Bereits bei den ersten Tönen der Eröffnungsnummer „The Astral Seer“ brandet frenetischer Jubel durch das Backstage-Werk und der Platz vor der Bühne wird merklich enger. HÄLLAS haben aber auch wirklich alles dabei, was das Herz eines Retro-Rock-Fans höher schlagen lässt, vor allem die Twin-Gitarren-Leads sind atemberaubend und lassen so manchen Zuschauer die Luftgitarre auspacken.

Den meisten dürften HÄLLAS durch ihren Hit „Star Rider“ bekannt sein, der natürlich auch im heutigen Set nicht fehlen darf. Fronter Tommy Alexandersson kann sich das Singen hier fast sparen, da sich das Münchner Publikum sehr textsicher zeigt. Mit „Tear Of  A Traitor“ gibt es auch noch einen brandneuen Song zu hören, der den musikalischen Weg konsequent weitergeht. Zum Abschluss erklingt mit „Hällas“ noch eine echte Überraschung, klingt der Song doch deutlich mehr nach Metal als nach 70er-Rock und sorgt für wildes Headbanging im Publikum. Verabschiedet werden HÄLLAS unter lautem Jubel und man darf hoffen, dass die Adventure-Rocker bald auf Headliner-Tour kommen.

  1. The Astral Seer
  2. The Golden City Of Semyra
  3. Tear Of A Traitor
  4. Star Rider
  5. Hällas

Im Moment gibt es wohl kaum eine Band in Deutschland und vielleicht auch darüber hinaus, die KADAVAR in Sachen (Retro-)Rock das Wasser reichen kann. Das Berliner Trio befindet sich inzwischen schon seit mehreren Jahren und Alben auf einem absoluten Hoch, was auch das jüngste Werk „For The Dead Travel Fast“ erneut eindrucksvoll beweist. Die Spannung im Vorfeld war immens, ob die Riff-Monster der Scheibe auch live so knallen würden. Dabei sei bereits verraten: Ja, sie knallen ordentlich.

Der Einstieg mit dem sphärischen, sich langsam steigernden „The End“ könnte passender nicht gewählt sein. Während Dracula vom Backdrop aus in die Menge starrt steigert sich die Spannung und Energie im Publikum immer weiter und als „The End“ schließlich in die fetten Riffs von „The Devil’s Master“ mündet bricht ein Sturm los der für die nächsten knapp 90 Minuten durch das Backstage Werk fegen wird. Fronter Lupus ist bestens bei Stimme und entlockt seiner Gitarre einen Brecher nach dem anderen, während Drummer Tiger wie immer von seinem Podest aus die Menge immer weiter anheizt und Basser Dragon über die Bühne tänzelt und sich die Seele aus dem Leib spielt. Mit dem folgenden „Evil Forces“ ziehen KADAVAR das Tempo und die Intensität noch weiter an. Der Song gehört bereits auf Platte zu den besten der neuen Stücke, entwickelt live aber eine noch viel stärkere Dynamik. Spätestens jetzt zeigt sich auch, dass man am heutigen Abend besser kein Epileptiker sein sollte. Das Trio setzt fast durchgehend auf Strobo-Effekte, die von roter, blauer oder pinker Beleuchtung unterbrochen werden. In Kombination mit Unmengen an Nebel entsteht so eine fast schon hypnotische Lichtshow.

Im Fokus des Sets steht ganz klar die neue Scheibe, doch natürlich dürfen auch Bandklassiker wie „Living In Your Head“ oder „Black Sun“ nicht fehlen. Die Songs knallen immer noch und zeigen, auf welch hohem Niveau KADAVAR bereits zu Beginn ihrer Karriere musiziert haben. Musikalisches Highlight des Abends ist aber sicherlich das epische „Long Forgotten Song“, mit dem das Trio den regulären Teil der Show beschließt. Der ausufernde Track vereint alles Trademarks von doomigen Parts bis hin zu treibenden Riffs und einem kleinen Drum-Solo und dürfte wohl den bisherigen kompositorischen Höhepunkt markieren.

Nicht ganz, aber fast so episch geht es im Zugabenblock weiter. Das zu anfangs durchaus etwas ungewohnt klingende „Children Of The Night“ wird heute mit einem sphärischen Synthie-Part eröffnet, den Lupus und Dragon live auf der Bühne performen. Im Anschluss verabschiedet sich der Fronter bereits und bedankt sich beim Publikum, bevor KADAVAR mit den beiden Krachern „All Our Thoughts“ und „Come Back Life“ den Sack zumachen und ein weiteres Mal bewiesen haben, wieso sie zur Oberliga des Rock gehören.

  1. The End
  2. The Devil’s Master
  3. Evil Forces
  4. Into The Wormhole
  5. Living In Your Head
  6. Black Sun
  7. Demons In My Mind
  8. The Old Man
  9. Into The Night
  10. Die Baby Die
  11. Long Forgotten Song
  12. Children Of The Night
  13. All Our Thoughts
  14. Come Back Life

Was soll man nach drei Stunden Power-Rock und drei hervorragenden Bands noch groß sagen? Wer KADAVAR immer noch nicht live erlebt hat, sollte dies schleunigst nachholen und sich selbst ein Bild von der Klasse dieser Band machen. Auch HÄLLAS haben definitiv Headliner-Potenzial und mit der im nächsten Jahr erscheinenden neuen Scheibe stehen die Chancen auf eine Tour wohl nicht schlecht. Junge Bands wie PABST geben Hoffnung, dass ehrlicher, handgemachter Rock so schnell nicht aussterben wird. Alles in allem also ein mehr als gelungener Abend.

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