Konzertbericht: Kadavar

21.03.2020 Berlin, Studio (Stream-Show)

Samstagabend in Deutschland: Wo normalerweise die Städte vor lauter Partys und Konzerten pulsieren, herrscht heute gespenstische Leere auf den Straßen. Corona hat das Land und die ganze Welt fest im Griff und so verbringt man seine Zeit am besten in den eigenen vier Wänden. Was das finanziell für die Musik-Szene bedeutet, ist bisher kaum abzuschätzen. Klar ist nur: So schnell werden keine Konzerte und Festivals mehr stattfinden. Anstatt sich nun aber einfach zu verkriechen und abzuwarten, gehen einige Bands in die Offensive. Neben speziellen Merch- und CD-Bundles sowie Spendenaufrufen entdecken immer mehr Künstler das Format des Live-Streams für sich. So auch KADAVAR, die am heutigen Abend direkt aus ihrem Berliner Studio streamen werden. Ein spannendes Experiment, das durchaus ein paar Tücken bereithält.

Pünktlich um 20:30 Uhr gibt die Kamera den Blick frei in den Proberaum der Band und kurz darauf marschieren Lupus, Tiger und Dragon ganz entspannt ins Bild und greifen sich ihre Instrumente. Sänger und Gitarrist Lupus ist auf den ersten Blick ohne Bart, dafür mit Brille kaum zu erkennen. Das Bühnenbild kommt aufgrund der räumlichen Gegebenheiten ganz ohne Deko aus, weshalb leider auch das geniale Dracula-Backdrop der letzten Tour fehlt. Ohne lange Vorreden eröffnen KADAVAR den Abend mit dem Doppel „The End“ und „The Devil’s Master“ vom aktuellen Album „For The Dead Travel Fast“ und fegen damit gleich mal einen großen Teil der im Vorfeld durchaus vorhandenen Bedenken vom Tisch: Bild und Ton sind phänomenal. KADAVAR haben sich außerdem nicht lumpen lassen und tatsächlich einen Kameramann am Start, der immer mal wieder die Perspektive wechselt und Nahaufnahmen von den Musikern macht. So erleben die Zuschauer die Fingerakrobatik der Saitenfraktion und das Drumming von Tiger hautnah mit.

Während die Performance des Trios mitreißend wie immer ist, merkt man in den Pausen zwischen den Songs, wie merkwürdig die Situation für die Band sein muss. Fronter Lupus begrüßt die Zuschauer auf Englisch, wirft aber immer mal wieder deutsche Sätze oder Fragen an seine Bandkollegen ein. So sagt er selbst ein paar mal „Das ist ganz schön merkwürdig“ und wundert sich nach ein paar Stücken, ob überhaupt noch jemand zusieht. Tatsächlich können KADAVAR für ihren Stream zeitweise über 11.000 Zuschauer verzeichnen, was wohl das bisher größte Publikum der Band darstellen dürfte.

Die Setlist der Show ist identisch mit der, die KADAVAR auf der Tour im letzten Jahr gespielt haben. Dies schmälert die Qualität der Songs und auch der Show aber keineswegs. Die Band befindet sich weiterhin in einer unglaublichen Form und gibt, auch wenn das Konzert ohne Publikum stattfindet, alles. Gerade während und nach Krachern wie „Evil Forces“, „Die Baby Die“ oder „Living In Your Head“ vermisst man die Reaktionen des Publikums aber schon deutlich. Auch die Band scheint sich ein paar mal zu fragen, wo denn der Jubel bleibt. Sieht man sich die parallel zum Stream eingehenden Kommentare der Zuschauer an, ist der Jubel aber reichlich vorhanden. Menschen aus der ganzen Welt sehen zu, haben Spaß und sind KADAVAR für diese Aktion mehr als dankbar.

Mit dem Doppel „Comeback Life“ und „All Our Thoughts“ beschließen KADAVAR ihr knapp 90-minütiges Set. Die inzwischen sichtlich nassgeschwitzten Musiker geben noch einmal alles und es ist einfach eine Freude zu sehen, mit wie viel Herzblut und Spaß die drei ihre Musik darbieten. Zum Schluss gibt es noch einen Blick auf den exzellenten Tontechniker und den Kameramann, dann ist der Spaß leider auch schon vorbei.

  1. The End
  2. The Devil’s Master
  3. Evil Forces
  4. Into The Wormholes
  5. Living In Your Head
  6. Black Sun
  7. Demons In My Mind
  8. Old Man
  9. Into The Night
  10. Die Baby Die
  11. Long Forgotten Song
  12. Children Of The Night
  13. Comeback Life
  14. All Our Thoughts

KADAVAR haben aus dieser merkwürdigen Situation das Beste herausgeholt und eine wie immer beeindruckende Performance hingelegt. Sicherlich können Live-Streams auf Dauer kein Ersatz für echte Konzerte sein, im Moment sorgen sie aber auf jeden Fall für Ablenkung und machen richtig Spaß. Bleibt zu hoffen, dass ein paar Spenden für die GoFundMe-Kampagne der Band zusammenkamen und dass KADAVAR und Kollegen bald wieder auf richtigen Bühnen zu sehen sein werden.

Wer den Stream verpasst hat, kann ihn sich hier noch einmal ansehen:

>> Zum Video …

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