Konzertbericht: Melechesh w/ W.O.B., Selvans

20.01.2020 München, Backstage (Club)


Fünf Jahre hat „Enki“ bereits auf dem Buckel – und doch ist es nach wie vor das „aktuelle“ Album der aus Israel stammenden, in den Niederlanden beheimateten MELECHESH. Entsprechend war die Band um Mastermind Murat Cenan alias Melechesh Ashmedi zuletzt etwas in Vergessenheit geraten. Von der Tour mit WEB und SELVANS scheinen jedenfalls nur wenige Fans etwas mitbekommen zu haben: Statt wie zunächst angekündigt im Backstage Werk findet das Konzert im ungleich kleineren Backstage Club statt.

Selbst der Club füllt sich aber zunächst nur spärlich. So sehen nur knapp 40 Fans den Auftritt von SELVANS. Das ist insofern schade, als sich die Italiener ordentlich ins Zeug legen, um optisch wie musikalisch eine gute Show zu bieten. Waren SELVANS 2015 als Support von Gorgoroth noch in langen Kutten und mit Wolfsmasken aufegetreten, versprühen ihre Outfits heute zerschlissenen Wild-West-Charme. Musikalisch hat der melodische Black Metal seine Momente, lebt aber mehr noch von der enthusiastischen Darbietung – allen voran von Luca Del Re alias Selvans, seines Zeichens Sänger und alleinverantwortlicher Kopf hinter SELVANS. Spätestens beim Carpathian-Forest-Cover „The Swordsmen“ geht das Publikum dann aber doch noch mit und beschert SELVANS die verdiente Resonanz.

Nachdem der Abend so atmosphärisch-schwarmetallen begonnen hat, nimmt er mit dem Auftritt von W.E.B. (alias WHERE EVERYTHING BEGUN) eine überraschende Wendung: Die Musik von W.E.B. ist nämlich eher im Gothic- denn Black Metal verwurzelt. Zwar sind die teils symphonischen, teils wuchtigen Songs durchaus solide arrangiert. Mit Plastikschädeln und genretypischen Outfits bis hin zu einer billigen Latexmaske, die sich Sänger Sakis Prekas alias Darkface zwischendurch überstülpt, erfüllen W.E.B. auf der Bühne aber wirklich jedes Metal-Klischee. Wenngleich es deswegen bisweilen schwer fällt, die Griechen ernst zu nehmen, kann vor allem die engagiert Darbietung von Gitarrist Argie Michalopoulos alias Sextus Argieous Maximus überzeugen, sodass W.E.B. am Ende ihres 35-Minuten-Slots doch einen guten Teil der mittlerweile rund 60 Fans auf ihrer Seite haben.

Deutlich individueller ist da, was MELECHESH als Headliner zu bieten haben: Als Vorreiter des vom arabischen Kulturkreis inspirierten Black Metals steht die Band für einen unverkennbaren Stil – und das seit 25 Jahren und fünf Alben. Immerhin vier davon finden heute Erwähnung im Set: „Triangular Tattvic Fire“ vom zweiten Album „Sphinx“ – sowie je drei Stücke vom nach wie vor aktuellen „Enki“ (2015), dessen Vorgänger „The Epigenesis“ (2010) und dem Durchbruchsalbum „Emissaries“ (2006). Gerade „Ladders To Sumeria“ und „Rebirth Of The Nemesis“, die Hits des letztgenannten, erweisen sich heute einmal mehr als zeitlose Klassiker, die mit ihren leicht thrashigen, starkt orientalischen Riffs auch nach all den Jahren nichts von ihrem Charme eingebüßt haben.

Die starke Setlist und der gute Sound machen dann auch wett, dass das Ambiente der Show ansonsten etwas zu wünschen übrig lässt: Auf eine Lichtshow wird (wie schon bei den beiden Bands zuvor) zugunsten einer für den gesamten Abend eingestellten, statischen Bühnenbeleuchtung komplett verzichtet, statt längerer Ansagen macht Ashmedi längere Pausen (ohne Ansage). Und mit gerade einmal zehn Songs (inklusive der drei „Zugaben“) und knapp 60 Minuten fällt der Auftritt für einen so klaren Headliner wie MELECHESH im Billing dieser Tour auch nicht eben lang aus. Einen Vorteil hat die kurze Spielzeit allerdings: um 22:30 Uhr endet der Konzertabend zur Abwechslung mal arbeitnehmerfreundlich früh.

Nach Jahren der Stille um MELECHESH tut diese Tour trotz allem gut: Den Fans, die an diesem Montag zwar nicht sonderlich zahlreich erschienen sind, dafür aber begeistert mitgehen – ganz augenscheinlich aber auch der Band, die sichtlich Freude daran hat, wieder aufzutreten. Vor allem aber hat der Abend Lust auf ein neues Studioalbum von MELECHESH gemacht. Den Fans, vielleicht aber ja auch der Band?

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