Konzertbericht: Gorgoroth w/ Kampfar, Gehenna & Supports

15.12.2015 München, Backstage (Halle)

Gorgoroth Kampfar gehenna

Wen es zum Jahresende nochmals nach Black Metal in Reinstform gelüstet, der bekommt bei der „Blackfest Over X-Mass 2015“-Tour diesen quasi auf dem Silbertablett geboten: Die norwegischen Black-Metal-Instanzen GORGOROTH, KAMPFAR und GEHENNA an einem Abend – auf ein so starkes Tourpackage hat man lange gewartet. Doch damit nicht genug: Im Vorprogramm der Norweger ergänzen SELVANS aus Italien sowie CVINGER aus Slovenien das Billing.

Mit einem Dienstag hat der Tross für München keinen idealen Termin erwischt – weder ein zu früher Beginn, noch ein zu spätes Ende können im Interesse der Fans sein. Eine Zwickmühle für den Tourmanager, keine Frage. Dass die erste Band dann jedoch bereits um 19:00 auf die Bühne geschickt wird, obwohl noch am Konzerttag auf Facebook extra auf eine Änderung des Konzertbeginns von 20:00 auf 19:30 hingewiesen wurde, geht trotzdem nicht in Ordnung.

Selvans-Klein-01Während der neue Ablaufplan zugegebenermaßen im weiteren Verlauf des Abends Sinn ergibt, sind SELVANS damit klar die Verlierer des Abends: Vor gerade einmal 20 Fans müssen die Italiener ihre Show beginnen – und selbst am Ende der 30minütigen Darbietung ist die Zuschauerzahl allenfalls auf 50 gestiegen. Das ist nicht nur für die Band ein Reinfall – auch das Publikum, das zahlenmäßig nach 19:30 rapide zulegt, wird um eine bemerkenswerte Show geprellt: SELVANS legen einen stimmungsvollen Auftritt aufs Parkett, der sowohl durch die atmosphärisch dichte Musik, als auch die ausdrucksstarke Performace von Sänger Selvans Haruspex lebt.

Cvinger-Klein-01All das kann man über CVINGER, die nach zackigem Umbau bereits um 19:45 an der Reihe sind, nicht behaupten: Während die Musiker mit ihren Outfits eindrucksvoll beweisen, dass Lederpanzer einen nicht böser aussehen lassen, so man nicht zufällig bei Dark Funeral spielt, wirkt auch die Musik der Slovenen eher bemüht: Zwar scheitert es nicht an den technischen Fertigkeiten, dafür mangelt an Individualität und Wiedererkennungswert. Entsprechend fallen die Reaktionen des Publikums aus: Wer sich umschaut, blickt in sparsame Gesichter – mehr als Achtungsapplaus ist für CVINGER deshalb trotz mittlerweile recht ansehnlicher Zuschauerzahl nicht drin.

Zwischenfazit nach den beiden Supportbands: Wenn schon zu spät, dann richtig – wer nach SELVANS kommt, tut sich damit in doppeltem Sinne keinen Gefallen.

Gehenna-Klein-01Um 20:40 steht mit GEHENNA nun die erste Band des norwegischen Tour-Trios auf dem Plan. Der Zuschauerraum ist mittlerweile gut gefüllt. Kein Wunder, handelt es sich doch um den ersten Auftritt des Black’n’Roll-Quartetts in München. Entsprechend hoch sind die Erwartungen – doch GEHENNA erfüllen diese so unaufgeregt wie souverän: Mit Ansagen gibt sich Bandleader Sanrabb nicht lange ab, statt dessen bekommt das Publikum ein rockiges Set, dessen Fokus auf dem vorletzten Album, „WW“, liegt. Doch auch das aktuelle Album „Unravel“ bekommt mit drei Songs die Beachtung, die es verdient. Für Oldschool-Fans gibt es nur „Morningstar“ vom ’94er-Album „First Spell“ zu hören – bedauernswerter jedoch ist, dass der Band heute nur 35 Minuten Spielzeit zukommen und die Show somit bereits um 21:15 mit „Abatoir“ ihr Ende findet.

  1. Pallbearer
  2. Nothing Deserves Worship
  3. Morningstar
  4. Werewolf
  5. The Decision
  6. New Blood
  7. Death To Them All
  8. Nine Circles Of Torture
  9. Devils Work
  10. Abattoir

Kampfar-Klein-01All zu viel Zeit, darüber Trübsal zu blasen, bleibt dem Publikum jedoch nicht: Keine 15 Minuten später legen KAMPFAR los. Wie nicht anders zu erwarten, weil nie anders erlebt, legen die Mannen um Fronter Dolk auch heute eine energiegeladene, mitreißende Show aufs Parkett, die vor allem von der Ge- und Entschlossenheit, mit der KAMPFAR auftreten, lebt: Dass der Klargesang im neuen Material live nicht ganz so episch rüberkommt wie auf CD macht da garnichts – diesen kleinen Makel macht Dolk mit seinem überbrandenden Charisma locker wett. Musikalisch haben KAMPFAR ihren Fans nicht nur Material von „Profan“ und die alten Hits mitgebracht, sondern mit „Call The Eternal Winter“ aus dem Repertoire der KAMPFAR-Vorgängerband Mock zudem eine echte Rarität zu bieten. Wie der Konzertabend insgesamt, vergeht so auch diese Show wie im Flug – dass bereits 60 Minuten auf der Uhr sind, als KAMPFAR mit „Our Hounds, Our Legion“ abtreten, ist kaum zu glauben.

  1. Valgalderkvad
  2. Gloria Ablaze
  3. Ravenheart
  4. Troll, Død Og Trolldom
  5. Skavank
  6. Daimon
  7. Call the Eternal Winter (Mock-Cover)
  8. Mylder
  9. Our Hounds, Our Legion

Kampfar-Klein-02Eine letzte Gelegenheit bleibt den Fans, um Luft aus den Bechern, Wasser aus den Blasen und Rauch in die Lungen zu lassen, ohne etwas zu verpassen – doch Eile ist geboten: Auch diese Umbaupause dauert nur eine gute Viertelstunde.

Um 22:50 ist es schließlich soweit, und GORGOROTH beehren zum ersten Mal seit dem skandalträchtigen Split zwischen Infernus und seinen Ex-Kollegen Gaahl und King Ov Hell Bayerns Landeshauptstadt mit ihrer Anwesenheit.
Gorgoroth-Klein-05Im Gegensatz zu den „Blutsbrüdern“ von Kampfar könnte die Band als das perfekte Beispiel einer Söldnertruppe herhalten: Statt einer eingeschworenen Einheit sieht man hier fünf Einzelkämpfer ihr Ding durchziehen – der erste Positionswechsel der Musiker erfolgt nach knapp 40 Minuten. Interaktion? Fehlanzeige. Während Infernus am rechten Bühnenrand fast unbeteiligt sein Ding durchzieht, drängen sich die Tourmusiker Fábio Zperandio (Gitarre) und Guh.Lu (Bass) auf der linken Bühnenseite fast schon egozentrisch in den Mittelpunkt. Dazwischen jedoch steht Infernus‘ Geniestreich: Hoest, der vielleicht einzige Fronter, der Gaahl in Sachen Charisma das Wasser reichen kann. Einzig seiner enormen Bühnenpräsenz ist es zu verdanken, dass GORGOROTH heute trotzdem kein schlechtes Bild abgeben: Mit Hass in den durch entsprechende Kontaktlinsen trüben Augen, in jeder Geste, in jedem Schrei verhilft der Taake-Frontmann der Truppe zu ungeahnter Stärke.
Gorgoroth 2015Auch musikalisch gibt es keinen Grund zur Klage: Während vom eher mittelprächtigen „Instinctus Bestialis“ nur ein Song seinen Weg ins Set findet, bilden „Under The Sign Of Hell“ (mit drei Songs) und „Quantos Possunt Ad Satanitatem Trahunt“ (mit zwei Songs) den Kern des Sets. Echte Überraschungen bleiben zwar aus, da Infernus aus der Gaahl-/King-Ära mit einem Medley aus „Destroyer“ und „Incipit Satan“, „Forces Of Satan Storms“ („Twilight Of The Idols: In Conspiracy With Satan“) und „Unchain My Heart!!!“ („Incipit Satan“) auch heute nur die obligatorischen Stücke spielt. Insgesamt ist die Mischung der Songs aus den drei Band-Phasen jedoch gelungen – und sind wir ehrlich: Songs wie „Wound Upon Wound“ oder „Carving A Giant“ hört man dann doch lieber bei God Seed aus dem verdorbenen Rachen van Gaahl persönlich.

  1. Bergtrollets Hevn
  2. Aneuthanasia
  3. Prayer
  4. Katharinas Bortgang
  5. Revelation Of Doom
  6. Forces Of Satan Storms
  7. Profetens Åpenbaring
  8. Ødeleggelse og Undergang / Blood Stains The Circle
  9. Cleansing Fire
  10. Destroyer / Incipit Satan
  11. Krig
  12. Kala Brahman
  13. Unchain My Heart!!!

Gorgoroth-Klein-13Als GORGOROTH den Abend nach ebenfalls 60 Minuten mit „Unchain My Heart!!!“ beschließen und das Publikum somit noch vor Mitternacht in die laue Dezembernacht entlassen, haben sie gemeinsam mit GEHENNA und KAMPFAR eines klar gemacht: Black Metal kommt auch 2015 noch aus Norwegen. Zumindest gibt sich heute keine der drei Szenegrößen die Blöße, den Erwartungen nicht gerecht zu werden. Ob es zusätzlich noch zweier weiterer Bands bedurft hätte, um das Programm abzurunden, ist fraglich – zumindest SELVANS dürften für diejenigen, die sich rechtzeitig zum verfrühten Auftritt der Band eingefunden hatten, eine interessante Neuentdeckung darstellen.

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