Konzertbericht: Nocte Obducta w/ Todtgelichter, Divide

25.03.2017 Obertraubling, Airport Eventhalle (Terminal 1)

TODTGELICHTER und NOCTE OBDUCTA verbindet ein ähnliches Schicksal: Von allen Seiten viel gelobt wurden sie beide über die Jahre – die Anerkennung, die sie verdient hätten, wurde beiden trotzdem nie so ganz zu teil. Weil sich erstere nun auflösen und zweitere ein neues Album veröffentlichen, gehen die beiden Bands gemeinsam auf Tour. Den letzten Halt legt der Tourtross im oberpfälzischen Obertraubling ein, das außer Ortsansässigen höchstens noch Regensburger als Gewerbestandort in der Peripherie ihrer Heimatstadt kennen.

Entsprechend skurril mutet die Veranstaltungslocation für einen Auswärtigen an: Eingebettet zwischen Betriebsgelände, Großparkplätzen und einem Sport-Club, der seinem Namen („Mega Sports Regensburg“) durchaus gerecht wird, liegt, mäßig malerisch, die Airport Eventhalle – eine klassische Großraumdisko, konzipiert für ländliche Bedürfnisse… Schlagerabende, Ü30-Parties und Metal-Shows.

An den technischen Rahmenbedingungen scheitert es im „Terminal 1“, dem größten der drei Säle, jedenfalls nicht: Eine fast mannshohe Bühne, ein umfangreiches Arsenal an Scheinwerfern und glasklarer Sound ermöglichen den Zuschauern bereits bei der ersten Band des Abends, DIVIDE, ein uneingeschränktes Konzertvergnügen. Eingeschränkt ist jedoch die Zahl derer, die dieses Angebot annimmt: Die höchstens 20 Männer und Frauen, die bereits pünktlich um 20:00 in der Halle stehen, verlaufen sich fast in den Weiten zwischen Merch, Bühne und Bar. Die Death-Thrasher, extra aus dem fernen Kiel angereist, lassen sich den Abend davon jedoch ebensowenig vermiesen wie von der Tatsache, dass heute nur zwei der drei Musiker verfügbar waren: Auch als Duo können DIVIDE mit einer soliden Show aufwarten.

Immerhin nicht mehr ganz so leer ist es, als sich TODTGELICHTER um 21:00 daran machen, ihre letzte Clubshow überhaupt zu absolvieren. Zwar werden die vielleicht 80 Zuschauer der 15-jährigen Karriere der Hamburger, die mit ihrem Album „Angst“ 2010 eines der bislang spannendsten und mutigsten deutschen Black-Metal-Alben veröffentlicht hatten, nicht ansatzweise gerecht – die Band macht dennoch das Beste draus: Während Gitarrist und Songwriter Freddy zur Feier des Tages 50€-Schampus aus der Flasche trinkt, zelebrieren TODTGELICHTER sich noch einmal selbst: Vom „Schemen“-Kracher „Blutstern“ über den Band-Hit „Café Of Lost Dreams“ bis zum live schon öfter umgesetzten Gesangs-Duett von Sängerin Marta mit Nocte-Obducta-Fronter Torsten bei „Phobos & Deimos“ bleibt für Fans kein Wunsch unerfüllt. Dass die Show kurz unterbrochen werden muss, weil sich Tentakels Fußmaschine vorzeitig in den Ruhestand verabschiedet, vermag die Atmosphäre nicht zu beschädigen – zu aufrichtig dankbar und gerührt zeigen sich TODTGELICHTER in gleich mehreren Ansagen von Marta und Freddy hinsichtlich der besonderen Bedeutung, die dieses vorletzte TODTGELICHTER-Konzert für die Band hat. Mag der Auftritt auch nicht unter den Bedingungen und mit der Besucherzahl stattgefunden haben, die man sich für eine letzte Einzelshow wünscht, macht sie doch bereits jetzt deutlich, was der Szene an den Hamburger TODTGELICHTERn verloren geht.

  1. Zuflucht
  2. Café Of Lost Dreams
  3. Blutstern
  4. Phobos und Deimos
  5. Ghost
  6. Soil
  7. Embers
  8. Neon

Auch NOCTE OBDUCTA haben heute einmal mehr das Pech, dass Ruf und Rahmenbedingungen weit auseinanderklaffen. Obwohl die Truppe nach 22 Jahren Bandgeschichte – und nur ein dreiviertel Jahr nach ihrem letzten Album – ihr elftes Studioalbum vorstellt, sind die Fans kaum in die vorderen Reihen zu bewegen. Mit der ihnen eigenen Fuck-Off-Attitüde gelingt es NOCTE OBDUCTA, das mehr oder weniger gekonnt zu überspielen. Mit Outfits zwischen Atheist-Shirt und Ananas-Hawaiihemd, weiß getüncht, schwarz beschmiert oder auch ohne Gesichtsbemalung optisch die wohl heterogenste Black-Metal-Band Deutschlands, spiegelt die Live-Show die Vielseitigkeit der Band auf Platte leider nur in Maßen wieder: Auch heute präsentieren sich NOCTE OBDUCTA als scheppernde Black-Metal-Band und schraddeln sich – mal mehr, öfters jedoch weniger präzise – quer durch die harte Seite ihrer Diskographie. Zur daraus resultierenden punkigen Attitüde der Show passt es perfekt, dass NOCTE später im Set alle Avantgarde-Ansprüche fallen lassen und kurzerhand „Braineaters“ von Misfits covern. Ihre zarte Seite hingegen lassen NOCTE OBDUCTA aber auch heute im Schrank: „Umbriel“, aber auch die sanften Songs der anderen Alben bleiben in der Setlist leider gänzlich unbeachtet, die obligatorisch mit „November / Und Pan spielt die Flöte (Desîhras Tagebuch, Kapitel II)“ endet, bevor NOCTE OBDUCTA als Zugabe noch „Fick die Muse“ und „Der Durst in meinen Augen“ zum Besten geben.

    1. Niemals gelebt
    2. Es fließe Blut
    3. Die Pfähler
    4. Prinzessin der Nachtschatten
    5. Trollgott
    6. Töchter des Mondes
    7. Solange euer Fleisch noch warm ist
    8. Ein Stählernes Lied
    9. Braineaters (Misfits-Cover)
    10. Am Waldrand
    11. November / Und Pan spielt die Flöte (Desîhras Tagebuch, Kapitel II)

  1. Fick die Muse
  2. Der Durst in meinen Augen

Mag die Airport Eventhalle als Vorstadtdisko wie auch als Konzertlocation einiges zu bieten zu haben – zumindest für das heutige Gespann ist die Wahl des Austragungsortes dennoch nicht glücklich. Obwohl es sich um die einzige Show der Tour im süddeutschen Raum handelt, lockt das an sich starke Billing aus TODTGELICHTER und NOCTE OBDUCTA plus Support scheinbar nicht einmal Regensburger ins direkt angrenzende Obertraubling – von auswärtigen Fans ganz zu schweigen. Im Rahmen des Möglichen machen die drei Bands des heutigen Abends das Beste draus. Mit einer Show in Nürnberg oder München wäre aber wohl allen Beteiligten eher gedient gewesen.

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