Konzertbericht: Opeth w/ The Vintage Caravan

08.11.2019 München, Backstage (Werk)

OPETH spalten dank ihres 2011 mit „Heritage“ begonnenen Stilwandels – weg vom Progressive Death Metal, hin zum 70er-Jahre-orientierten Prog-Rock – inzwischen seit acht Jahren ihre Fanbase. Dass sie als Live-Band dennoch beliebter als je zuvor scheinen, zeigt ihre aktuelle Tour zum neuen, auf Englisch und Schwedisch erschienenen Album „In Cauda Venenum“: Bereits zwei Monate vor dem Konzerttag sind alle Karten ausverkauft. Dass die Band sich das Münchner Backstage Werk ausgesucht hat, verwundert da sehr, hätte doch auch eine größere Location problemlos gefüllt werden können, wie der Kartenvorverkauf zeigte. Wer also rechtzeitig Tickets ergattern konnte, bekommt heute nicht nur OPETH, sondern auch die mit ihnen tourenden Isländer THE VINTAGE CARAVAN zu sehen.

Letztere beginnen, wie angekündigt, pünktlich um Viertel vor acht ihr Set. Warum OPETH sich THE VINTAGE CARAVAN als Support ausgesucht haben, wird schnell klar: Auch diese verfolgen einen Retro-Rock-Ansatz, wenngleich auch weniger verschwurbelt und verkünstelt. Das macht aber gar nichts, denn die Rocker legen auch mit ihrer vergleichsweise geradlinigen Musik einen wahnsinnig energiegeladenen Auftritt hin, bei dem selbst die Prä-„Heritage“-Fraktion im Publikum wenig auszusetzen haben dürfte. Mag die Musik des Trios auch keinerlei frischen Wind in das Genre bringen, ist ihr Vintage Rock dennoch allein handwerklich derart gut umgesetzt, dass man sich den treibenden Riffs und Grooves kaum entziehen kann.

Um 21:00 Uhr betreten schließlich OPETH die Bühne zu „Livets Trädgård“, dem Intro ihres neuen Albums „In Cauda Venenum“, und beginnen ihr Set mit dessen Opener-Track „Svekets Prins“. Wie auch schon in den Jahren zuvor, haben die Schweden eine Setlist zusammengestellt, bei der von so vielen OPETH-Alben wie möglich ein Song gespielt wird – wenngleich heute auch das gesamte Frühwerk bis einschließlich „Still Life“ fehlt. Wer jedoch erwartete, dass die Band bei ihrer Tour zum neuen Album in erster Linie dieses live präsentieren wird, dürfte enttäuscht sein, dass lediglich drei der neun Songs den Weg in die Setlist fanden.

Doch OPETH-Konzerte sind, wie der erfahrene Konzertgänger weiß, nie einfach nur ein reines Vortragen von Songs, sondern auch eine Unterhaltungsshow. Mastermind Mikael Åkerfeldt, heute schick mit Hut gekleidet – welcher auch sogleich im Dialog mit dem Publikum zum Thema wird – lässt auch an diesem Abend wieder einmal keine Gelegenheit aus, die Menge mit seinem trockenen Humor zum Lachen zu bringen. So fordert etwa ein Zuschauer penetrant, dass die Band „Ghost Of Perdition“ spielen soll, woraufhin Åkerfeldt irgendwann entgegnet, sie hätten diesen Song „zu Tode gespielt“. Außerdem sei seine Gitarre gar nicht in der richtigen Stimmung dafür, was er dann sogleich demonstriert, indem er den Song einfach anspielt und den Versuch dann mit „See? Sounds like shit!“ kommentiert.

Dieses Einknicken bei der Forderung, einen Song anzuspielen, bleibt jedoch für die Band nicht ungestraft: So werden den Musikern vor ihrer Zugabe immer mehr Songwünsche entgegengebrüllt, sodass OPETH ihr reguläres Programm in einem spontanen Beschluss kurzzeitig unterbrechen, um diverse Hits und Fan-Favoriten für das Publikum anzuspielen, die für den Abend eigentlich gar nicht eingeplant waren – darunter Songs wie „The Moor“ und „Face Of Melinda“ vom Album „Still Life sowie „Beneath The Mire“, „Windowpane“ und „Forest Of October“. Nach dieser kleinen, improvisierten Einlage beenden OPETH ihr spaßiges, bei optimalem Live-Sound vorgetragenes Set mit ihrem Hit „Deliverance“, bei welchem auch die Death-Metal-Fraktion dank des gleichzeitig komplexen und harten Outros voll auf ihre Kosten kommt.

  1. Livets Trädgård (vom Band eingespielt)
  2. Svekets Prins
  3. The Leper Affinity
  4. Hjärtat Vet Vad Handen Gör
  5. Reverie/Harlequin Forest
  6. Nepenthe
  7. Moon Above, Sun Below
  8. Hope Leaves
  9. The Lotus Eater
    (Ausschnitt „Ghost of Perdition“)
  10. Allting tar slut
  11. Sorceress
    (Ausschnitte aus „The Moor“, „Face Of Melinda“, „Windowpane“, „Forest Of October“, „Beneath The Mire“ und „Master’s Apprentices“)
  12. Deliverance

Warum OPETH sich ausgerechnet das Backstage Werk als Location ausgesucht haben, obwohl sie eine deutlich größere Konzerthalle benötigt hätten, muss man nicht verstehen. Doch wer das Glück hatte, an Karten zu kommen, bekommt mit THE VINTAGE CARAVAN und OPETH zwei grundsympathische und musikalisch starke Bands zu sehen, die beide auf ihre Art und Weise einen makellosen Auftritt abliefern. Ob man für einen Abend mit gerade einmal zwei Bands, von denen keine irgendwelche aufwändigen Bühnen- und Showelemente nutzt, wirklich schon im Vorverkauf knapp 50€ verlangen muss, ist allerdings fragwürdig. Auch wenn man natürlich damit argumentieren kann, dass die hohe Nachfrage diesen Preis aus wirtschaftlicher Sicht für die Bands durchaus rechtfertigt.

Publiziert am von Simon Bodesheim

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