Konzertbericht: Static-X w/ Wednesday 13, Soil, Dope

13.10.2019 München, Backstage (Werk)

„Der Deal ist geplatzt, STATIC-X sind geplatzt. Ende. Nie wieder STATIC-X. In der letzten E-Mail, die Tony mir schickte, schrieb er, dass wir hoffentlich nie wieder miteinander reden müssen. Und ich antwortete: ‚Glaub mir, das ist das letzte Mal, dass du von mir hörst.‘ Und so gingen wir auseinander. Total ätzend. Ich finde es traurig, dass die Dinge auf diese Weise enden müssen.“ Mit diesen Worten schloss Wayne Static 2012 das Kapitel STATIC-X. Und fügte hinzu: „Ich bin offen für Gespräche. Ich glaube aber nicht, dass es dazu kommt.“

Zu den Gesprächen kam es tatsächlich nicht mehr, bevor Wayne Static 2014 verstarb. Die ursprünglich schon für 2013 angesetzte „Wisconsin Death Trip Tour“ hingegen wird zum als „20th Anniversary Tour“ 2019 doch noch Realität: Unter der Fühung von Bassist Tony Campos mit den restlichen Gründungsmitgliedern und einem anonymen Sänger namens Xer0, und mit einem beachtlich starken Package aus DOPE, SOIL und WEDNESDAY 13 im Vorprogramm.

Als erste Band des Abends dürfen DOPE auf die Bühne. Dass die 1997 gegründete Band bei dieser Tour mit von der Partie ist, befeuert die Gerüchte, Fronter Edsel Dope sei in Doppelfunktion unterwegs und zugleich der „namenlose“ Ersatzsänger bei Headliner Static-X. Musikalisch passen die Jungs mit ihrem Mix aus Alternative und Nu Metal jedenfalls gut ins Billing – und können die Fans im bereits zu dieser frühen Stunde (Showbeginn 18:30 Uhr) zu gut drei Viertel gefüllten Werk eine halbe Stunde lang entsprechend gut unterhalten – nicht zuletzt mit ihrem Hit „Die Motherfucker Die“ und dem Dead-Or-Alive-Cover „You Spin Me Round (Like A Record)“.

  1. Blood Money
  2. 6-6-Sick
  3. Bring It On
  4. Die Motherfucker Die
  5. I’m Back
  6. Burn
  7. You Spin Me Round (Like A Record) (Dead-Or-Alive-Cover)

Ebenfalls 1997 gegründet, zählen auch SOIL zu den Urgesteinen des Nu Metal. Kultstatus genießt die Truppe aus Chicago nicht zuletzt wegen ihres Sängers Ryan McCombs, der nach sieben Jahren Auszeit seit 2011 wieder an Bord ist. Auch heute ist es vor allem McCombs, der den Auftritt bemerkenswert macht: Mal mit einer sympathischen Ansage, mal, weil er zum Band-Hit „Halo“ kurzerhand ins Publikum herunterkommt und so nicht nur Fannähe beweist, sondern das Publikum auch zu einem ordentlichen Moshpit animiert. Spätestens, als SOIL im An- und zum Abschluss noch den Lead-Belly-Evergreen „Black Betty“ covern, haben sie die Sympathien des Publikums ganz auf ihrer Seite.

  1. Breaking Me Down
  2. Need To Feel
  3. Pride
  4. Redefine
  5. Give It Up
  6. Unreal
  7. Halo
  8. Black Betty (Lead-Belly-Cover)

Wäre der Konzertabend (auch im Hinblick auf den Headliner) bislang als echte 90’s-Nu-Metal-Party durchgegangen, folgt mit WEDNESDAY 13 um 20:15 Uhr doch noch eine Band aus dem neuen Millennium. Dass die Spielreihenfolge trotzdem gerecht ist, zeigt sich in den folgenden 45 Minuten: Zum einen legt die Anzahl der WEDNESDAY-13-Shirts im Publikum nahe, dass ein beträchtlicher Teil der Fans heute wegen der 2004 als  Horrorpunk-Band gegründeten Truppe gekommen ist. Zum anderen legen WEDNESDAY 13 heute einen lupenreinen Auftritt hin. Musikalisch spätestens mit dem brandneuen Album „Necrophaze“ im Modern Metal angekommen, konzentrieren sich WEDNESDAY 13 auch sonst fast ausschließlich auf Material der metal-lastigeren letzten Alben und können das Publikum so schnell für sich gewinnen.

Vor allem aber ist es die Show, die begeistert: Die größere Produktion und das wohl auch gewachsene Budget für Kostüme nutzt der verkleidungsfreudige Fronter voll und ganz aus: Fast zu jedem Song zeigt sich Wednesday 13 in einem anderen Outfit. Für den Metal-Puristen sicher ein Alptraum, kommt das Showkonzept beim Publikum heute voll an: Als schon nach 45 Minuten und dem fast obligatorischen  Frankenstein-Drag-Queens-From-Planet-13-Relikt „I Love To Say Fuck“ Schluss ist, hallt nicht nur Jubel, sondern auch einige „Zugabe“-Rufe durch die Halle.

  1. Necrophaze
  2. Zodiac
  3. Hail Ming
  4. Astro Psycho – Galactic Blood-Drive
  5. Get Your Grave On
  6. Prey For Me
  7. Decompose
  8. What The Night Brings
  9. Keep Watching The Skies
  10. I Love to Say Fuck (Frankenstein-Drag-Queens-From-Planet-13-Cover)

Soweit, so gut, am Ende aber alles irgendwie irrelevant. Schließlich hängt, einem Damoklesschwert gleich, noch die alles entscheidende Frage über dem Abend: Kann STATIC-X ohne Wayne Static funkionieren? Die Antwort bekommen die Fans um 21:35 Uhr. Allerdings zunächst etwas schleppend: Über volle fünf Minuten hinweg manifestiert sich zum Intro „December“ das Bandlogo auf den Diodenwänden, ehe das Quartett aus Tony Campos, Koichi Fukuda, Ken Jay und Xer0 auf die Bühne kommt. Während erstere drei als Gründungsmitglieder von STATIC-X dem Reunion-Projekt die maximal mögliche Legitimation verschaffen, torpedieren STATIC-X diese direkt durch die Figur des Xer0.

Mag es noch halbwegs glaubhaft klingen, dass sie die Erinnerung an Wayne Static nicht durch einen neuen Namen im Line-up trüben wollten. Ein Wayne-Static-Darsteller in einem Wayne-Static-Kostüm mit Wayne-Maske, Wayne-Perücke „dabei“ zu haben, ist dafür jedoch eine mehr als fragwürdige Lösung. Und spätestens der schwarze Ganzkörperanzug mit Skelettaufdruck, den Xer0 unter dem für Wayne typischen, ärmellosen Shirt trägt, ist schlichtweg pietätlos. Dagegen wirkt das Konzept der oft gescholtenen Hologrammshows verstorbener Musiker wie Dio ja fast elegant. Geradezu skurril wird es spätestens, als dieser Cosplay-Wayne dann „This is not“ anstimmt:

„This is not my life
This is not my home
This is not me
I Hate this“

Auch sonst nimmt man der Band – allen voran dem neuen Bandkopf Tony Campos – leider einfach nicht ab, dass sie das Erbe eines Freundes hochhalten wollen, wenn sie nun wieder als STATIC-X auf der Bühne stehen: Zu oft und dabei doch stets lieblos wird im Verlauf der Show an Wayne erinnert. Mal mit eingeblendeten Fotos, mal in völlig emotionslosen Ansagen zur angeblich ach so großen Liebe zu Wayne Static. Auch und vor allem von Campos, der noch 2012 nicht mehr mit Static reden wollte und damit, soweit bekannt, nicht nur das Aus für die ursprüngliche „Wisconsin Death Tour“, sondern auch für STATIC-X als Band verantwortet.

Und die Show selbst, die Musik? Auch hier kann man fraglos geteilter Meinung sein: Obwohl der Großteil der Fans das mit der Tour zelebrierte Album „Wisconsin Death Trip“ und die restlichen, in knapp 60 Minuten Spielzeit gebotenen Songs abfeiert, bleibt die Show ein Schatten dessen, wofür STATIC-X standen und was im Rahmen dieser Reunion vielleicht sogar möglich gewesen wäre: Die riesigen Diodenleinwände werden nur für unspektakuläre Logo-Visualisierungen genutzt, die Musiker agieren ziemlich – Achtung, Kalauer! – statisch, und der dank Maske völlig emotionslos wirkende Xer0 erweckt den Eindruck, als fühlte er sich die ganze Zeit irgendwie fehl am Platz. Seine Gitarre hat er sowieso mehr der Show (und des stimmigen Bildes wegen) um – zu hören sind vornehmlich Koichi Fukuda und, noch prägnanter, die brüllend lauten Beats. Die geben den Songs zwar in Ministry-Manier mächtig Schub, rauben ihnen aber zugleich auch jedwede Dynamik. Zum daraus resultierenden, stumpf-stampfenden Sound passt dann auch die Stimme von Xer0, der gerade in den harten Parts jener Hauch von Melodik fehlt, der den Gesang bei STATIC-X seit jeher geprägt hat.

  1. Bled For Days
  2. Wisconsin Death Trip
  3. Fix
  4. Love Dump
  5. Sweat Of The Bud
  6. I Am
  7. Otsegolation
  8. The Trance Is The Motion
  9. Get To The Gone
  10. Black And White
  11. This Is Not
  12. Destroy All
  13. Start A War
  14. Behemoth
  15. Cold
  16. I’m With Stupid
  17. Push It

Schlussendlich ist das Dargebotene damit in jeder Hinsicht stumpf: Von der Art, wie an Wayne erinnert und dieser von Xer0 „dargestellt“ wird, über die Showelemente bis hin zur musikalischen Darbietung. Nur mit einer gehörigen Portion romantisierender Vergangenheitsverklärung kann man über all das wegsehen und den Sound der Jugend in Form von Hits wie „Cold“, „I’m With Stupid“ oder „Push It“ feiern, die zugleich den Höhepunkt und Abschluss des Konzerts bilden. Einem gelingt das noch besser als dem treuesten der rund 1.000 Fans im Backstage Werk: Tony Campos, wie er sich, bescheiden abwinkend, nach dem Ende der Show noch minutenlang von der Menge als den großen Zampano von STATIC-X feiern lässt. Nicht nur ohne den echten Wayne an seiner Seite, sondern auch ohne den falschen, der die Bühne sogar schon vor dem Abschlussfoto verlassen hat. In der Tat, das Ende von STATIC-X als Band war traurig. Noch trauriger allerdings ist, wie es nun, unter dem Deckmantel des Gedenkens, weitergeht.

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6 Kommentare zu “Static-X w/ Wednesday 13, Soil, Dope

  1. Das Interview mit Tony Campos war recht aufschlussreich (gibt es ein langes Video bei YouTube wo er über den Streit mit Wayne spricht).
    Ich hab ihm das abgekauft… sieht halt jeder anders.

    Gitarre von xerO fand ich jetzt nicht zu leise…. der Sound kam allgemein sehr fett. Aber auch das sieht jeder anders :)

    Bleiben wir dabei…. ich fand die Show klasse und sehe da jetzt keine Geldgier oder billige Kopie ;)
    Wenn du es anders siehst is das total in Ordnung ;)

  2. Also ich denke nicht dass er am hungertuch nagen muss wenn er mit so namhaften Bands tourt.

    Ja sie waren am Ende zerstritten….. das kann es geben…. warum können sie ihm dann nicht trotzdem eine Tour widmen??? Ihm zu Ehren?

    Warum eigentlich Hampelmann???? Der hat dass in meinen Augen überragend gemacht und die Stimmung war super geil in der Halle. Mich stört an dem Bericht am meisten die Kritik an der Live Darbietung. Was hat ZerO an da Gitarre so falsch gespielt? Static-X spielt zu 90% bloß ein E auf da Gitarre is mega simpel aber sehr effektiv.

    Tony und Co haben nicht auf die Tränendrüse gedrückt. Es waren viele Videos und Bilder im Hintergrund und Tony hat am Schluss eine kurze Rede gehalten…. höchstens 2 Min

    1. Vom Hungertuch hat niemand geredet. Wobei ich dir versichern kann dass es viele Musiker gibt, die „am Hungertuch nagen“, obwohl sie mit namhafteren Bands unterwegs sind. Aber das ist eine andere Geschichte.

      Klar können sie ihm eine Tour widmen. Aber würdest du, ganz persönlich, auf die Idee kommen, jemandem, mit dem du am Ende nicht einmal sprechen wolltest, eine Tour zu widmen? Ich persönlich ja nicht. Und naja … die Tränendrüse war vielleicht etwas hoch gegriffen, aber du sagst es ja selbst: es waren viele Videos und Bilder. Plus Tonys „kurze Rede“.

      Von falsch spielen steht da übrigens nichts – seine Gitarre war nur schlicht kaum zu hören. Und dass die Stimmung gut war, bestreitet ja auch niemand. Gerade deswegen soll der Bericht ja zum Nachdenken anreden.

  3. Selten so einen Mist gelesen…. nicht böse sein aber xerO hat das Weltklasse gemacht und hat paar Songs sogar besser gesungen. Allen voran Black&White und Cold kam richtig gut.

    Tony Campos hat vor der Tour erklärt dass er es schade findet wie es mit Wayne Static auseinander gegangen ist…. und sie dass Album und Tour ihm widmen. Glaube nicht dass es da um Geld geht…. tony hat zuletzt bei soulfly und fear factory getourt der hat dass glaub ich nicht nötig.

    Und hast du schon vorher mal eine Static-X Show besucht? Koichi und Tony waren immer statisch unterwegs und Wayne selber war auch kein Bewegungswunder :)

    Falsch fand ich es auch dass xerO am Schluss nicht mehr auf die Bühne kam…. aber ansonsten ein Megatoller Abend mit 4 super Bands….. allen voran Static-X mit einem sehr starken Ersatz.

    Ich war in da ersten Reihe und hab selten so a tolle Sache miterlebt. R.I.P Wayne…. er hat sich lm Himmel sicher paar Shots genehmigt.

    Meiner Meinung nach war der Rezessent auf einer anderen Show….. aber Recht auf freie Meinungsäußerung

    1. Und was, meinst du, verdient so ein Bassist bei Soulfly so, wann waren Fear Factory das letzte Mal auf Tour und wie oft meinst du, muss auch ein Tony Campos mal was essen?
      Mal im Ernst: Zum Topverdiener wird er durch all diese von dir genannten Aktivitäten nicht geworden sein – da bietet sich das doch an in der Zeit, in der FF gerade nichts machen. Dass er „schade findet“, wie SX auseinandergegangen sind – schön und gut. Das muss er ja auch sagen, wenn die Aktion nicht völlig absurd sein soll. Aber Fakt ist halt: Er und Wayne haben sich zuletzt gehasst und er wollte noch vor wenigen Jahren keine Reunion MIT Wayne. Dass die jetzt ohne Wayne möglich ist? Praktisch. Dass man dann auch noch groß auf die Tränendrüse drücken kann? Noch besser. Aber dass Wayne stolz drauf wäre, dass da ein Hampel mit ner Maske rumturnt und seine Band ad absurdum führt, kannst du mir nicht weißmachen.

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