Review Alestorm – Captain Morgan’s Revenge

Yarr harr! Im dritten Jahrtausend ist die Piraterie wieder groß in Mode gekommen. Nach diversen „Fluch der Karibik“-Filmen und immer mehr Totenköpfen auf Kleidung und Accesoires macht die Seeräuberwelle auch vor dem Metal nicht halt. ALESTORM haben sich dem „True Scottish Pirate Metal“ verschrieben, was ungefähr so klingt, als ob sich Rock’n’Rolf mit Warlord Nygård zum Jammen getroffen haben und dabei von den korpiklaan’schen Saufbrüdern mit der ein oder anderen Buddel voll Rum überrascht wurden.

Die Band um Christopher und Gavin besteht (bis 2007 als „Battleheart“) seit knapp vier Jahren und hat schon einige Wogen über die Nordsee geschlagen. Die erste EP namens „Battleheart“ und insbesondere der kultig-schlechte Song „Heavy Metal Pirates“ ist über norwegische Freunde schon bis nach Norddeutschland gedrungen, und plötzlich stehen die sympathischen Jungens, die ich 2006 in Wacken traf, bei Napalm Records unter Vertrag. Nun denn, lasst uns hören, was daraus geworden ist.

Im Wesentlichen klingt der Bier-Sturm, wie bereits angedeutet, nach rauem Power Metal mit Finnen-Folk-Schlagseite. Die lyrischen Gemeinsamkeiten mit Running Wild haben nicht den größten Einfluss auf die Musik, die sich so gewisse Eigenständigkeiten bewahren kann. Das Songmaterial auf „Captain Morgan’s Revenge“ ist ziemlich abwechslungsreich. So gibt es heftigere Schlachtenhymnen mit geshouteten Refrains (z.B. „The Huntmaster“ oder „Terror On The High Seas“) neben shanty-haften Schunkelnummern („Of Treasure“ oder „Flower Of Scotland“, letzteres ist eine inoffizielle Nationalhymne), alkoholgeschwängerten Partyknallern („Nancy The Tavern Wench“ oder „Wenches & Mead“) und einigem, was dazwischen liegt. Und dann gibt es noch den Titelsong…

Junge, bei Edward Teaches schwarzem Barte, lange ist mir solches nicht passiert, was mir beim ersten intensiven Hören von „Captain Morgan’s Revenge“ widerfuhr: Sprachlos und von wohligen Schauern geschüttelt saß ich da, dieser Song ist ein absolut gänsehautlastiges Meisterwerk! Auf etwa sieben Minuten ziehen die schottischen Freibeuter alle Register des epischen Power Metals und erzählen eine mitreißende klassische Piratenstory, die sich insbesondere durch ihren rau-erhabenen Seemannschor-Refrain bis ins Mark festsetzt. Der soundtrackhaften Mittelteil, wo der sonst nicht unbedingt brillierende Christopher seine Stimme absolut treffsicher in Szene setzt, trägt ebenso dazu bei wie die total passenden bombastischen Keys. Wenn ich meinen Lesern etwas empfehlen kann, dann nur, sich dieses großartige Stück Musik auf der Seite der Band anzuhören, ich habe lange nicht so etwas Großartiges gehört!

Leider leider kann der Rest des Alestorm’schen Materials lang nicht mit diesem einen Lied mithalten. Ein großes Manko des Albums kommt jedes mal zu Tage, wenn das Keyboard die Führung übernimmt, denn nicht selten landet man in Nintendo-artigen Höhen, die einfach, sagen wir, bescheiden klingen. Im Großen und Ganzen hauen die Schotten – bis eben auf den Titelsong – wenig zwingend Mitreißendes heraus, auch wenn vielleicht noch „Of Treasure“ als cool-klischeebeladene Piratenballade hervorsticht. Der Rest jedoch ist zwar keineswegs schlecht, aber eben auch nicht richtig toll.

Aber hey, schließlich handelt es sich um das erste Album der Kiltträger. Dass man da noch gewisse Kinderkrankheiten (Stichwort Keyboard) auskurieren muss, ist nicht weiter verwunderlich. Und auch Sänger Christopher zeigt, dass sich sein Organ seit „Heavy Metal Pirates“ schon gewaltig verbessert hat, und auch sein weiteres Potential bleibt nicht verborgen.

So gesehen kommt mit „Captain Morgan’s Revenge“ ein schon recht beachtliches Debütalbum daher. Fans der Piratenwelle und natürlich auch Liebhaber des kernigen Power Metals sollten ein Ohr riskieren, sofern man sich mit etwas eigenwilligen Keyboardklängen arrangieren kann. Und bitte, wer auch immer das liest, schenke dem mächtigen Titelsong ein Ohr!

PS: Vielen Dank an Napalm Records, die glauben, dass wir Schreiberlinge nur schreiben und nicht lesen können. Folglich muss man ab Track 4 auf der Promo stehts doppelt den Band-, Alben- und Liedtitel hineinsabbeln.

Wertung: 7.5 / 10

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