Review Angra – Aurora Consurgens

„Aurora Consurgens“ – diesen Titel trägt das mittlerweile sechste Langspiel-Studiowerk von ANGRA. Daneben gab es ja noch einige EPs. Gleichzeitig ist es das dritte Album mit Sänger Edu Falaschi, der mit dem 2001er Werk „Rebirth“ den vorherigen Sänger André Matos ersetzte.

Auch auf ihrer neuesten musikalischen Arbeit werden die brasilianischen Jungs ihrem guten Namen wieder vorzüglich gerecht. Das hier ist ganz klar Power Metal, aber eben kein stumpfer, uneigenständiger Hymnenmatsch, sondern intelligent arrangierte Musik, die mit mehr als einem Fuß im Progmetal steht. Nun wird der Begriff Power-Prog-Metal ja so gern jeder der aus dem boden sprießenden Italo-Metal-Bands zugeordnet. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um den misslungenen Versuch, progressive Solo-Action mit der Melodieseeligkeit und Geschwindigkeit des Power Metal zu kombinieren. Das machen ANGRA natürlich in gewisser Weise auch. Doch hier gehen diese beiden Musikstile eine viel engere Verbindung ein, wirken nicht nebeneinanderstehend, sondern ineinander verbunden, und das völlig logisch. Homogenität wird bei der Band ganz groß geschrieben, und man könnte zu dem Vergleich kommen, ANGRA bearbeiten den Powermetal so subtil, wie Fates Warning den Progmetal oder insbesondere Sieges Even den Progrock.

Hier werden interessante, griffige, aber eben keineswegs abgenutzte oder klischeetriefende Gesangsarrangements mit tollen Riffs und Grooves gepaart, öfters mal gibt es orchestrale Arrangements, hinzu kommen bei den Brasilianern aufgrund ihrer Herkunft oftmals einige ausgiebige Percussion-Elemente. Dabei erhält die Band dauerhaft diesen ambitionierten Sound am Leben und rockt durchgehend ziemlich nach vorn, was wohl auch der äußerst druckvollen Produktion zu verdanken ist. Schon der Opener „The Course Of Nature“ weiß durch sein percussives Intro zu gefallen und vereint dann in nur 4 ½ Minuten alles, was ein guter Powermetal-Track haben muss. „The Voice Commanding You“ würde ich mal als Anspieltipp nennen, hier gefallen vorallem der geniale Refrain sowie der kurz auftretende gregorianische Chor. Auch richtig gutes (!!) High-Speed-Gefrickel gibt es hier. Die Ballade „Breaking Ties“ ist die schwächste Nummer auf dem Album, hier wirken die Melodien doch etwas kitschig und billig, ansonsten gibt es so was auf dem Album an keiner Stelle. In den folgenden Songs konzentriert man sich entweder etwas mehr auf den Prog- oder auf den Powermetal-Anteil, besonders gelungen ist hier noch „So Near So Far“, das wieder mit orchestral-orientalischen Klängen startet und im gesamten Verlauf äußerst interessant bleibt. „Passing By“ besticht durch eine tolle Atmosphäre, die einfach mitzureißen weiß. „Scream Your Heart Out“ bietet noch mal astreine Hooklines, bevor es im Akustikgitarren-Gewand mit „Abandoned Fate“ zuende geht. Man legt den Fokus geschickt mal auf Eingängkeit, dann wieder auf subtile Instrumentalparts; Komplexität und Homogenität gehen hier Hand in Hand. Jeder Song will für sich genommen entdeckt werden und den Hörer verzaubern.

Die 50 Minuten von „Aurora Consurgens“ (der Titel stammt übrigens von einer alchimistischen Handschrift aus dem 15. Jahrhundert und bedeutet „das sich erhebende Licht“) wollen erst erarbeitet werden, geben dem Hörer aber einiges an Unterhaltungswert zurück. Wer Powermetal frisch, knackig, abwechslungsreich und mal völlig ohne Klischees hören möchte, besorge sich diesen Silberling. Das tolle Cover macht sich übrigens auch gut im Plattenschrank und vermittelt bereits, dass das hier kein „üblicher“ Powermetal ist!

Wertung: 8.5 / 10

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