Review Anomalie – Visions

  • Label: AOP (Art Of Propaganda)
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Black Metal

Seit dem Debüt „Between The Light“ sind ANOMALIE echte Senkrechtstarter in der hiesigen Black-Metal-Szene. Dafür sorgt, neben der hohen Qualität der Musik von Mastermind Marrok, wohl auch der Umstand, dass dieser als Live-Musiker bei den derzeit ebenfalls angesagten Harakiri For The Sky schon mit einem gewissen Bekanntheitsgrad ins Rennen gestartet ist. Mit „Visions“ erscheint nun, nur drei Jahre nach dem ersten, bereits das dritte ANOMALIE-Album, das einmal mehr jeden Höhenflug der Band rechtfertigt und für einen neuerlichen Popularitätsschub sorgen dürfte.

Das Artwork deutet bereits an, was der Opener „Vision I: Towards The Sun“ auch musikalisch ausdrückt: Mit „Visions“ rücken ANOMALIE näher an die Nische der spirituell-schamanistisch angehauchten Black-Metal-Bands wie Our Survival Depends On Us. Dass deren Bassist und Hauptmystiker Bartholomäus Resch an dem Song mitgewirkt hat, überrascht in diesem Kontext nicht. Was im Bild von Künstler Irrwisch der Hirschgeweih-Traumfänger, sind in der Musik Elemente wie Naturgeräusche, Chor und Akustikgitarre, die auf „Visions“ nicht nur diese erste „Vision“ einleiten, bevor das von den vorangegangenen CDs wohlbekannte, gewohnt tragende Riffing einsetzt.
Obwohl die rituellen Elemente in dieser Form neu im Sound von ANOMALIE sind, müssen sich Fans der beiden bisherigen Alben nicht auf einen großen Umbruch einstellen: Vielmehr entwickeln ANOMALIE ihre Musik in jeder Hinsicht ganz natürlich weiter. Schon das darauffolgende, verglichen mit dem Opener merklich flottere und extrem eingängige „Vision II: The Wanderer“ beispielsweise klingt so unverkennbar nach ANOMALIE, wie man es sich nur wünschen kann. Und auch die folgenden Nummern lassen nie Zweifel daran aufkommen, mit welcher Band man es hier zu tun hat. Neuerlich von Markus Stock in seiner renommierten „Klangschmiede E“ in das passende Soundgewand gehüllt, ist es neben dem kraftvollen Mix gerade die gefühlvoll arrangierte Vielfalt in den Kompositionen, die „Visions“ so stark macht: Von ruhigen, stimmungsvollen Momenten über Gitarrenläufe, die einmal mehr an Insomnium, die finnischen Meister melancholischer Melodien, denken lassen, bis hin zu kraftvollen Riffs ist auf „Visions“ alles zu finden. Abschluss und zugleich einen weiteren Höhepunkt stellt „Vision VII: One With The Sun“ dar, das mit einem glasklaren Gastgesang von Heike Langhans (Draconian) für Gänsehaut sorgt.

Allen Fans ihrer bisherigen Werke schenken ANOMALIE mit „Visions“ zweifelsfrei ein Highlight des Musikjahres 2017. Doch auch wer als Freund atmosphärischen, melodischen Black Metals mit dem Schaffen der Österreicher bislang nicht vertraut war, sei hiermit angehalten, das schnell zu ändern: Eine intensive Album-Atmosphäre, musikalische Vielseitigkeit und ein dennoch stets klar erkennbarer roter Faden machen „Visions“ – mehr noch als seine Vorgänger – zu einem musikalischen Kleinod und ANOMALIE zu einem Geheimtipp, der sicher bald schon keiner mehr ist.

Wertung: 9 / 10

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