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Review Bob Dylan – Fallen Angels

  • Label: Sony
  • Veröffentlicht: 2016
  • Spielart: Entmetallisiert, Singer/Songwriter, Jazz

Im Mai 2016 konnte BOB DYLAN seinen 75. Geburtstag feiern, zu dem er sich selbst und seinen Fans nur ein Jahr nach „Shadows In The Night“ mit seinem insgesamt 37. Studioalbum ein Geschenk macht. Wie auf dem Vorgänger geht BOB DYLAN auch auf „Fallen Angels“ historisch betrachtet erneut einen Schritt hinter die Ära des Rock zurück und widmet sich gemeinsam mit denselben Musikern traditionellen US-amerikanischen Popstandards, die mit einer Ausnahme ebenso wie auf dem letzten Album alle von Frank Sinatra interpretiert wurden. Das Ergebnis gerät dabei deutlich abwechslungsreicher und stimmiger als der überzeugende, insgesamt aber etwas sehr gleichförmig geratene Vorgänger.

„Fallen Angels“ ist zu großen Teilen durch die extrem hohe Qualität der Studiomusiker definiert: Unglaublich präzise, zurückgenommenen und wie für diese Songs geschaffen dominieren ruhige Töne, Lap-Steel-Gitarren, Akustikgitarrenpicking, ein leise rumpelnder Bass und sanftes Streichen über eine Snaredrum das Klangbild. Das melodisch jeweils leitende Instrument wird immer wieder behutsam in den Vordergrund gerückt, ohne dabei jedoch die alleinige Kontrolle an sich zu reißen. Diese dominante Rolle gebührt ganz der Stimme von BOB DYLAN, die gemeinsam mit der von ihm selbst – unter seinem Alias Jack Frost – verantworteten Produktion eine lebensbejahende und gleichzeitig wehmütige Stimmung erzeugt. Seine nasale Stimme ist deutlich hörbar gealtert, was sie oft dünn, teilweise krächzend und nicht mehr so durchschlagend klingend lässt, wie dies früher der Fall war. Dennoch, oder gerade eben deshalb vermittelt die Stimme dieses großen Künstlers, die immer wieder an einzelnen Tönen zu zerbrechen droht, eine wehmütige, dennoch niemals resignierte Stimmung. Die Produktion auf „Fallen Angels“ unterstützt dies durch ihren warmen Klang, und klingt trotz des Alters der Songs und trotz des musikalischen Minimalismus‘ niemals altbacken, sondern ganz im Gegenteil sehr modern.

Da oft auch Akustikgitarren in den Vordergrund treten, die Produktion deutlich lebendiger klingt und es auch einige etwas schnellere und fröhlichere Nummern auf „Fallen Angels“ geschafft haben, werden nahezu alle Schwächen des Vorgängers ausgemerzt. Dabei wissen das schunkelnde „Polka Dots And Moonbeams“, das regelrecht groovende „All Or Nothing At All“ und das leise vor sich hin polternde „That Old Black Magic“ besonders zu begeistern. Mit seinen von Swing- und Jazz-infizierten Neuinterpretationen dieser alten Popsongs schärft BOB DYLAN die Umrisse eines neuen Werksabschnitts seines musikalischen Schaffens. Und so lange er, wie im passend betitelten und stimmig arrangierten Opener „Young At Heart“ noch so viel Esprit versprüht, darf dieser Abschnitt sehr gerne noch sehr lange andauern.

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2 Kommentare zu “Bob Dylan – Fallen Angels

  1. Als Zusatzlektüre zum Album kann ich das Buch „Die Stimmen aus der Unterwelt: Bob Dylans Mysterienspiele“ von Hans Detering empfehlen. Sehr interessante literaturwissenschaftliche Aufarbeitung von Dylans Quellen und Zitaten seit „Love and Theft“. Durch das Buch erscheint die „plötzliche“ Faszination Dylans mit Sinatra gar nicht mehr so zufällig und selbst die Reihenfolge der gewählten Songs auf dem Vorgänger Album enthält einen tieferen Sinn.

    Das neue Album ist gut, hoffe aber trotzdem auf einen weiteren Output mit orignalen Songs.

    1. Vielen Dank für den Hinweis, dem werde ich beizeiten sehr gerne nachgehen!

      Ja, ich hoffe auch, dass es wieder „neue“ Songs zu hören geben wird – bin bis dahin aber mit derartig tollen Versionen alter Nummern auch glücklich!

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