Review Corey Taylor – CMFT

  • Label: Roadrunner
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Rock

Wenn Bands sich auflösen und die Mitglieder einzeln weitermachen,“ heißt es im Roman „Soloalbum“ von Benjamin von Stuckrad-Barre, „gibt es leider ein unumstößliches Gesetz: Das Soloalbum ist immer scheiße.“ Das sind große Worte, doch tatsächlich kommt man oft nicht umhin, der überspitzt formulierten These Gültigkeit zu attestieren. Nun sind weder Slipknot noch Stone Sour aufgelöst – pausieren nicht zuletzt Corona-bedingt aber erstmalig gleichzeitig. Die freigewordene Zeit nutzte COREY TAYLOR und realisiert mit „CMFT“ („Corey Mother Fucking Taylor“) seine lang gehegten Soloalbum-Träume. Greift das Stuckrad-Barre-Gesetz dann auch?

Wie die Antwort darauf ausfällt, hängt stark davon ab, was man sich von „CMFT“ erwartet. Bereits im Vorhinein hatte COREY TAYLOR das Album als „nichts Unerwartbares“ kleingeredet – nur um dann mit dem Hip-Hop-lastigen Groover „CMFT Must Be Stopped“ und einem Video zu irritieren, in dem ihm diverse Metal-Größen von Rob Halford über Scott Ian bis hin zu Marilyn Manson mit kurzen Cameo-Auftritten huldigen: Ist das noch Hybris oder schon Selbstironie? Repräsentativ für „CMFT“ ist die roughe Rock-Hip-Hop-Collabo jedenfalls nicht.

Los geht es stattdessen mit einem Stone-Sour-esken Einstieg in die gefällige Rock-Nummer „HWY 666“, die mit furiosen Leadgitarren, etwas Southern-Rock-Einschlag und COREYs irgendwie gepresstem und doch gefühlvollem Gesang weniger überrascht als bestätigt: Genau so erwartet man sich ein Rock-Album vom Stone-Sour-Fronter. Diesem gefälligen Stil bleibt COREY TAYLOR im Folgenden erfreulich treu: Statt sich in 13 Songs in 13 Spielarten des Rock zu versuchen, macht er – unterstützt von einer überaus talentierten Band – einfach so weiter: So unterscheidet sich ein „Black Eyes Blue“ mit seinem kessen Mix aus Off-Beat und Zuckergussrefrain vom etwas heavier ausgefallenen „Samantha’s Gone“ oder dem etwas Rock-’n‘-Roll-lastigeren „Meine Lux“ eher um Nuancen denn um Welten.

Bei nicht so richtig hartem Rock ohne echte Ecken und Kanten drängt sich das Attribut „radiotauglich“ geradezu auf – was aber gar nicht despektierlich klingen soll: Sicher, Songs wie die akustisch begonnene Halbballade „Silverfish“ oder „Kansas“ mit seinem Mitsing-Refrain sind easy listening und bleiben etwas penetranter im Ohr kleben, als man es sich gewünscht hätte. Aber ging es bei griffiger Rock-Musik nicht immer schon genau darum?

Dass COREY TAYLOR auch anders kann, beweist er vornehmlich in der zweiten Albumhälfte: im vergleichsweise aggressiven „Culture Head“, dem skatepunkig angehauchten „Everybody Dies On My Birthday“ oder dem rohen „European Tour Bus Bathroom Song“ einerseits, der sanften Lounge-Rock-Nummer „The Maria Fire“ und der simplen (aber von ihm selbst eingespielten!) Piano-Ballade „Home“ andererseits. Und natürlich in „CMFT Must Be Stopped“, das sicher nicht jedermanns Sache ist, damit aber zumindest heraussticht.

Aufs Ganze gesehen ist „CMFT“ ein in sich stimmiges Rock-Album, das im Detail trotzdem vielseitig klingt. Aber nicht auf die für Soloalben typische, gezwungene Art: COREY TAYLOR versucht sich gar nicht erst darin, mit jedem Song eine anderes Genre zu bedienen, sondern bleibt seinem Stil treu. Der ist mit radiotauglichem Rock – patent komponiert und technisch sauber umgesetzt – gut umrissen. So gesehen kann man dem Album durchaus Belanglosigkeit unterstellen – Lässigkeit wäre aber wohl treffender: Hier musiziert einer, der niemandem mehr etwas beweisen muss. Aus Spaß an der Freude, wenn auch eher für den Moment als für die Ewigkeit. Dass „CMFT“ ähnlich gut altert wie seine bisherigen Veröffentlichungen, darf mit Recht angezweifelt werden – aber genau das dürfte einem COREY (MOTHER FUCKING) TAYLOR nach zwölf international erfolgreichen Alben mit Slipknot und Stone Sour so egal sein wie das Stuckrad-Barre-Gesetz.

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Wertung: 6.5 / 10

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