Review Cradle Of Filth – Thornography

Wie gewohnt verkürzten CRADLE OF FILTH die Wartezeit zwischen zwei Alben mit mehr oder weniger interessanten Schlagzeilen. Diesmal war es das Coverartwork, dass erst zu heftig für die USA war und deswegen zensiert und neu gezeichnet werden musste, provozieren können sie aber wohl dennoch damit. Im Gegensatz zum farbenfrohen „Nymphetamine“-Frontbild ist dieses hier wieder ordentlich düster gehalten. Ansonsten hat sich aber nicht die Welt geändert seit der letzten Veröffentlichung vor zwei Jahren. Zumindest stark angedeutet hat es der Vorgänger, „Thornography“ führt den Weg nun konsequent weiter und entwickelt und verfeinert den neuen Stil der Briten.

Recht normal für CRADLE OF FILTH gestaltet sich das Intro. Üblich dramatische, orchestrale und bombastische Klänge sind zu vernehmen. Erst beim Übergang zum ersten Lied „Dirge Inferno“ merkt man, dass sich hier nicht doch Rhapsody in den Player eingeschlichen haben. Mit einer erst eingängigen Melodie, die unterlegt von einem im Hintergrund agierenden langgezogenen Schrei von Dani Filth schnell in thrashige Gitarren und Drums übergeht steigt das Album richtig ein. Hier sind wir auch schon bei einem ersten Stichwort, das für das Album gilt: Die Riffs und das Grundgerüst sind häufig Thrash und Heavy Metal, was für eine bisher ungeahnte Headbangtauglichkeit sorgt. Das Soundtrack- und allgemeine Bombast-Flair, welches etwa bei „Damnation And A Day“ herrschte, kann man hier nur noch selten als wirklich führend ausmachen, es gibt sich eher songdienlich und stellt sich hinter die Instrumentalabteilung. Vielmehr wird nun eben auf direktes Riffing gesetzt, das sich mit mittelschnellem oder auch gerne rasantem Schlagzeugspiel paart. Das rasante Schlagzeugspiel übrigens verlangt nur selten nach Blastbeats, auch ohne Dauerfeuer weist es Härte, Schnelle und vor allem technische Raffinesse auf. Manchmal bekommt man auch melodische Death Metal-Anleihen geboten, die sich in diesen Stilmix ohne Problem einfügen. Ebenso problemlos fügt sich Danis Stimme ein, die sich kaum verändert hat. Wie auf dem letzten Album krächzt er mehr in mittleren Tönen und wandert in tiefere Stimmlagen ab, das hohe und schrille Kreischen kommt immer seltener zum Einsatz.

Neu ist aber, dass man auf diesem Album mehr als nur einmal auf klaren männlichen Gesang zurückgreift, hier schafft sich Herr Filth eine neue Facette zu seinem Stimmarsenal hinzu. Bereits beim sehr melodischen „Tonight In Flames“ wird der Refrain klar gesungen, was aber noch etwas schwachbrüstig wirkt. Beim aussergewöhnlich groovigen „Byronic Man“ hat man sich als Verstärkung gar Him-Frontmann Ville Valo als Verstärkung dazugeholt. Viel bringt das allerdings nicht, denn sein halbminütiger Auftritt geht ziemlich unter, was angesichts des Heul- und Schluchzfaktors seines Gesangs kaum eine Schande ist. Das kurze Duett mit Dani Filth wirkt aber immerhin recht amüsant, also hat es sich doch gelohnt. Das erste Highlight hat die Scheibe mit dem vierten Track „Libertina Grimm“, das überraschend rotzig-rockig beginnt, aber schnell zu einem typischen CoF-Kracher wird. Rockig ist auch das wunderschön betitelte „The Foetus Of A New Day Kicking“, das mit einer extrem thrashigen und fast schon punkigen Grundstimmung aufwartet. Ob der allzu softe Klargesang im Refrain allerdings von Nöten gewesen wäre… Nimmt einfach zu sehr die Eier aus der Pfanne. Schlecht ist das Teil nicht, aber hier hätte man mehr rausholen müssen.
„I Am The Thorn“ ist wieder ein Fall mit geilen Riffs, die ordentlich drücken, das Lied im Gesamten aber durch den Refrain einfach zu sehr nach unten gezogen wird. Hier ist es noch extremer als beim „…Foetus…“, ist die klare Stimme hier doch sehr elektrisch angehaucht. „Cemetary And Sundown“ (herrlich!!!) zeigt dagegen mal, wie das richtig geht, die klar gesungenen Parts fügen sich hier wunderbar ein. Dafür ist das Lied aber auch in recht langsamen Geschwindigkeitsregionen angelegt, nur ein fieses Thrash-Stück in der Mitte gibt mal kurz richtig Gas.
Gegen Ende hin folgen dann nochmal zwei Kracher: „Rise Of The Pentagram“ ist, abgesehen von diversen Zwischenspielen, das erste richtige Instrumental der Band. Eingeleitet wird es durch eine kurze Gedicht-Vorlesung, im Anschluss daran zeigen CRADLE OF FILTH sieben Minuten lang, wie gut sie ihre Instrumente beherrschen, und das wirkt sogar richtig mitreissend. Als einer der wenigen Songs hier schafft es „Under Huntress Moon“ ein wenig düstere Atmosphäre aufzubauen und ist im Gesamtkontext deswegen einer der großen Höhepunkte der Scheibe. Sarah Jezebel Deva hat hier ihren standardmäßigen Auftritt, kommt aber überraschend wenig zum Zug. Abschließend findet sich noch eine sehr eigenwillige Interpretation des Synthiepop-Klassikers „Temptation“ von Heaven 17. Braucht man nicht unbedingt, ist aber mal was mutiges.

Wie eben schon erwähnt, fehlt CRADLE OF FILTH heutzutage vor allem eines: Düsternis, Dunkelheit und bedrohliche Atmosphäre. Diese Elemente wurden in den vergangenen Jahren sowieso kontinuierlich abgebaut, bedrohlich und böse wirkt auf „Thornography“ jedenfalls so gut wie nichts mehr. Auch die mehrstimmigen Gitarren und der Keyboardeinsatz wurden merklich zurückgeschraubt, dafür dominieren nun einfachere, direktere und livetaugliche Riffs, theatralisch und gothisch angehaucht sind die Briten aber auch trotz des ebenfalls zurückgefahrenen Orchestereinsatzes geblieben. „Extrem“ oder „Black“ können wohl nun auch endlich die letzten hoffnungsvollen Anhänger auf eine Rückbesinnung auf die Wurzeln der Band aus dem Wortschatz ausschließen, wenn es um CoF geht.
„Thornography“ ist einfach ein wenig ungewohnt, braucht deswegen wohl auch seine paar Durchläufe, um den Hörer zu erfreuen. Wer sich mit dem (ich muss es wohl so nennen) massentauglicherem Sound anfreunden kann, wird hiermit viele Stunden verbringen können.

Wertung: 7.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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