In den 1990er Jahren erlebte der seit bereits vor Dekaden geprägte Begriff Crossover, der nichts anderes als eine Vermengung von mindestens zwei konträren Musikgenres bezeichnet, seinen kommerziellen Höhepunkt, als sich die erste Garde des Nu Metals aus der brodelnden Musiklandschaft herauskristallisierte. Dank Limp Bizkit, Korn und Linkin Park waren Begriffe wie Rap Metal und Alternative Metal plötzlich in aller Munde, Alben wie „Korn„, „Issues„, „Significant Other“ und „Chocolate Starfish And The Hot Dog Flavored Water“ sowie „Hybrid Theory“ wurden Meilensteine und prägten das Musikverhalten einer gesamten Generation. Heutzutage ist Crossover keine Seltenheit mehr, Bands wie The Dillinger Escape Plan oder Shining aus Norwegen verbinden heute mit einer Selbstverständlichkeit verschiedene Stile, die sich viele Bands Anfang 1990 erst erspielen musste.
Und anno 2015, wo findet sich das, was die Herzen von Fans der ersten Platten von Clawfinger, 4LYN oder den eben erwähnten Limp Bizkit und Korn höher schlagen würde? Existiert der Crossover von Rap und Metal eigentlich noch oder starten junge Nachwuchsbands heutzutage lieber gleich mit dem trendigeren Metalcore und Melodic Hardcore? Der Großteil ja, aber dann existieren noch solche Exoten wie FRENEMY SOCIETY aus Nordhausen, die Anfang des Jahres mit „No Time For Fear“ ihre erste EP auf den Markt brachten.
Diese ist nicht nur auf Grund ihrer liebevollen Gestaltung und dem sympathischen Promosheet ansprechend, sondern vordergründig natürlich wegen der darauf enthaltenen Musik – „Rapcore? Alternativer Metal? Crossover? Nu Metal? Das kann jeder für sich selbst entscheiden, vielleicht sind es aber auch nur fünf Typen, die das machen, was sie lieben“. Und dem ist so, denn FRENEMY SOCIETY präsentieren auf der EP sieben astreine Tracks, die hervorragend im Spannungsfeld zwischen dröhnenden Siebensaitern, melodischen Rap-Einlagen, akkuraten Drumming und kräftigen Screamo-Parts agieren und dabei völlig authentisch klingen. Das Quintett traut sich nicht nur das umzusetzen, was Crossover ausmacht, nämlich den Mut zur Genreverschmelzung, sondern – viel entscheidender – sie machen das auch noch auf einem guten Niveau.
Sicherlich könnte eine professionellere Produktion die ein oder andere Kante etwas gerade bügeln, aber dennoch ist das hier gebotene Material für das Debüt einer unsignierten Band bereits richtig gut! Diesen Eindruck unterstreichen die drei Remix-Versionen am Ende der EP nur noch, da auch diese nicht nur einfaches Geklimper darstellen, sondern FRENEMY SOCIETY auch hier Liebe zum Detail erkennen lassen. Kurzum: „No Time For Fear“ hat mich überrascht. Überrascht wegen der absolut unverkrampften Mischung verschiedener Stile, dem sich dahinter verbergenden Talent sowie der Eingängigkeit und Abwechslung wegen. Hut ab und vorwärts!
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