Review Manes – How The World Came To An End

Ein Blick auf die Liste der Akteure macht schon deutlich, MANES sind keine gewöhnliche Band. War man 1999 mit dem Debut „Under Ein Blodraud Maane” noch als gewöhnliche norwegische Black Metal gestartet, machte schon der 2003er Nachfolger „Vilosophe“ deutlich, dass MANES bereit waren ihre Wurzeln mehr oder weniger vollständig zu ignorieren und sich zu neuen Ufern auf zu machen. Konkret bedeutete dies eine sehr starke Anlehnung an das Rockgenre mit gossen elektronischen Einflüssen. Mutig könnte man sagen, doch dann hätte man kein Adjektiv mehr um zu beschreiben, wie MANES auf dem neuen Output „How The World Came To An End“ vorgehen. Die krasse Abkehr von den (schwarz)metallischen Wurzeln wird hier absolut auf die Spitze getrieben und es wird so völlig genrefrei agiert, dass einem am Anfang nur staunendes Kopfschütteln übrig bleibt. Allerdings schaffen es die 16 Musiker, das Dargebotene derart mitreißend zu gestalten, dass daraus abwechselnd mal ein beschwingtes Kopfnicken, mal ein andächtiges Lauschen wird. Doch wie lässt sich nun das Großartige beschreiben, das auf dieses kleine, unscheinbare Silberscheibchen gebannt wurde?

Von der beschriebenen Entwicklung ausgehend, könnte man sofort an Ulver denken und da liegt man nicht mal so sehr daneben. Allerdings gehen MANES noch ein ganzes Stück weiter und schaffen es ihrer Musik, eine unglaubliche Leichtigkeit bei gleichzeitig atemberaubender Tiefe und teilweise erdrückender Melancholie zu geben. Nicht vorstellbar? Würde ich wahrscheinlich auch behaupten. Nehmen wir also nochmals Ulver als Referenz, packen dazu eine ordentliche Portion Portishead, Godspeed You Black Emperor sowie diverser Industrial- und Elektronik-Samples und haben zumindest das musikalische Rezept halbwegs zusammen. Wenn wir jetzt noch verfremdeten und klaren Gesang (mal männlich mal weiblich) in allen möglichen Facetten (Disillusions „Gloria“ lässt grüßen) sowie französischen und englischen Rap unterrühren, kommen wir dem Ganzen schon ziemlich nahe.

Die ersten drei Tracks zeigen wunderbar die komplette Bandbreite auf, in der sich „How The World Came To An End“ bewegt. „Deeprooted“ startet mit einer Art verzerrten Spielorgel um dann sogleich in basslastige Rhythmen und undefinierbaren Gesang mit einer ganzen Ladung Industieklängen zu wechseln. Doch kurze Zeit später verliert sich auch der Rhythmus und lässt eine bedrückende, schwebende Klangkulisse zurück, bevor die Musik zurückkehrt und sich schräg gesungene Parts mit gesprochenen Teilen abwechseln, ständig begleitet von zig Samples. Aus der bedrückenden Industrieruine führt der Weg durch den Regen zurück in die Stadt oder besser gesagt zu „Come To Pass“. Dezent spinnen sich Samples und Beats um das Geräusch des Regens. Es setzt entspannter französischer und englischer Sprechgesang ein, untermalt von seltsamem Singsang und völlig fern von tough guy Hip Hop. Die brüchige Frauenstimme im Refrain untermalt nochmals die traurige Stimmung bevor sich das Stück plötzlich immer mehr steigert und fast schon ekstatische Züge annimmt. Doch der rasante Ausflug endet – wie könnte es anders sein – wieder in der melancholischen Einsamkeit des Regens, in der man sich bei „I Watch You Fall“ plötzlich wieder findet. Leise Hintergrundgeräusche und nicht näher definierbare rhythmische Elemente kreisen um die herrlich kraftvolle und gleichzeitig sehr verloren wirkende männliche Gesangsstimme – Zeit für die ganz großen Emotionen, denn ich habe selten so intensive Musik erlebt.

Auch wenn dies nur einen Bruchteil von dem beschreibt was sich in der Tiefe der ersten Stücken abspielt, so zeigt es doch grob und vereinfacht all die Elemente auf, die MANES verwenden um ihr musikalisches Kunstwerk zu schaffen. Etwas zu kurz kommen am Anfang die rockigen Gitarren, die sich natürlich auch auf der Platte finden lassen, allerdings wirklich nur sehr selten. Je öfter man sich der Musik hingibt, umso verständlicher wird auch, warum 16 Menschen nötig waren, um „How The World Came To An End“ zu kreieren. Zu vielfältig und zu abstrus sind die Ideen und Facetten, die hinter der Musik stecken und die sich erst nach langer Zeit dem Hörer offenbaren, als das sie entweder einem genialen Geist oder eben mehreren begabten Gemütern entsprungen sein können.

In meiner Begeisterung kann ich die Platte eigentlich nur jedem drängend ans Herz legen, wohl wissend, dass sie von einem Großteil nicht verstanden wird. MANES verlangen viel von ihren Hörern. Neben der Bereitschaft sich völlig der Musik hinzugeben auch eine sehr große Toleranz und Offenheit, was andere Musikrichtungen angeht, mit Metal hat dies hier nämlich absolut nichts mehr zu tun. Aus diesem Grund verzichte ich auch darauf, der Platte die verdiente, wenn auch völlig subjektive Wertung von 10 Punkte zu geben, ein objektives herangehen ist an diese Musik einfach nicht möglich.

Keine Wertung

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