Review Marilyn Manson – Eat Me, Drink Me

Anmerkung der Redaktion: Am 1.2.21 beschuldigten Evan Rachel Wood und weitere Frauen Marilyn Manson alias Brian Warner, sie über Jahre hinweg psychisch und physisch missbraucht zu haben. Der nachfolgende Text wurde bereits 2015 in Unkenntnis dieser Umstände publiziert. Sollten sich die Anschuldigungen als wahr erweisen, möchten wir uns für die passagenweise unpassende Wortwahl im Text entschuldigen. Unser Mitgefühl gilt allen Opfern sexueller Gewalt – Missbrauch jeweder Art hat keinen Platz in einer Beziehung!


Vier Jahre sind seit „The Golden Age Of Grotesque“ vergangen. Vier turbulente Jahre im Leben von Brian Warner. Während es nach seinem geplanten Rückzug aus der Musikbranche zugunsten von Malerei und Film (vom das Karriereende eigentlich besiegelnden Best-Off „Lest We Forget“ abgesehen) still um MARILYN MANSON wurde, sorgt sein Privatleben für Schlagzeilen: Die Scheidung von Dita Von Teese nach nur einem Jahr Ehe (aber sieben Jahren Beziehung) stürzt den Künstler in ein tiefes Loch, aus dem ihn erst seine neue Flamme, Evan Rachel Wood befreien kann – woraufhin MARILYN MANSON sich dazu entscheidet, seinen Gefühlen auch weiterhin musikalisch Ausdruck zu verleihen und ein neues Album zu schreiben.

Mit Hilfe von Gitarrist Tim Skold entsteht „Eat Me, Drink Me“ – ein Album, das MARILYN MANSON von einer ganz neuen, verletzlichen Seite zeigt. Bereits der Einstieg mit „If I Was Your Vampire“, mit seiner schleppenden, dunklen Atmosphäre fast schon eine Gothic-Ballade, ist sowohl textlich als auch musikalisch gefühlsbetonter und melancholischer als alles, was man bislang von MARILYN MANSON gehört hat. Statt auf kalten Industrial („Mechanical Animals“), düsteren Alternative („Holy Wood“) oder harte Beats („The Golden Age Of Grotesque“) setzten MANSON und Skold verstärkt auf softe Gitarren. So reicht das musikalische Spektrum nun von Gothik-Rock („Evidence“) bis an die Grenze zu Brit-Pop („The Red Carpet Grave“), ohne dabei jedoch gänzlich MANSON-untypisch zu klingen.

Wirklich untypisch hingegen sind die Texte: Frei von Politik und Religion, reiht sich auf „Eat Me, Drink Me“ ein Liebeslied an das nächste. Auf die melancholische Ballade „Just A Car Crash Away“, bei der sich Manson verwundbar und leidend zugleich gibt, folgt als fast schon kitschiger Höhepunkt das poppig-aufgedrehte „Heart-Shaped Glasses (When The Heart Guides The Hand)“ – stilecht der neuen Frau an seiner Seite gewidmet.

Die Gefühlsduselei hat damit vorerst ein Ende und auch musikalisch wird es im letzten Drittel nochmal härter: Nach dem von Lewis Carroll und dessen Filmprojekt inspirierten „Are You The Rabbit?“ kommt die nächste Song-Widmung auf „Eat Me, Drink Me“ wohl nicht minder von Herzen als die erste, allerdings in anderem Sinne: „You know that I play this better than you!“ singt MARILYN MANSON im für das Album fast schon harten „Mutilation Is The Most Sincere Form Of Flattery“ in Richtung My Chemical Romance und Konsorten, denen er vorwirft, ihn (natürlich erfolglos) zu kopieren. Fast schon oldschoolig wird es schließlich mit „You And Me And The Devil Makes 3“, einem der bemerkenswertesten Songs auf „Eat Me, Drink Me“: Mit einer Stinktierfalle als Schlagzeug und einer mit einem Geigenbogen gespielten Gitarre erinnert der Song stilistisch fast an das experimentelle Debüt „Portrait Of An American Family“.

Nach gut 50 Minuten endet das Album schließlich mit dem düster-mystischen Titeltrack „Eat Me, Drink Me“, bei dem man noch einmal tief ins MANSON’sche Wunderland eintauchen kann. Was schließlich bleibt, wenn der CD-Player verstummt, ist vor allem Respekt. Respekt dafür, dass MANSON es einmal mehr geschafft hat, sich gänzlich ungezwungen musikalisch wie auch lyrisch neu zu erfinden. Denn mag „Eat Me, Drink Me“ dem einen oder anderen evil MANSON-Fan auch zu viel romantisches Flair haben, kommt dieses Album immerhin hörbar von Herzen.

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Wertung: 8 / 10

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