Review Mitochondrial Sun – Sju Pulsarer

  • Label: Argonauta
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Black Metal

Groß war das Bedauern der Melodic-Death-Metal-Fans, als Niklas Sundin im März 2020 seinen Ausstieg aus Dark Tranquillity bekanntgab. Über die trübe Aussicht, nie wieder neuen Manifestationen seines genrebegründenden Gitarrenspiels lauschen zu dürfen, konnte selbst das überaus interessante Debüt seines Electronic-Soloprojekts MITOCHONDRIAL SUN nur dürftig hinwegtrösten. Umso überraschender ist demnach nicht nur, dass der frischgebackene Einzelkünstler mit „Sju Pulsarer“ nicht einmal ein Jahr später bereits ein weiteres Album vorlegt, sondern auch das, was man darauf zu hören bekommt: handfeste, auf Hochtouren gespielte Gitarrenmusik – zumindest dem Klang nach.

War MITOCHONDRIAL SUN schon anhand der zwischen Electronic, Industrial, Ambient, Klassik und Weltmusik wechselnden ersten Platte kaum in eine Schublade zu stecken, so beweist Sundin hier endgültig, dass der Kreativität seines alleinigen Outputs keinerlei Grenzen gesetzt sind. Zwar kehrt der Gitarrist auf „Sju Pulsarer“ vermeintlich zu seinem Primärinstrument zurück, die Saitenklänge entstammen tatsächlich jedoch einem Synthesizer und bewegen sich auch nicht in seinem angestammten Spielstil. Anstelle von melodischem Death Metal spielt MITOCHONDRIAL SUN in den sieben gleichnamigen, durchnummerierten Tracks durchwegs elektronisch angehauchten Post-Black-Metal – lediglich das sphärische Abschlussstück „Noll Och Intet“ erinnert mit seinen Ambientklangflächen noch vage an manche Abschnitte des Debüts.

Tosende, bisweilen sogar richtig epische Tremolo-Synth-Riffs („Pulsar 2“) und künstlich generierte, brachiale Blast-Beats und Double-Bass-Drums („Pulsar 3“) bilden das Rückgrat der abermals rein instrumentalen Stücke. Die kühlen, atmosphärischen Electro-Sounds und andere Dreingaben wie die Clean-Gitarren-Töne zu Beginn von „Pulsar 2“ spielen hingegen bloß eine begleitende oder ergänzende Rolle. Im Ergebnis klingt „Sju Pulsarer“ wesentlich intensiver, aber auch geradliniger und – nach dem Abklingen des anfänglichen Überraschungseffekts – konventioneller als „Mitochondrial Sun“.

Schlecht ist das grundsätzlich zwar nicht, dennoch macht sich am Ende der Verdacht breit, dass da noch mehr möglich gewesen wäre. So stimmig das knapp halbstündige Album mit seiner kühlen, kantigen Produktion und seinen recht einheitlichen Songstrukturen auch sein mag, letztlich fehlen ihm die Höhen und Tiefen, die einem das Gefühl geben, ein konkretes Ziel anzusteuern. In seiner Gesamtheit wirkt die Platte daher wie das Produkt einer spannenden Grundidee, die von MITOCHONDRIAL SUN allerdings nicht ganz zu Ende gedacht wurde.

Obwohl „Sju Pulsarer“ im Vergleich zum Vorgängeralbum einen etwas unfertigen Eindruck macht, ist es ein starkes Statement künstlerischen Freigeistertums. Mitreißende Arrangements wie das überwältigende Riffing in „Pulsar 2“ oder die trotz der vorherrschenden Intensität fast schon verträumten Melodien in „Pulsar 7“ sowie stimmungsvolle synthetische Hintergrundsounds finden sich hier zuhauf – MITOCHONDRIAL SUN hätte sie bloß noch etwas besser miteinander verknüpfen können. So oder so ist es erfreulich, dass Sundin seine Gitarre doch noch nicht ganz an den Nagel gehängt hat – mag er das Instrument auch nur beim Songwriting verwendet und auf dem Album mit Synthesizern simuliert haben. Es ist wirklich bemerkenswert, dass Sundin sich als alter Hase offenbar immer noch nicht zu schade ist, neue Tricks zu lernen. Man darf also gespannt sein, wohin es MITOCHONDRIAL SUN in Zukunft ziehen wird. Hiernach scheint jedenfalls nichts mehr außer Frage zu stehen.

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Wertung: 7 / 10

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