Review Naglfar – Pariah

Während sich an den Melodien von Dark Funeral und an den hasserfüllten Riffs von Marduk oder Watain weltweit Millionen Black-Metaller erfreuen und beide Bands etablierte Festivals headlinen, sind die ungefähr zur gleichen Zeit gegründeten NAGLFAR im Underground stecken geblieben. Was bei der sporadischen Aktivität der Schweden in den letzten Jahren nicht überrascht, ist angesichts der musikalischen Qualitäten der Band eigentlich unerklärlich: Schon mit dem bitterbösen „Sheol“ hatten NAGLFAR 2003 ein Meisterwerk geschaffen. Mit dessen Nachfolger „Pariah“ legten sie zwei Jahre später sogar noch eines drauf.

Doch diese Veröffentlichung stand unter keinem guten Stern: Der Ausstieg von Fronter Jens Rydén (mittlerweile Thyrfing), vor allem aber die bandinterne Neubesetzung des Sänger-Postens durch Bassist Kristoffer „Wrath“ Olivius schmeckten nicht allen Fans. Nicht zuletzt, weil mit Olivius, der zwischen 1999 und 2003 bei Setherial bereits Erfahrungen als Sänger gesammelt hatte, eine vermeindliche „Verweichlichung“ der Band einsetzte, die sich auch im Songmaterial und dem Sound von „Pariah“ manifestierte. Tatsächlich ist der Klang des vierten NAGLFAR-Studioalbums gewöhnungsbedürftig. Gerade das Schlagzeug kommt mit seinem Plastik-Sound nicht eben gut davon – und auch die Gitarren klingen vergleichsweise brav. Hat man sich damit jedoch abgefunden, bieten NAGLFAR dem Hörer mit „Pariah“ nicht nur ihr bis dato stärkstes Album, sondern ein echtes Juwel des schwedischen Black Metal. Was nämlich nach dem sterilen Horror-Intro „Proclamation“ einsetzt, ist nichts weniger als ein Hit-Feuerwerk.

Gleich der Opener „A Swarm Of Plagues“ weiß mit einer stimmigen Mischung aus Aggressivität, Eingängigkeit und Eigenständigkeit zu begeistern: Mal ruhig und bedrohlich, mal schnittig, mal schmissig, überzeugt der Song wie die meisten seiner Nachfolger durch seine vielseitige Songstruktur. Das gewisse Extra in Sachen Dynamik bringt hier die Sorgfalt, mit der NAGLFAR Gesang und Riffing abstimmen: Wie ein weiteres, kraftvolles Instrument schmiegt sich Olivius‘ gut verständliche, volle Stimme in die Arrangements. Auch die Fertigkeiten der Musiker beeindrucken: Neben dem furiosen Drumming von Mattias Grahn beeindrucken gerade die im Melodic Black Metal so wichtigen Leadgitarren: Flotte Soli, gerne auch mal mit im Black Metal eher selten gehörten Tapping-Parts, winden sich grazil um die schneidigen Riffs. Seinen Höhepunkt findet „Pariah“ schließlich mit dem vorletzten Song, „The Perpetual Horrors“, der all die hier genannten Stärken der Band perfekt in sich vereint. Wer hier nicht weiche Knie bekommt, ist mit Melodic Black Metal vielleicht einfach falsch beraten.

Über den Sound von „Pariah“ lässt sich zugegebenermaßen streiten – über die musikalische Qualität des Albums zumindest nicht auf sachlicher Ebene: NAGLFAR liefern mit ihrem vierten Album nach dem truen Debüt „Vittra“, dem Death-Metal-lastigen „Diabolical“ und der bösarigen Black-Metal-Scheibe „Sheol“ ein merklich softeres, jedoch schlichtweg grandios arrangiertes Meisterwerk ab, das in der Szene nicht nur hinsichtlich seiner virtuosen Gitarrenarbeit seinesgleichen sucht. Wer bei einer Black-Metal-Band nicht zuerst den Trueness-Grad googlet, sollte auf NAGLFARs „Pariah“ sein Glück finden.

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Wertung: 9.5 / 10

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