Review Riverside – Voices In My Head (EP/Re-Release)

Die polnischen Artrocker RIVERSIDE sind seit dem Release ihres Zweitlings „Second Life Syndrome“ auf InsideOut und der sich anschließenden, äußerst erfolgreichen Tour richtig durchgestartet. Der eigenwillige Stilmix der vier Jungs scheint in der Prog-, Metal- und Alternative Rock-Szene gleichermaßen gut anzukommen. Wer schon nach zwei Alben in ganz Europa in ausverkauften Hallen vor bis zu 700 Zuschauern spielt, hat wohl alles richtig gemacht. Was an vielen Hörern aber vielleicht vorbeigegangen sein mag: Neben dem Debüt „Out Of Myself“ und eben „Second Life Syndrome“ gibt es noch eine EP mit dem Titel „Voices In My Head“ von den sympathischen Atmo-Rockern.

Diese ist ursprünglich bereits zwischen den beiden regulären Alben, im Jahre 2004, erschienen. InsideOut hat sich jetzt ein Herz genommen und die Platte wiederveröffentlicht, sodass sie auch für ein breiteres Publikum verfügbar ist.Auf „Voices In My Head“ finden wir zunächst einmal fünf neue Studiotracks, denen dann noch drei Live-Aufnahmen von Songs des Debütalbums zur Seite gestellt wurden. Auf der InsideOut-Ausgabe gibt es zudem ein Video zu dem Song „Acronym Love“, sowie ein paar Fotos und die Lyrics zu allen Songs der drei bisherigen Studio-Werke.

Die neuen Tracks sind allesamt sehr ruhig und atmosphärisch gehalten, erinnern an Songs wie „I Believe“ oder das fantastische „Conceiving You“. Die Eröffnung mit „Us“ ist zunächst sehr innig, leise und intim. Wir hören nur Mariusz Duda, begleitet von seiner Akustikgitarre. Ein ganz einfacher, beschaulicher Song mit einer aber nicht zu unterschätzenden emotionalen Wirkung. Die Band schafft es hier trotz der minimalistischen Instrumentierung, enorm viel auszudrücken und zu sagen. Das nachfolgende „Acronym Love“, das auch schon auf der letzten Tour live präsentiert wurde, wird von sanften Pianotönen eröffnet, ehe Mariusz mit einer wundervollen Gesangsmelodie beginnt, die den Hörer einfach ganz tief ins Herz trifft. „I’m sure we want to find our place – We’re alone inside, that’ll never change“. Und dann startet Gitarrist Piotr Grudzinski wieder einen dieser unnachahmlichen, ultramelodischen, verträumten Gitarrenlicks. Ganz großes Kino und einer der besten Riverside-Songs überhaupt! Mit dem siebenminütigen „Dna ts. Rednum or F. raf” (Tipp: Rückwärts lesen! ;-)) wird es dann arg psychedelisch und weltfremd, Mariusz zelebriert eine beinahe hoffnungslose, triste, total verlorene Stimmung, wird dabei von ebenso tristen Akkorden der Akustikgitarre untermalt, im Hintergrund wabert ein TripHop-Drumbeat. Eine sehr experimentelle, gegen Ende ausufernde Nummer, die man so von RIVERSIDE bisher auch noch nicht gehört hat. Ungewohnt, aber gut! „The Time I Was Daydreaming“ startet ähnlich wie „Us“, wirkt aber ungleich hoffnungsvoller. Es dauert nicht lange, bis Keyboarder Michal Lapaj seine warmen Sphärensounds auspackt und die Gitarre wieder schöne, hohe Farbtupfer setzt. Die Gesangsarrangements und Lyrics sind wieder weltklasse. Nachdenklich, warmherzlich, trostspendend! Im Mittelteil experimentiert man dann so stark wie noch nie zuvor mit Drumloops und TripHop-Rhythmen, was wieder eine tolle neue Komponente in den Sound der Band bringt. Mehr davon bitte auf dem nächsten Studioalbum! Auch „Stuck Between“ präsentiert wieder diese Computer-Rhythmen, erinnert etwas an „Loose Heart“, wenn man sich den Ausbruch von Mariusz Duda gegen Ende einmal wegdenkt.

Die drei Livestücke sind eine gern gesehene Zugabe, insbesondere „I Believe“, das hier leicht umarrangiert wurde und auf dem Piano gespielt wird, ist ein absoluter Gänsehautgarant. „Loose Heart“ kommt live etwas weniger hart, dafür aber noch melodischer und atmosphärischer rüber. Auf diesen Aufnahmen beweist die Band, dass sie problemlos in der Lage ist, die Atmosphäre der Studioalben auch auf die Bühne zu übertragen.

Tja, was soll man dazu noch weiter sagen? Wer bereits ein Album von RIVERSIDE zuhause stehen hat, dem wird auch diese EP gefallen. Im Gegensatz zum den Studioalben, vor allem im Vergleich zu „Second Life Syndrome“, beleuchtet man hier vor allem die ruhige, besinnliche Seite der Band. Harte Gitarrenriffs oder schroffe Instrumentaleinschübe finden wir hier nicht. Man zelebriert die eigene Stimmung und Atmosphäre – in seiner Ausdrucksstärke, Tiefe und Geschlossenheit wirkt das Werk beinahe wie ein musikalisches Tagebuch. Man kann wunderbar darin versinken, den Texten lauschen, einfach nur nachdenken und zu sich selbst finden.
Fans von Porcupine Tree und neueren Anathema müssen „Voices In My Head“ haben. Und alle anderen, die wert auf gute, tiefgehende, lyrische Musik legen, ebenfalls. Ohne Frage, für alle diejenigen, die die EP noch nicht kennen, gibt es keine schönere Art und Weise, die Wartezeit auf das nächste Studioalbum der Band zu überbrücken, das im April/Mai 2007 erscheinen soll, wie uns Mariusz im Interview verriet.

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