Konzertbericht: Riverside w/ Jolly, Dianoya

25.03.2013 Köln, Live Music Hall


Wer auf modernen, harten New Artrock steht, der hatte gleich drei gute Gründe, seinen Abend am 25.03. in der Kölner Live Music Hall zu verbringen: Denn hier sollten heute die Genre-Helden Riverside im Rahmen ihrer „New Generation Tour“ gastieren und zudem mit Jolly und Dianoya zwei vielversprechende Special Guests im Gepäck haben.

Dianoya

Mit ihrem gelungenen Mix aus alternativen, progressiven und postrockigen Klängen meisterten DIANOYA die Aufgabe des Anheizers in Köln mit Bravour. Die polnische Band bewegt sich musikalisch auf ähnlichem Terrain wie ihre Landsmänner Riverside und war somit ideal zur Einstimmung auf den Hauptact. Ihre etwa vierzig Minuten Spielzeit füllten DIANOYA mit durchweg gutklassigen, aber etwas zu gleichförmigen Songs. Abgesehen vom Opener „Turbid Mind And Season Madness“ präsentierte die Combo dabei ausschließlich Material ihres zweiten Albums „Lidocaine“ (2012). Insgesamt ein unterhaltsamer Auftritt!

Setlist Dianoya:
– Turbid Mind And Season Madness
– Cold Genius
– Best Wishes
– 21st Century
– Good News Comes After A While


JOLLY waren erstmals 2010 live in Europa unterwegs – damals wie heute gemeinsam mit Riverside. Präsentierten sich die Amis vor zwei Jahren noch recht unsicher und scheu, zeigten sie sich an diesem Abend umso gereifter und professioneller. Vom überraschend ruhigen Eröffnungssong „Storytime“ bis hin zum epischen Abschluss-Brett „The Pattern“ boten die aufstrebenden New Artrocker eine superbe Show, mit der sie das Publikum schnell auf ihrer Seite hatten.

Mit ihren letzten beiden Studioalben „The Audio Guide To Happiness Part I + II“ haben JOLLY ihr Können und ihre Kreativität äußerst nachdrücklich unter Beweis gestellt. Umso schöner ist es, dass die Band ihr immenses Potenzial jetzt auch auf der Bühne scheinbar mühelos abrufen kann. Sie spielten ihr komplexes Material nicht nur mit großer Sicherheit, sondern vor allem mit einer überbordenden Spielfreude, die es so nur bei wirklich hungrigen Bands zu sehen gibt.


JOLLY legten eine Show auf absolutem Headliner-Niveau hin, bei der die Zeit wie im Fluge verging. Ohne zu übertreiben: Ich kann mich nicht entsinnen, jemals eine so beeindruckende, sympathische und präsente Vorband erlebt zu haben. Das Publikum muss meine Meinung zumindest grundlegend geteilt haben, denn es spendete den Jungs nach jedem Song einen mehr als ordentlichen Applaus. Bleibt eigentlich nur noch zu fragen: Wann kommen diese Jungs endlich auf Headliner-Tour?

Setlist Jolly:
– Storytime
– Firewell
– Where Everything’s Perfect
– Dust Nation Bleak
– Joy
– We Had An Agreement
– The Pattern


RIVERSIDE zeigten sich im Anschluss daran vor allem überzeugt von ihrem aktuellen Album „Shrine Of New Generation Slaves“. Schon vor Konzertbeginn ertönten als Intro die atmosphärischen „Night Session“-Instrumentals von der Bonus-CD ihres neuen Werks. Folgerichtig eröffnete die Band den Gig mit dem mitreißenden Doppel „New Generation Slave“ / „The Depth Of Self-Delusion“, wobei Letzteres um einen extrem grandiosen und eruptiven Improvisationsteil erweitert wurde. Mit „Feel Like Falling“ schloss sich gleich die nächste Nummer des neuen Albums an, von dem die Band mit Ausnahme des Songs „Deprived“ alles spielte. Erst recht im Livekontext wird dabei klar, wie entschlackt und unmetallisch die neuen Kompositionen klingen, insbesondere im Vergleich zum Material des Vorgängeralbums „Anno Domini High Definition“. Dass es mit „Living In The Past“ ein Song der 2011er-EP „Memories In My Head“ in die Setlist geschafft hat, war sicherlich eine kleine Überraschung, zumal der Zwölfminüter erst im letzten Drittel wirklich zu beeindrucken wusste.

Die Leistung der Band hingegen war während der kompletten, ziemlich genau zweistündigen Show fehlerfrei. Während Bassist und Sänger Mariusz Duda ein wenig genervt und nicht ganz so motiviert zu Werke ging wie noch in den letzten Jahren, zeigte sich der vor einigen Jahren noch introvertierte Gitarrist Piotr Grudzinski an diesem Abend als lockerer, lachender Strahlemann, der auf der Bühne vor allem Kontakt zu Keyboarder Michal Lapaj hält. Inmitten von „Egoist Hedonist“ kam es plötzlich zu massiven Soundproblemen, die die Band schließlich sogar dazu zwangen, den Song abzubrechen: Die Gitarre setzt immer wieder aus, das Schlagzeug klingt übersteuert. Es ist nicht ganz klar, ob es an Mikrofonen, Kabeln oder der Anlage der Live Music Hall liegt. Das brachte die Band sichtlich aus der Ruhe, aber Keyboarder Michal Lapaj überbrückte diese Phase geschickt mit einigen Hammond-Einlagen. Leider misslang der erste Lösungsversuch der Techniker, sodass der Rest von „Egoist Hedonist“ sowie das darauffolgende „O2 Panic Room“ nur mit starken Soundaussetzern über die Bühne gebracht werden konnten. Der guten Stimmung im Publikum tat all das allerdings keinen Abbruch; vielmehr versuchte die anwesende Menge die Band immer wieder mit reichlich Beifall aufzumuntern. Pünktlich zu „Left Out“ waren die Soundprobleme aber endgültig gelöst; die Erleichterung war den Jungs deutlich anzusehen. Vermutlich hatten sie den Rest des Abends schon abgeschrieben.


Auf Material von den beiden ersten Alben musste man fast vergeblich warten. Erst im Zugabenblock spielten RIVERSIDE einen Song des Zweitlings „Second Life Syndrome“ – und es war nicht etwa der Titel- und Longtrack des Albums, sondern die kurze, aber nach wie vor wundervolle Ballade „Conceiving You“. Mehr alte Tracks standen nicht auf dem Programm. Anschließend gab man noch den aktuellen Longtrack „Escalator Shrine“ zum Besten, der vor allem in der zweiten Hälfte durch seine virtuose und quirlige Musikalität bestach. Den Abschluss markierte – wie sollte es anders sein – die aktuelle Single „Celebrity Touch“ mit ihrem überaus einprägsamen Gitarrenriff; besser kann man ein Konzert nicht beenden, wenn man sich im Kopf der Besucher festsetzen will.

Fazit: RIVERSIDE sind noch immer eine großartige Liveband, der man eigentlich nur eins vorwerfen kann: Etwas zu viel Routine. Dies wird umso deutlicher, wenn man direkt davor JOLLY gesehen hat, die doch ein gutes Stück spielfreudiger auftraten und für mich die heimlichen Gewinner des Abends waren!

Setlist Riverside:

– New Generation Slave
– The Depth Of Self-Delusion
– Feel Like Falling
– Driven To Destruction
– Living In The Past
– 02 Panic Room (Epilogue)
– We Got Used To Us
– Egoist Hedonist
– 02 Panic Room
– Left Out
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– Conceiving You
– Escalator Shrine
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– Celebrity Touch

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