Review Stratovarius – Twilight Time

1993: Timo Tolkki, der sich schon mit „Fright Night“ 3 Jahre zuvor einen Namen gemacht hatte, versucht sich mit STRATOVARIUS und dem Album „Twilight Time“ ein zweites Mal daran, den Melodic Metal-Thron zu erklimmen. So richtig gelingen soll das noch nicht, trotzdem liegt hier ein interessantes Stück Geschichte einer der heute bekanntesten finnischen Melodic Metaller vor.

Erstaunlich gleich beim zweiten Song „Hands of Time“: Eine extrem ähnliche Gesangsmelodie wird später auch auf dem „Episode“-Album in Form von „Will the Sun Rise?“ erscheinen, doch soll das nicht von „Twilight Time“ ablenken. Denn der restliche Inhalt des Albums besteht aus mal schnelleren, mal langsameren Melodic Metal-Songs, die aber eine gewisse fehlende Komplexität im Songwriting nicht verbergen können. Zwar haben Stratovarius auch heute keine übermäßig progressive Note, aber zu dieser Zeit damals hat man doch noch sehr gemerkt, dass Tolkkis songschreiberische Fähigkeiten noch nicht auf jenem hohen Level angelangt waren, die sie heute zweifellos (und im Grunde schon mit „Dreamspace“) erreicht haben. So sind jedoch noch keine seiner grandiosen Kombinationen aus Keyboard- und Gitarrensoli vernehmbar, auch rasende Zwischenspiele an diesen Instrumenten sind sehr rar. Trotzdem zeigt Tolkki schon unmissverständlich, warum er lange Zeit als die finnische Antwort auf Yngwie Malmsteen gehandelt wurde: Ob nun im Instrumental „Metal Frenzy“ oder nach dem zweiten Refrain eines jeden Songs: Tolkkis Finger konnten schon 1993 fliegen. Und manche irrwitzige Ausflüge an seiner Gitarre erinnern schon fast an den später folgenden grandiosen und hochtechnischen Song „Speed of Light“. Trotzdem ist das Album noch zu seicht, um schon wirklich beeindruckend zu wirken, eine ähnliche (!) Wandlung vollzogen Blind Guardian in etwa auch, bei diesen wäre dieses Album nun „Follow the Blind“. Man sitzt schon in den Startlöchern, aber richtig durchstarten wird man erst ein wenig später. Genauso sieht es eben bei Stratovarius auch aus. Auch Tolkkis Stimme, deren Bestleistung vermutlich auf „Dreamspace“ zu hören ist, wirkt noch etwas unausgereift. Richtig hervorstechen tun nur das schon erwähnte sehr atmosphärische „Hands of Time“, das auch mit einem Keyboard-Intro aufwartet, und das ebenfalls mit wunderschöner Melodie ausgestattete „Out of the Shadows“. Alle anderen Lieder klingen in meinen Ohren noch recht (/zu) ähnlich.

Zusammenfassend ist nur ein Urteil möglich: Stratovarius befanden sich hier eben noch in der Entwicklungsphase, in der spätere Großtaten vielleicht schon zu ahnen sind, aber musikalisch noch kaum in Erscheinung treten. Dementsprechend kann ich dieses Album auch Leuten empfehlen, die sich für die Geschichte von Stratovarius interessieren, oder die wissen wollen, an welchem Finnen sich wohl später viele seiner Landsmänner musikalisch ein Vorbild nehmen werden. Die-Hard-Fans haben das Album eh im Schrank stehen, sonst kann man noch reinhören, wenn man im Power/Melodic Metal garnichts mehr findet, was man noch nicht gehört hat. Jedoch sind weder die Produktion noch die anderen Instrumente außer der Gitarre auf diesem Album sonderlich beeindruckend, also ist auch dies kein Kaufgrund. Höchstens ein nettes Scheibchen, bei dem die folgenden Alben selbiger Gruppe jedoch eindeutig Vorzug genießen.

Wertung: 4.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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