Review Subway To Sally – Himmelfahrt

Stillstand kann man SUBWAY TO SALLY definitiv nicht vorwerfen. Egal ob es das brachiale „Engelskrieger“, die (halb-)akustischen „Nackt“- bzw. „Neon“-Specials, Dubstep-Elemente auf „MitGift“ oder der moderne Ansatz auf „Hey!“ waren, das Septett war schon immer für eine Überraschung gut. Die größte Überraschung auf dem neuen Album „Himmelfahrt“ ist nun aber nicht, dass SUBWAY TO SALLY noch konsequenter in Richtung Moderne gehen, sondern dass eher das Gegenteil der Fall ist. So folkig, mitreißend, bretthart und tanzbar klangen die Mittelalter-Rock-Ikonen schon lange nicht mehr.

Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch: Von ein paar elektronischen Elementen abgesehen, haben es Dubstep, Trap, Alternative oder Glam nicht auf das 14. Studioalbum geschafft, was „Hey!“ zu einem „vorerst“ einmaligen Experiment im SUBWAY-TO-SALLY-Klangkosmos macht. Die Trauer darüber währt aber nur kurz, denn schon der Opener „Was ihr wollt“ sorgt für breites Grinsen. Textlich voller Anspielungen auf das bisherige Schaffen der Potsdamer und eine Verneigung vor den Fans animiert der stampfende Rhythmus sofort zum Mitgehen und Headbangen. Auch beim folgenden „Leinen los“ darf das Haupthaar munter weiter geschüttelt werden und hier wird erstmals so richtig klar, was die Band mit der angekündigten optimistischen Grundhaltung des Langspielers meint: Ein Text, der Mut zum Aufbruch in neue Abenteuer macht, trifft auf stürmische Riffs und eine mitreißende Folk-Melodie. Das Teil hebt die Stimmung definitiv!

Stichwort Folk: „Himmelfahrt“ ist klar anzuhören, dass Geigerin Ally diesmal deutlich mehr in den Songwriting-Prozess involviert war als noch bei „Hey!“. Ihr E-Geigen-Parts klingen ausgeklügelter, intensiver und tragen stark zur Qualität von „Himmelfahrt“ bei. Man höre nur die intensive Ballade „Weit ist das Meer“, die perfekte Symbiose aus wuchtigen Riffs und treibender Geige bei „Halt“ oder das komplett auf die Geige zugeschnittene Instrumental „Autumn“. Gerade in Letzterem kann Ally ihr Können voll und ganz unter Beweis stellen und dürfte damit auch live für offene Münder sorgen.

Anwärter auf die Plätze in der Tour-Setlist gibt es diesmal sowieso mehr als genug, allen voran das Doppel aus „Gaudens In Domino“ und „Gott spricht“. Endlich gibt es wieder choralen Satzgesang von Eric, Simon und Bodenski zu hören, der dann in den wohl härtesten SUBWAY-TO-SALLY-Song der jüngeren Bandgeschichte überleitet. Düstere Kirchenglocken werden von Ingos brachialen Riffs abgelöst, über die Eric in einer Mischung aus Wut und Enttäuschung einen Text aus der Perspektive Gottes singt. Der Schöpfer zeigt sich bestürzt und mehr als nur enttäuscht über die Entwicklung der Menschheit und spricht ihr jegliche Nähe zu ihm und seiner Göttlichkeit ab. Ebenfalls ein Must-Have auf der anstehenden Tour ist „Ihr kriegt uns nie“. Der extrem tanzbare Song dürfte für ordentlich Bewegung im Publikum sorgen und macht auch textlich Spaß.

Klingt nach einem perfekten Album? Wäre es auch, wenn da nicht die drei Balladen auf „Himmelfahrt“ wären. Pathos und Melancholie haben schon immer zu SUBWAY TO SALLY gehört und das Repertoire an packenden Balladen ist dementsprechend groß. Auch die ruhigen Momente auf dem neuen Werk sind gelungen, in Summe aber einfach ein bisschen viel. Besonders „Lasst die Himmel fall’n“ als letzter Song wirkt im optimistischen Gesamtkontext etwas deplatziert, zumal an vorletzter Stelle mit „Ihr kriegt uns nie“ ein absoluter Power-Song steht. Das Stück hätte als Rausschmeißer mehr Sinn gemacht.

Dennoch ist SUBWAY TO SALLY mit „Himmelfahrt“ ein beachtliches Album gelungen, an dem sich Genre-Kollegen messen lassen müssen. Stellenweise überraschend hart, sehr folkig und tanzbar und lyrisch voller Tatendrang und Optimismus, besinnt sich das Septett wieder auf den Sound, der die Band groß gemacht hat und transportiert ihn gekonnt ins Hier und Jetzt.

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Wertung: 9 / 10

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Ein Kommentar zu “Subway To Sally – Himmelfahrt

  1. Ich hab echt lang kein Subway to Sally mehr gehört und hab dem Album nach Langem mal wieder ne Chance gegeben. Ich war begeistert, dass es sich irgendwie zu großen Teilen anfühlte wie die älteren StS-Sachen, und gerade die Geige hat mich extrem begeistert.

    Fragt sich aber noch jemand außer mir, ob es reiner Zufall ist, dass Autumn als reines E-Geigen-Schrammel-Instrumental als einziges einen englischen Namen trägt, der auch noch *zufällig* dem Künstlernamen einer szenebekannten E-Geigen-Schrammlerin par excellence entspricht? Zufall oder versteckte Hommage? Der Track sprang mir beim Hören ins Ohr, weil er so heftige Emilie Autumn-Vibes hatte, dass mein Fan-Herz fast explodiert ist.

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