The Lovecraft Sextet - Miserere Cover

Review The Lovecraft Sextet – Miserere

  • Label: Debemur Morti
  • Veröffentlicht: 2022
  • Spielart: Entmetallisiert, Doom-Jazz

Für manche Menschen scheint der Tag mehr als 24 Stunden zu haben. Eines dieser außergewöhnlichen Individuen hört auf den Namen Jason Köhnen. Nicht nur stampft der niederländische Tausendsassa gefühlt jedes zweite Jahr ein neues Projekt aus dem Boden, um darin mit seinem charakteristischen Dark Jazz zu experimentieren, er bringt auch in annähernd derselben Geschwindigkeit neues Material heraus. So erscheint mit „Miserere“ bereits rund ein Jahr nach dem Release des Debüts „In Memoriam“ (2021) das dritte Album seiner dem Cosmic Horror gewidmeten Ein-Mann-Band THE LOVECRAFT SEXTET. Nach dem Ausflug in Richtung Synthwave und Pop Art auf „Nights Of Lust“ (2022) kehrt der Einzelmusiker nun wieder zu den obskuren Anfängen des Projekts zurück – und taucht noch tiefer in deren Schwärze ein.

Nachdem „In Memoriam“ zwar nicht instrumental, wohl aber atmosphärisch von Mayhems Meilenstein „De Mysteriis Dom Sathanas“ (1994) inspiriert war, sind die Black-Metal-Einflüsse auf „Miserere“ nun wesentlich offensichtlicher. Die elegante, von tiefer Traurigkeit erfüllte Erhabenheit, die THE LOVECRAFT SEXTET auf dem Debüt mit einer Aura übernatürlichen Grauens verquickte, ist hier spurlos verschwunden. Stattdessen hält Köhnen diesmal eine weitaus finsterere Messe ab. In seinem schlendernden Drumming steckt nun eine endgültige Schwere, sein Saxophon lässt der Multi-Instrumentalist ziellos und bizarr wie verlorene Seelen raunen und auch in der sich immer wieder drohend aufbäumenden Orgel und den tragischen Soprangesängen findet man keinen Trost.

Die Präsenz des berüchtigtsten aller Metal-Subgenres schlägt sich allerdings nicht nur in der durch und durch lichtlosen Grundstimmung, sondern auch in manchen von THE LOVECRAFT SEXTET direkt daraus übernommenen Stilmitteln nieder. So bedient Köhnen sich erstmals eines Gastsängers, der mit seinen unmenschlichen Screams und Growls wie der Teufel höchstpersönlich klingt. Auch tummeln sich im Hintergrund an einigen Stellen durch und durch bösartige Tremolo-Gitarrenriffs – nicht viele und auch nicht besonders abwechslungsreiche zwar, aber doch ausgesprochen stimmige.

Eine nachvollziehbare Prozession wie auf „In Memoriam“ oder deutlich voneinander abgegrenzte Einzelstücke wie auf „Nights Of Lust“ gibt es auf „Miserere“ nicht. Vielmehr lässt THE LOVECRAFT SEXTET die Musik qualvoll dahinsiechen, was die Platte mühsamer anzuhören und etwas weniger prägnant macht, aber in gewisser Weise gut zu seiner abgründigen Atmosphäre passt.

Auf seinem dritten Album führt THE LOVECRAFT SEXTET den Dark Jazz abermals in eine neue, spannende Richtung. Bei „Miserere“ handelt es sich unbestreitbar um das düsterste, verstörendste Album des noch jungen Projekts. Mit seinen relativ zurückhaltenden, aber dadurch umso unheimlicheren Kompositionen, die wie die Vertonung eines dem Wahnsinn anheimgefallenen Geistes erscheinen, stellt Köhnen den Großteil dessen, was im Black Metal als böse gilt, in den Schatten. Zwar vermisst man diesmal die Einprägsamkeit, die die ersten beiden Platten trotz ihrer ungewöhnlichen Stilkombinationen auszeichnete, für sich und als Ganzes betrachtet ist „Miserere“ jedoch ebenfalls ein eindrucksvolles Werk.

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Wertung: 8 / 10

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