Review The Moth Gatherer – Esoteric Oppression

„Wenn man im Leben einen wichtigen Menschen verliert, fällt es schwer, etwas Positives daran zu erkennen. Man fragt nach dem „Warum“ – und stolpert auf der Suche nach der Antwort durch die Dunkelheit. Motten suchen immer nach dem Licht. Für mich steht der Bandname für die Suche nach Hoffnung“, erklärte Bassist Alex Stjernfeldt 2015 sinngemäß in einem Interview. Also Musik als Heilmittel, eine Art Selbsttherapie, mit der THE MOTH GATHERER den Verlust einiger geliebter Menschen verarbeitet haben. Ein durchaus nachvollziehbarer Gedanke, der vermuten lässt, dass es sich bei den Kompositionen der Post-Metaller um hochemotionale Stücke handeln muss – macht das den feinen Unterschied aus oder ist das aktuelle Album der Schweden nur Stangenware ohne Seele und Charakter?

„Esoteric Oppression“ ist das vierte Release und das dritte Full-Length-Album von THE MOTH GATHERER, die im Verlauf ihrer inzwischen elfjährigen Bandgeschichte vom Duo zum Quartett gewachsen sind. Der eingangs zitierte Stjernfeldt hat die Band inzwischen verlassen und wurde durch Dan Hengrem ersetzt, der Drumcomputer wich irgendwann einem Schlagzeuger aus Fleisch und Blut und das verbliebene Gründungsmitglied Victor Wegeborn (seines Zeichens Gitarrist und Sänger sowie verantwortlich für die elektronischen Elemente) bekam Verstärkung in Form des Gitarristen Ronny Westphal – was dem Brettcharakter der Sechssaiter auch live gut zu Gesicht stehen dürfte.

Musikalisch verlassen sich THE MOTH GATHERER auf Altbewährtes: Midtempo-Drumming, rifforientiertes Gitarrenspiel, kehlige und wenig facettenreiche Vocals (die allerdings auch genretypisch eher in den Hintergrund gemischt sind und durchaus an die Franzosen von Dirge erinnern) sowie ein Mastering von Cult Of Lunas Magnus Lindberg. Apropos Cult Of Luna: „Esoteric Oppression“ erinnert in vielerlei Hinsicht an die Post-Metal-Institution, ohne dabei uninspiriert zu klauen. Es ist eher die Atmosphäre (auch vergleichbar mit den Briten von Iroha), die das gesamte Album durchzieht – THE MOTH GATHERER wollen Kino für die Ohren produzieren.

Was erstmal nach nichts Besonderem klingt, überzeugt allerdings bei genauerer Betrachtung. Das liegt sowohl an dem Händchen der Schweden für abwechslungsreiche Riffs und Melodien, die trotz der definitiv präsenten Härte eine besondere Melancholie transportieren. Die regelmäßig eingesetzten elektronischen Elemente in Form von Synthesizern verstärken dies noch einmal merklich. Die hier gewählten Sounds und die entsprechenden Passagen sind sehr variabel und gestalten die Arrangements auf Albumlänge äußerst spannend. Dass THE MOTH GATHERER sich stilistisch auch immer wieder beim Doom- und Sludge-Metal bedienen, gefällt ebenso wie die Pausen, die dem Zuhörer in Form von ausschweifenden Klangteppichen, die die Soundwände regelmäßig durchbrechen, gewährt werden. Ein schönes Hörbeispiel hierzu ist mit Sicherheit die zweite, eher zurückhaltend startende Hälfte von „Utopia“, die in ein großartiges metallisches Finale mündet oder der Mittelteil von „Motionless in Oceania“. Auch der orientalisch anmutende Gesang von Gastsängerin Messy Mathi im Opener „The Drone Kingdom“ zählt definitiv zu den Highlights auf „Esoteric Oppression“.

THE MOTH GATHERER sind der lebende Beweis dafür, dass man das Rad nicht unbedingt neu erfinden muss, um ein großartiges Stück Musik zu erschaffen: Die Jungs machen eigentlich nicht viel anders als andere Bands des Genres – aber sie machen vieles besser als viele andere. Melodisch, aber doch auch heavy, mit bewährten Mitteln konsequent umgesetzt und gekonnt um eigene Elemente und schöne Details ergänzt, zählt „Esoteric Oppression“ schon jetzt zu den möglichen Post-Metal-Highlights des noch jungen Jahres.

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Wertung: 8.5 / 10

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