Review Tiamat – A Deeper Kind Of Slumber

Dass die Jungs von Pink Floyd während der Blütezeit ihrer Karriere diverse mehr oder weniger legale Drogen konsumiert haben, ist hinlänglich bekannt. Dass sie in ihren Visionen sicher auch mal an einer bunten Wiese vorbeikamen, gilt als wahrscheinlich. Und vielleicht sah diese Wiese sogar derjenigen ganz ähnlich, die das Cover von TIAMATs “A Deeper Kind Of Slumber” ziert. Zumindest diverse rote Rosen lassen sich ausmachen, dazu ein gewohnt schüchterner Frontmann Johan Edlund, der dem Hörer einen hübschen Strauss blauer Blumen hinhält.

Ebenso bunt, weil abwechselungsreich, präsentiert sich auch der Inhalt, der sich lyrisch in wenig durchschaubaren Metaphern mit dem Kampf der Urgöttin Tiamat mit ihrem Enkel Marduk befasst. Liebhabern des TIAMAT-Klassikers “Wildhoney” mag es hier vermutlich etwas zu langsam und experimentell zugehen, neben dem zügig-gradlinig gehaltenen Opener “Cold Seed” wird eigentlich nur bei “The Whores Of Babylon” an Härte- und Geschwindigkeitsregler gedreht. Ausgebaut wurde dafür der progressive Anteil, welcher sich nicht so sehr auf einzelne Lieder bezieht, sondern vielmehr auf die Stimmung des gesamten Albums. So gibt es immer wieder instrumentale Einspielungen, die dem Hörer mehr als nur suggerieren, sich auf einer Reise durch ein persönliches Nirvana zu befinden. Einen solchen Trip vermitteln Songtitel wie “Trillion Zillion Centipedes”, “Teonanacatl” und “Alternation X10” jedenfalls ganz gewaltig. Das Resultat ist eine allgemeine Leichtigkeit, jederzeit hat man das surreale Gefühl, gewissermaßen über den Dingen zu schweben und selig auf das Treiben da unten herabzusehen. Die Kunst dabei ist – und das ist Edlund und Co brillant gelungen – einfache Komponenten spannend und komplex klingen zu lassen. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist “Phantasma De Luxe”, welches locker mit weniger als einer Hand voll Akkorden auskommt und dennoch eine gewaltige Faszination entwickelt. Edlunds eigene Aussage, einfach drei Akkorde aneinander zu hängen und dazu einfach peinlich zu singen, mag hier im Kern wohl stimmen. Peinlich sollten ihm seine vokalpraktischen Übungen allerdings nicht sein, denn sie gehören ebenso zu dem Spinnennetz, welches einen gefangen nimmt, wie die teilweise psychedelische Atmosphäre. Diese wird, was durchaus eine Erwähnung wert ist, zusätzlich durch eine Reihe zumindest nicht alltäglicher Instrumente getragen. Die “Inchtabokables” spielten Cello und Violine, außerdem hört man Flöten und Oboen sowie eine Sitar, welche hier und da orientalische Stimmung aufkommen lässt.

Das Gesamtpaket stimmt also auf “A Deeper Kind Of Slumber”. Das farbenfrohe und somit metaluntypische Artwork macht gleich neugierig, die verschachtelten Lyrics verströmen eine eigenartige Faszination und über eine Stunde feiner Musik laden zur Wiederholungstat ein. Auch wenn es etwas völlig anderes ist, als das, was TIAMAT bis dahin (und auch später, wie sich zeigen sollte) ausmacht, diese “tiefere Art von Schlaf” sollte jeder, der atmosphärische Musik der seichteren Gangart schätzen kann, in seinem Regal stehen haben.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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